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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten,

Der von dem verstorbenen Baron Riaucourt auf der Meth- oder Capuciner-
gasse augelegte Garten, jetzt der Borchsche, ist in eben dem Geschmack, dient aber
dermalen zu einem öffentlichen Lustort; er ist neu und umher mit Häusern umgeben,
und hat artige Partien und ein großes Gewächshaus.

Kleinere Gärten findet man verschiedene bey den Palästen der Großen und bey
den Häusern wohlhabender Privatleute; sie bestehen größtentheils aus schattenreichen
Bäumen und Rasenstücken mit Orangerie und Blumen besetzt. So sind die, welche
sich bey den Czartoryskischen, Branickischen, Oginskischen, Potockischen
und andern Palästen auch Häusern befinden.

An dem gegen Mitternacht dicht an dem neuaufgeworfenen Graben gelegenen
Theile der Neustadt, Javory genannt, findet man noch einige artige Anlagen,
worunter sich besonders die vom Kron-Großschatzmeister Fürst Poninski, Sans-
gene
genannt, ausnimmt. In dem daselbst befindlichen mit vielem Geschmack an-
gelegten Gartenhause ist ein artiger Saal, ein Zimmer, wie das Innere eines reichen
Zeltes, ein anderes wie das Innere eines künstlichen Nagelwerkes, zwischen welchen
Spiegel angebracht sind, und so noch verschiedene Zimmer, jedes in anderm Ge-
schmack verziert. Der Garten hat im Hintergrunde eine wilde Partie, zwor klein,
aber schattigt, und in der Mitte befindet sich ein Wasserstück. Jetzt besitzt ihn der
Hr. Banquier Cabrit. Ohnweit davon sind auch die Gärten des Hrn. Banquier
Blanc und einiger anderer Kaufleute sehenswerth. Der zwar kleine, aber artige in
derselben Gegend gelegene Liskiewiczische Garten mit einem Gartenhause von gutem
Geschmack ist auch nicht vorbey zu gehen. Alle diese Gärten werden wohl unter-
halten, und hatten sonst das Angenehme eines durchhin fließenden Baches, dessen
man sich aber bey ihrer Anlegung bloß bediente, um stillstehende Bassins damit an-
zufüllen, und das schöne Thal, in welchem er sonst sanft hinrieselte, auszufüllen, da
man doch auf mancherley Art bessern Gebrauch davon hätte machen können. Jetzt
ist dieses Wasser durch die Hinleitung eines Kanals aus der Stadt verunreiniget
worden; man arbeitet aber daran, ihn durch einen andern Weg in die Weichsel
zu führen.

2.

Die Gegenden um Warschau sind nichts weniger als abwechselnd, und wenn
man die Höhe ausnimmt, worauf die Stadt selbst gegen die Weichsel zu liegt,
und welche sich gegen Mitternacht bis nach Mlodzin, gegen Mittag aber bis nach
Willanow ziehet, so sind wir um und um mit unabsehlichen Ebenen umgeben, in
welchen nur wenig erhebliche Hügel anzutreffen sind. Von romantischen Gegenden
aber wissen wir hier gar nichts, und die etwan noch diesen Namen verdienten, haben

wir
Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,

Der von dem verſtorbenen Baron Riaucourt auf der Meth- oder Capuciner-
gaſſe augelegte Garten, jetzt der Borchſche, iſt in eben dem Geſchmack, dient aber
dermalen zu einem oͤffentlichen Luſtort; er iſt neu und umher mit Haͤuſern umgeben,
und hat artige Partien und ein großes Gewaͤchshaus.

Kleinere Gaͤrten findet man verſchiedene bey den Palaͤſten der Großen und bey
den Haͤuſern wohlhabender Privatleute; ſie beſtehen groͤßtentheils aus ſchattenreichen
Baͤumen und Raſenſtuͤcken mit Orangerie und Blumen beſetzt. So ſind die, welche
ſich bey den Czartoryskiſchen, Branickiſchen, Oginskiſchen, Potockiſchen
und andern Palaͤſten auch Haͤuſern befinden.

An dem gegen Mitternacht dicht an dem neuaufgeworfenen Graben gelegenen
Theile der Neuſtadt, Javory genannt, findet man noch einige artige Anlagen,
worunter ſich beſonders die vom Kron-Großſchatzmeiſter Fuͤrſt Poninski, Sans-
gene
genannt, ausnimmt. In dem daſelbſt befindlichen mit vielem Geſchmack an-
gelegten Gartenhauſe iſt ein artiger Saal, ein Zimmer, wie das Innere eines reichen
Zeltes, ein anderes wie das Innere eines kuͤnſtlichen Nagelwerkes, zwiſchen welchen
Spiegel angebracht ſind, und ſo noch verſchiedene Zimmer, jedes in anderm Ge-
ſchmack verziert. Der Garten hat im Hintergrunde eine wilde Partie, zwor klein,
aber ſchattigt, und in der Mitte befindet ſich ein Waſſerſtuͤck. Jetzt beſitzt ihn der
Hr. Banquier Cabrit. Ohnweit davon ſind auch die Gaͤrten des Hrn. Banquier
Blanc und einiger anderer Kaufleute ſehenswerth. Der zwar kleine, aber artige in
derſelben Gegend gelegene Liskiewicziſche Garten mit einem Gartenhauſe von gutem
Geſchmack iſt auch nicht vorbey zu gehen. Alle dieſe Gaͤrten werden wohl unter-
halten, und hatten ſonſt das Angenehme eines durchhin fließenden Baches, deſſen
man ſich aber bey ihrer Anlegung bloß bediente, um ſtillſtehende Baſſins damit an-
zufuͤllen, und das ſchoͤne Thal, in welchem er ſonſt ſanft hinrieſelte, auszufuͤllen, da
man doch auf mancherley Art beſſern Gebrauch davon haͤtte machen koͤnnen. Jetzt
iſt dieſes Waſſer durch die Hinleitung eines Kanals aus der Stadt verunreiniget
worden; man arbeitet aber daran, ihn durch einen andern Weg in die Weichſel
zu fuͤhren.

