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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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von besondern Bestimmungen abhängig ist.
schiedene Zimmer haben, wenn sie nicht lieber in dem großen nahen Badehause
wohnen wollen. Wie viel würden so manche andere berühmte Brunnenörter noch
gewinnen, wenn sie ein solches schönes, mit bequemen Gallerien zum Spazieren
und zu öffentlichen Vergnügungen eingerichtetes Brunnenhaus hätten! Nur macht
der farbenreiche äußere Anstrich, worinn Weiß, Roth, Blau, Gelb, Grau in be-
sondern Abtheilungen erscheinen, daß es ein ganz buntscheckigtes Ansehen bekömmt.
Wie leicht man durch eine solche unvorsichtige Ueberladung von Farben an den Aus-
senseiten eines Gebäudes die Wirkung seiner guten Architektur schwächen kann, zeigt
dieses Beyspiel; denn in einiger Entfernung sieht die wohlgebauete Kupel einem
großen Papageyenbauer ähnlich.

Die Gegenwart des zahlreichen und glänzenden Hofes mag freylich für Brun-
nengäste, die sich hier so ganz in dem Genuß der Ruhe zu erfreuen wünschen, einige
Unbequemlichkeit haben. Allein es ist doch auch gewiß, daß der Hof nicht den
geringsten Zwang machen will, und daß Fremde hier unter seinen Augen eine voll-
kommene anständige Freyheit genießen können, wenn sie wollen. Der gute Fürst
sorgt mit vielen Kosten *) für ihre Bequemlichkeit und für ihr Vergnügen. Alle
Brunnengäste können ohnentgeldlich den französischen Schauspielen und den öffentli-
chen Concerten beywohnen, die der Hof hier beständig unterhält.

Doch bequeme und schattenreiche Spaziergänge gehören weit mehr zu den
Bedürfnissen der Brunnenplätze. Man hat hier den Vortheil, sowohl aus dem
Brunnenhause, als auch aus dem Badehause sogleich in den Schatten zu treten, in-
dem die Baumpflanzungen sich nahe an die Thüren dieser Gebäude erstrecken. Der
obere Theil des Gartens oder der öffentlichen Spaziergänge ist zwar ganz im franzö-
sischen
Geschmack angelegt: man sieht nur Hecken, die mit hohen Bäumen regel-
mäßig eingefaßt sind, oder deren Mitte damit angefüllt ist; Hecken mit Portalen,
Fenstern und andern Oeffnungen. Aber man findet doch hier viel Grün und Schat-
ten, indem in den breiten Zwischenräumen der Hecken sich hohe Roßkastanien und
Linden nahe neben einander erheben, unter welchen man in jeder Stunde des Tages
einen freyen kühlen Spaziergang auf dem Rasen hat. Zur Rechten liegen verschie-
dene große Lauben zum Speisen und kleinere Kabinette; man hat um sich her zur

Erqui-
*) Man rechnet die Einkünfte des Bades auf 800, und die jährliche Unterhaltung
auf 6000 Reichsthaler.
V Band. N

von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
ſchiedene Zimmer haben, wenn ſie nicht lieber in dem großen nahen Badehauſe
wohnen wollen. Wie viel wuͤrden ſo manche andere beruͤhmte Brunnenoͤrter noch
gewinnen, wenn ſie ein ſolches ſchoͤnes, mit bequemen Gallerien zum Spazieren
und zu oͤffentlichen Vergnuͤgungen eingerichtetes Brunnenhaus haͤtten! Nur macht
der farbenreiche aͤußere Anſtrich, worinn Weiß, Roth, Blau, Gelb, Grau in be-
ſondern Abtheilungen erſcheinen, daß es ein ganz buntſcheckigtes Anſehen bekoͤmmt.
Wie leicht man durch eine ſolche unvorſichtige Ueberladung von Farben an den Auſ-
ſenſeiten eines Gebaͤudes die Wirkung ſeiner guten Architektur ſchwaͤchen kann, zeigt
dieſes Beyſpiel; denn in einiger Entfernung ſieht die wohlgebauete Kupel einem
großen Papageyenbauer aͤhnlich.

Die Gegenwart des zahlreichen und glaͤnzenden Hofes mag freylich fuͤr Brun-
nengaͤſte, die ſich hier ſo ganz in dem Genuß der Ruhe zu erfreuen wuͤnſchen, einige
Unbequemlichkeit haben. Allein es iſt doch auch gewiß, daß der Hof nicht den
geringſten Zwang machen will, und daß Fremde hier unter ſeinen Augen eine voll-
kommene anſtaͤndige Freyheit genießen koͤnnen, wenn ſie wollen. Der gute Fuͤrſt
ſorgt mit vielen Koſten *) fuͤr ihre Bequemlichkeit und fuͤr ihr Vergnuͤgen. Alle
Brunnengaͤſte koͤnnen ohnentgeldlich den franzoͤſiſchen Schauſpielen und den oͤffentli-
chen Concerten beywohnen, die der Hof hier beſtaͤndig unterhaͤlt.

