Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Achter Abschnitt. Gartenmäßige Verschönerung Diese Beobachtung gilt auch von dem Elsaß. Die Dörfer sind sehr gut ge- Wenn wohl angelegte Dörfer schon in den Ebenen so reizende Gegenstände Lande *) Physischmoralische Briefe über die Berge etc. S. 56 u. f.
Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung Dieſe Beobachtung gilt auch von dem Elſaß. Die Doͤrfer ſind ſehr gut ge- Wenn wohl angelegte Doͤrfer ſchon in den Ebenen ſo reizende Gegenſtaͤnde Lande *) Phyſiſchmoraliſche Briefe uͤber die Berge ꝛc. S. 56 u. f.
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Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
Dieſe Beobachtung gilt auch von dem Elſaß. Die Doͤrfer ſind ſehr gut ge-
bauet, voll geſunder und heitrer Geſichter, die den gluͤcklichſten Nationalcharakter
ankuͤndigen. Gewiß, um nichts anders wuͤrde ich, wenn Koͤnige zu beneiden waͤ-
ren, den Koͤnig von Frankreich beneiden, als um dieſes ſchoͤne Land, und um
dieſe gutartigen, aufgeklaͤrten, offenen und froͤhlichen Menſchen in Elſaß. Ueberall
um die Doͤrfer ein Boden, den die Natur nicht fruchtbarer liefern kann; weite bis
auf jeden Fleck angebauete Ebenen; Obſt, Wein, Gemuͤſe in reizendem Ueberfluß;
ein uͤberaus mildes und gluͤckliches Klima. Ueberall Spuren des Fleißes, des
Wohlſtandes und ſelbſt des Reichthums; uͤberall Genuß des Eigenthums und
Freude. Welch einen auffallenden Contraſt machen dagegen die Doͤrfer in den mei-
ſten Provinzen von Frankreich! Armuth und Schmutz wohnt faſt uͤberall bey
dem Landmann in ſeinen elenden Huͤtten; ſie liegen gemeiniglich ganz kahl da, ohne
Garten, ohne Baum; und man weiß hier wenig von dem angenehmen laͤndlichen
Anſehen, das in andern Laͤndern die Doͤrfer von den waldigten Umhuͤllungen der
Obſtbaͤume erhalten, woraus die Daͤcher hervorragen.
Wenn wohl angelegte Doͤrfer ſchon in den Ebenen ſo reizende Gegenſtaͤnde
ſind, wie viel mehr muͤſſen ſie an den Abhaͤngen der Gebirge, auf lieblichen Hoͤhen
und zwiſchen ſanften ſich wellenfoͤrmig fortwindenden Thaͤlern gewinnen. Durch
dieſe neuen Schoͤnheiten der Lage heben ſie ſich in der Schweiz. Der bald erhabene,
bald romantiſche, bald ſanftreizende Charakter dieſer Landſchaften bildet die ſchoͤnſten
Gemaͤlde, die nur irgend das Auge des Reiſenden entzuͤcken, und den Geiſt des
Landſchaftmalers zur Nachbildung auffordern koͤnnen. Und zu dieſen ſo erhebenden,
ſo uͤberraſchenden und belebenden Wirkungen der Lagen, geſellen ſich noch die heitern
Vorſtellungen von der Gluͤckſeligkeit dieſes Landvolks durch Freyheit und Eigenthum
und faſt arcadiſche Hirtenſitten, durch Geſundheit und Muth, und durch die aus-
nehmende Schoͤnheit des andern Geſchlechts. Kein Reiſender gieng aus der
Schweiz, ohne den lebhafteſten Eindruck von dieſem ſeltenen Reiz ihrer Land-
wohnungen. Man ſehe einige Gemaͤlde davon. Hier zuvoͤrderſt eins von den
Ufern am Thunerſee. An dem einen Ufer, ſchreibt de Luͤc *), erheben ſich große
Felſen, die den Grund zum ſchoͤnſten Amphitheater ausmachen. Es iſt nur ein
einziger Blick noͤthig, um zu ſehen, was fuͤr herrliche Viehweiden ihn bedecken.
Durch die Menge von Doͤrfern und Huͤtten, die darauf geſaͤet ſind, und zwar
bis zu einer erſtaunlichen Hoͤhe hinauf, kann man von der Guͤte derſelben urthei-
len. Man koͤnnte aus allen den auf dem Berge herum zerſtreut liegenden Haͤuſern
eine ziemlich große Stadt machen, deren Einwohner nicht nur ſelbſt von ihrem
Lande
*) Phyſiſchmoraliſche Briefe uͤber die Berge ꝛc. S. 56 u. f.
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