Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.einzelner Theile eines Landsitzes. merkwürdiger Nationalversammlungen, wichtiger Entscheidungen durch Vergleicheoder durch den Ausschlag der Waffen, leere verlassene Oerter, wo vormals eine Stadt blühete, oder ein Beschützer seiner Völkerschaft wohnte, Gegenden, wo ein berühmter Held blutete, -- können, wenn die Landstraße sie berührt, verschönert durch Denkmäler, die den Begebenheiten angemessen sind, dem Reisenden eine überaus nützliche Unterhaltung gewähren. Einige schöne Denkmäler dieser Art sieht man in der Schweiz. Dahin ge- Steh still, Helvetier! hier liegt das kühne Heer, Vor welchem Lüttich fiel und Frankreichs Thron erbebte. Nicht deiner Ahnen Stahl, nicht künstliches Gewehr, Die Eintracht schlug den Feind, die ihren Arm belebte. Lernt, Brüder, eure Macht: sie liegt in eurer Treu; O würde sie noch jetzt bey jedem Leser neu! Außer den reichen Gallerien helvetischer Nationalgemälde, die sich auf der nischen Z 2
einzelner Theile eines Landſitzes. merkwuͤrdiger Nationalverſammlungen, wichtiger Entſcheidungen durch Vergleicheoder durch den Ausſchlag der Waffen, leere verlaſſene Oerter, wo vormals eine Stadt bluͤhete, oder ein Beſchuͤtzer ſeiner Voͤlkerſchaft wohnte, Gegenden, wo ein beruͤhmter Held blutete, — koͤnnen, wenn die Landſtraße ſie beruͤhrt, verſchoͤnert durch Denkmaͤler, die den Begebenheiten angemeſſen ſind, dem Reiſenden eine uͤberaus nuͤtzliche Unterhaltung gewaͤhren. Einige ſchoͤne Denkmaͤler dieſer Art ſieht man in der Schweiz. Dahin ge- Steh ſtill, Helvetier! hier liegt das kuͤhne Heer, Vor welchem Luͤttich fiel und Frankreichs Thron erbebte. Nicht deiner Ahnen Stahl, nicht kuͤnſtliches Gewehr, Die Eintracht ſchlug den Feind, die ihren Arm belebte. Lernt, Bruͤder, eure Macht: ſie liegt in eurer Treu; O wuͤrde ſie noch jetzt bey jedem Leſer neu! Außer den reichen Gallerien helvetiſcher Nationalgemaͤlde, die ſich auf der niſchen Z 2
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einzelner Theile eines Landſitzes.
merkwuͤrdiger Nationalverſammlungen, wichtiger Entſcheidungen durch Vergleiche
oder durch den Ausſchlag der Waffen, leere verlaſſene Oerter, wo vormals eine
Stadt bluͤhete, oder ein Beſchuͤtzer ſeiner Voͤlkerſchaft wohnte, Gegenden, wo ein
beruͤhmter Held blutete, — koͤnnen, wenn die Landſtraße ſie beruͤhrt, verſchoͤnert
durch Denkmaͤler, die den Begebenheiten angemeſſen ſind, dem Reiſenden eine
uͤberaus nuͤtzliche Unterhaltung gewaͤhren.
Einige ſchoͤne Denkmaͤler dieſer Art ſieht man in der Schweiz. Dahin ge-
hoͤrt beſonders das Beinhaus bey Murten im Kanton Bern, das ganz nahe am
Wege liegt. Es hat die Form einer Kapelle, worinn die Gebeine des Heers, das
der maͤchtige Herzog Carl von Burgund hier in einer Schlacht mit den ſiegenden
Schweizern verlor, geſammelt ſind. Die Kapelle hat an den Seiten uͤberall Oeff-
nungen, durch welche man dieſe traurigen Ueberbleibſel von zehntauſend Erſchlagenen
erblickt, eine ſehr ruͤhrende Scene! Hallers Inſchrift ruft den vorbeyreiſenden
Schweizer an, ſich hier der Tugenden ſeiner tapfern Vaͤter zu erinnern.
Steh ſtill, Helvetier! hier liegt das kuͤhne Heer,
Vor welchem Luͤttich fiel und Frankreichs Thron erbebte.
Nicht deiner Ahnen Stahl, nicht kuͤnſtliches Gewehr,
Die Eintracht ſchlug den Feind, die ihren Arm belebte.
Lernt, Bruͤder, eure Macht: ſie liegt in eurer Treu;
O wuͤrde ſie noch jetzt bey jedem Leſer neu!
Außer den reichen Gallerien helvetiſcher Nationalgemaͤlde, die ſich auf der
langen bedeckten Kapellbruͤcke zu Lucern befinden, iſt nicht weniger ſchaͤtzbar Tells
Kapelle an dem Vierwaldſtaͤdterſee. Sie ſteht an dem Orte, wo dieſer erſte Held
der Schweizer von dem Schiffe, worinn er gefangen weggefuͤhrt werden ſollte, ans
Land ſprang und den unwegſamen Berg erſtieg, wodurch er ſich und nachher durch
die Folgen ſeiner Thaten das ganze Land in Freyheit ſetzte. Das Gebaͤude, das den
Namen einer Kapelle fuͤhrt, iſt ein kleiner offener Tempel, der dieſem Helden der
Freyheit errichtet iſt. Er iſt gegen den See zu nur mit einem hoͤlzernen Gelaͤnder ver-
ſchloſſen, das jeder eroͤffnen kann. In der Mitte ſteht ein Altar, wo alle Jahr an
einem beſtimmten Tage zum Andenken der erworbenen Freyheit eine Predigt oder
Meſſe gehalten wird. An den Mauern inwendig ſieht man Gemaͤlde, welche die
Thaten des Tell vorſtellen. Der Eintritt in dieſes Gebaͤude, das, wenn ſeine Lage
nicht von dem Orte der Begebenheit abhaͤngig waͤre, in einer mehr beſuchten Gegend
zu ſtehen verdiente, fuͤllt jeden Reiſenden mit der Bewunderung der merkwuͤrdigen
Thaten, wodurch ein geringes und armes Volk gegen alle Beſtrebungen einer tyran-
niſchen
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