Doch bequeme und ſchattenreiche Spaziergaͤnge gehoͤren weit mehr zu den
Beduͤrfniſſen der Brunnenplaͤtze. Man hat hier den Vortheil, ſowohl aus dem
Brunnenhauſe, als auch aus dem Badehauſe ſogleich in den Schatten zu treten, in-
dem die Baumpflanzungen ſich nahe an die Thuͤren dieſer Gebaͤude erſtrecken. Der
obere Theil des Gartens oder der oͤffentlichen Spaziergaͤnge iſt zwar ganz im franzoͤ-
ſiſchen
Geſchmack angelegt: man ſieht nur Hecken, die mit hohen Baͤumen regel-
maͤßig eingefaßt ſind, oder deren Mitte damit angefuͤllt iſt; Hecken mit Portalen,
Fenſtern und andern Oeffnungen. Aber man findet doch hier viel Gruͤn und Schat-
ten, indem in den breiten Zwiſchenraͤumen der Hecken ſich hohe Roßkaſtanien und
Linden nahe neben einander erheben, unter welchen man in jeder Stunde des Tages
einen freyen kuͤhlen Spaziergang auf dem Raſen hat. Zur Rechten liegen verſchie-
dene große Lauben zum Speiſen und kleinere Kabinette; man hat um ſich her zur

Erqui-
*) Man rechnet die Einkuͤnfte des Bades auf 800, und die jaͤhrliche Unterhaltung
auf 6000 Reichsthaler.
V Band. N
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[97/0105] von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ſchiedene Zimmer haben, wenn ſie nicht lieber in dem großen nahen Badehauſe wohnen wollen. Wie viel wuͤrden ſo manche andere beruͤhmte Brunnenoͤrter noch gewinnen, wenn ſie ein ſolches ſchoͤnes, mit bequemen Gallerien zum Spazieren und zu oͤffentlichen Vergnuͤgungen eingerichtetes Brunnenhaus haͤtten! Nur macht der farbenreiche aͤußere Anſtrich, worinn Weiß, Roth, Blau, Gelb, Grau in be- ſondern Abtheilungen erſcheinen, daß es ein ganz buntſcheckigtes Anſehen bekoͤmmt. Wie leicht man durch eine ſolche unvorſichtige Ueberladung von Farben an den Auſ- ſenſeiten eines Gebaͤudes die Wirkung ſeiner guten Architektur ſchwaͤchen kann, zeigt dieſes Beyſpiel; denn in einiger Entfernung ſieht die wohlgebauete Kupel einem großen Papageyenbauer aͤhnlich. Die Gegenwart des zahlreichen und glaͤnzenden Hofes mag freylich fuͤr Brun- nengaͤſte, die ſich hier ſo ganz in dem Genuß der Ruhe zu erfreuen wuͤnſchen, einige Unbequemlichkeit haben. Allein es iſt doch auch gewiß, daß der Hof nicht den geringſten Zwang machen will, und daß Fremde hier unter ſeinen Augen eine voll- kommene anſtaͤndige Freyheit genießen koͤnnen, wenn ſie wollen. Der gute Fuͤrſt ſorgt mit vielen Koſten *) fuͤr ihre Bequemlichkeit und fuͤr ihr Vergnuͤgen. Alle Brunnengaͤſte koͤnnen ohnentgeldlich den franzoͤſiſchen Schauſpielen und den oͤffentli- chen Concerten beywohnen, die der Hof hier beſtaͤndig unterhaͤlt. Doch bequeme und ſchattenreiche Spaziergaͤnge gehoͤren weit mehr zu den Beduͤrfniſſen der Brunnenplaͤtze. Man hat hier den Vortheil, ſowohl aus dem Brunnenhauſe, als auch aus dem Badehauſe ſogleich in den Schatten zu treten, in- dem die Baumpflanzungen ſich nahe an die Thuͤren dieſer Gebaͤude erſtrecken. Der obere Theil des Gartens oder der oͤffentlichen Spaziergaͤnge iſt zwar ganz im franzoͤ- ſiſchen Geſchmack angelegt: man ſieht nur Hecken, die mit hohen Baͤumen regel- maͤßig eingefaßt ſind, oder deren Mitte damit angefuͤllt iſt; Hecken mit Portalen, Fenſtern und andern Oeffnungen. Aber man findet doch hier viel Gruͤn und Schat- ten, indem in den breiten Zwiſchenraͤumen der Hecken ſich hohe Roßkaſtanien und Linden nahe neben einander erheben, unter welchen man in jeder Stunde des Tages einen freyen kuͤhlen Spaziergang auf dem Raſen hat. Zur Rechten liegen verſchie- dene große Lauben zum Speiſen und kleinere Kabinette; man hat um ſich her zur Erqui- *) Man rechnet die Einkuͤnfte des Bades auf 800, und die jaͤhrliche Unterhaltung auf 6000 Reichsthaler. V Band. N

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/105>, abgerufen am 22.11.2024.