Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Achter Abschnitt. Gartenmäßige Verschönerung Luft einathmen, die oft seit einem halben Jahrhunderte ein immer schädlicheres Giftward, und welche fürchterliche Wirkungen müssen nicht diese ewig verschlossenen und ewig sich anhäufenden Ausdünstungen bey einfallenden Krankheiten haben! Man erschrickt bey dem Anblick solcher Behältnisse für Wesen, denen der Schöpfer Ver- nunft und Gefühl gab, und die von beiden so entblößt sind, daß ihnen kaum noch der Instinct übrig scheint, den sie mit ihrer Gesellschaft, dem Vieh, gemein haben. In vielen niedersächsischen Dörfern kann in den regnigten Monaten kaum der Indessen sollte man doch von ihm selbst einige Wirksamkeit zur Verbesserung 2. Wohl-
Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung Luft einathmen, die oft ſeit einem halben Jahrhunderte ein immer ſchaͤdlicheres Giftward, und welche fuͤrchterliche Wirkungen muͤſſen nicht dieſe ewig verſchloſſenen und ewig ſich anhaͤufenden Ausduͤnſtungen bey einfallenden Krankheiten haben! Man erſchrickt bey dem Anblick ſolcher Behaͤltniſſe fuͤr Weſen, denen der Schoͤpfer Ver- nunft und Gefuͤhl gab, und die von beiden ſo entbloͤßt ſind, daß ihnen kaum noch der Inſtinct uͤbrig ſcheint, den ſie mit ihrer Geſellſchaft, dem Vieh, gemein haben. In vielen niederſaͤchſiſchen Doͤrfern kann in den regnigten Monaten kaum der Indeſſen ſollte man doch von ihm ſelbſt einige Wirkſamkeit zur Verbeſſerung 2. Wohl-
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Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
Luft einathmen, die oft ſeit einem halben Jahrhunderte ein immer ſchaͤdlicheres Gift
ward, und welche fuͤrchterliche Wirkungen muͤſſen nicht dieſe ewig verſchloſſenen und
ewig ſich anhaͤufenden Ausduͤnſtungen bey einfallenden Krankheiten haben! Man
erſchrickt bey dem Anblick ſolcher Behaͤltniſſe fuͤr Weſen, denen der Schoͤpfer Ver-
nunft und Gefuͤhl gab, und die von beiden ſo entbloͤßt ſind, daß ihnen kaum noch
der Inſtinct uͤbrig ſcheint, den ſie mit ihrer Geſellſchaft, dem Vieh, gemein haben.
In vielen niederſaͤchſiſchen Doͤrfern kann in den regnigten Monaten kaum der
Nachbar zu dem Nachbar durch alle die Unreinigkeiten, die uͤberall aufgehaͤuft liegen,
hindurchdringen; und faſt immer ſind die Wege ſo ausgefahren und ſo ſchmutzig,
daß oft ſchon in der Ferne der Anblick eines Dorfs, der erfreuen ſollte, dem Reiſen-
den einen Schauder erweckt. Wie elend muß es nicht in dem Kopf und dem Herzen
ſolcher Menſchen ausſehen, die es nicht fuͤhlen, daß ſie zu dem klaͤglichſten Zuſtande
herabgeſunken ſind! Wem es gleich viel iſt, ob er in Schmutz oder in Reinlichkeit
wohnt, dem wird auch leicht jedes niedertraͤchtige Laſter gleichguͤltig werden; wer ſein
Einenthum nicht mehr ſchaͤtzt, der wird jeder gemeinen Ausſchweifung, jeder Toll-
heit in den Schenken und auf den Landſtraßen entgegen laufen. Unempfindlichkeit,
Dummheit und Niedertraͤchtigkeit muͤſſen ſich ganz ſolcher ungluͤcklichen Seelen be-
maͤchtigen, und ihr Zuſtand iſt im hohen Grade erbaͤrmlich, er mag nun eine Folge
von Mangel an Erziehung, von Tyranney, von Verarmung oder von herrſchender La-
ſterhaftigkeit ſeyn. Nichts fehlt noch in manchen Provinzen von Deutſchland mehr
als eine vernuͤnfrige Dorfpolizey. Man koͤmmt der Unwiſſenheit und der Traͤgheit
des Landmanns von dieſer Seite wenig zu Huͤlfe; man uͤberlaͤßt ihn vielmehr ganz
ſeiner Unbequemlichkeit und ſeiner ekelhaften Lage.
Indeſſen ſollte man doch von ihm ſelbſt einige Wirkſamkeit zur Verbeſſerung
ſeines Zuſtandes erwarten. Es iſt ein natuͤrlicher Trieb des Menſchen, ſein Eigenthum
zu verſchoͤnern. Der Wilde ſchmuͤckt ſeine Bekleidung aus, verziert ſeine Waffen, ſchnel-
det Figuren in ſein Hausgeraͤth, und bemalt ſelbſt ſeinen Leib. Alles, was taͤglich am
naͤchſten um ihn iſt, und ſelbſt ſeine Perſon wird ein Gegenſtand ſeiner Verzierung, ſo
ſeltſam ſie auch zuweilen, bey der Rohigkeit ſeines Gefuͤhls, ausfaͤllt. Es iſt faſt
keine ungebildete Voͤlkerſchaft, bey welcher ſich nicht dieſe Neigung zur Verſchoͤne-
rung ihres Eigenthums auf irgend eine Weiſe aͤußern ſollte. Und ſind nicht die Woh-
nungen ein ſehr wichtiger Theil unſerer Beduͤrfniſſe? Ein Menſch, der ordentlich
zu denken und zu empfinden gewohnt iſt, und ſich in einer ruhigen Verfaſſung befin-
det, macht es ſich gerne zum Geſchaͤfte, ſeine Wohnung vor Verfall und Unſauber-
keit zu bewahren, ſie bequem und angenehm einzurichten, und den umliegenden
Platz auszuſchmuͤcken.
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