2.

Die Gegenden um Warſchau ſind nichts weniger als abwechſelnd, und wenn
man die Hoͤhe ausnimmt, worauf die Stadt ſelbſt gegen die Weichſel zu liegt,
und welche ſich gegen Mitternacht bis nach Mlodzin, gegen Mittag aber bis nach
Willanow ziehet, ſo ſind wir um und um mit unabſehlichen Ebenen umgeben, in
welchen nur wenig erhebliche Huͤgel anzutreffen ſind. Von romantiſchen Gegenden
aber wiſſen wir hier gar nichts, und die etwan noch dieſen Namen verdienten, haben

wir
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[298/0306] Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, Der von dem verſtorbenen Baron Riaucourt auf der Meth- oder Capuciner- gaſſe augelegte Garten, jetzt der Borchſche, iſt in eben dem Geſchmack, dient aber dermalen zu einem oͤffentlichen Luſtort; er iſt neu und umher mit Haͤuſern umgeben, und hat artige Partien und ein großes Gewaͤchshaus. Kleinere Gaͤrten findet man verſchiedene bey den Palaͤſten der Großen und bey den Haͤuſern wohlhabender Privatleute; ſie beſtehen groͤßtentheils aus ſchattenreichen Baͤumen und Raſenſtuͤcken mit Orangerie und Blumen beſetzt. So ſind die, welche ſich bey den Czartoryskiſchen, Branickiſchen, Oginskiſchen, Potockiſchen und andern Palaͤſten auch Haͤuſern befinden. An dem gegen Mitternacht dicht an dem neuaufgeworfenen Graben gelegenen Theile der Neuſtadt, Javory genannt, findet man noch einige artige Anlagen, worunter ſich beſonders die vom Kron-Großſchatzmeiſter Fuͤrſt Poninski, Sans- gene genannt, ausnimmt. In dem daſelbſt befindlichen mit vielem Geſchmack an- gelegten Gartenhauſe iſt ein artiger Saal, ein Zimmer, wie das Innere eines reichen Zeltes, ein anderes wie das Innere eines kuͤnſtlichen Nagelwerkes, zwiſchen welchen Spiegel angebracht ſind, und ſo noch verſchiedene Zimmer, jedes in anderm Ge- ſchmack verziert. Der Garten hat im Hintergrunde eine wilde Partie, zwor klein, aber ſchattigt, und in der Mitte befindet ſich ein Waſſerſtuͤck. Jetzt beſitzt ihn der Hr. Banquier Cabrit. Ohnweit davon ſind auch die Gaͤrten des Hrn. Banquier Blanc und einiger anderer Kaufleute ſehenswerth. Der zwar kleine, aber artige in derſelben Gegend gelegene Liskiewicziſche Garten mit einem Gartenhauſe von gutem Geſchmack iſt auch nicht vorbey zu gehen. Alle dieſe Gaͤrten werden wohl unter- halten, und hatten ſonſt das Angenehme eines durchhin fließenden Baches, deſſen man ſich aber bey ihrer Anlegung bloß bediente, um ſtillſtehende Baſſins damit an- zufuͤllen, und das ſchoͤne Thal, in welchem er ſonſt ſanft hinrieſelte, auszufuͤllen, da man doch auf mancherley Art beſſern Gebrauch davon haͤtte machen koͤnnen. Jetzt iſt dieſes Waſſer durch die Hinleitung eines Kanals aus der Stadt verunreiniget worden; man arbeitet aber daran, ihn durch einen andern Weg in die Weichſel zu fuͤhren. 2. Die Gegenden um Warſchau ſind nichts weniger als abwechſelnd, und wenn man die Hoͤhe ausnimmt, worauf die Stadt ſelbſt gegen die Weichſel zu liegt, und welche ſich gegen Mitternacht bis nach Mlodzin, gegen Mittag aber bis nach Willanow ziehet, ſo ſind wir um und um mit unabſehlichen Ebenen umgeben, in welchen nur wenig erhebliche Huͤgel anzutreffen ſind. Von romantiſchen Gegenden aber wiſſen wir hier gar nichts, und die etwan noch dieſen Namen verdienten, haben wir

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/306>, abgerufen am 24.11.2024.