Wenn man von hier aus auf der Anhöhe durch das Dorf Mokatow fortgeht, kommt man durch eine Allee zu dem einige tausend Schritte davon gelegenen Canin- chenberge, wo zu Zeiten der sächsischen Könige Caninchen gehegt und zur Jagd auf- behalten wurden, der aber jetzt dem Herrn Grafen Tomatis gehöret, welcher da- selbst eine große Anlage auszuführen gedenket, die auch, was die Pflanzungen an- belangt, schon ziemlich weit gekommen ist. Ein ansehnliches Landhaus, das er auf einem sehr vortheilhaften Platze angefangen zu bauen, der von einer tiefen Schlucht vom übrigen oberen Theile abgesondert wird, mit welcher er nur durch eine Brücke zusammenhängt, verspricht nach seiner Vollendung nichts Gemeines, ob es gleich nicht vom feinsten Geschmacke zu seyn scheinet. Ein großes fertiges Küchen- gebäude, linker Hand im Thale, hat äußerlich das Ansehen eines alten römischen Grabmals, ohngefähr wie das der Caeciliae Metellae bey Rom, gemeiniglich unter dem Namen Capo di bove bekannt. Rechter Hand stehen in einer Entfernung über einem Hohlwege einige Wirthschaftsgebäude, Treib- und Orangenhäuser, und der übrige Theil der Höhe ist mit den besten aus Italien verschriebenen Fruchtbäu- men besetzt. Die Hohlwege, welche bis in die unten liegende schöne Pläne führen, sind mit alten Birken, Pappeln und andern Bäumen besetzt, und der abgesonderte Berg, auf welchem das Wohngebäude erbauet wird, mit allerhand Arten italiä- nischer Weinreben. Der Besitzer hat viel Geld darauf verwendet, die hier befind- lichen starken Quellen zu heben: es schien ihm auch damit zu gelingen; da aber die Leitungen derselben auf französische Art, die man pierree nennt, gemacht wurden, und man nicht vorsichtig genug damit zu Werke gieng, so sind sie zum Theil wieder verfallen, und das Wasser hat andere Wege genommen.
Die Aussicht von der Höhe ist ausnehmend schön, und es ist nicht zu zweifeln, daß, wenn der reiche Besitzer seinen Entwurf zu vollenden fortfährt, es ein reizender Aufenthalt werden kann.
Von hier führt die Straße durch das dem Fürsten Czartoryski gehörige Dorf Sluszewo zu einem gleich hinter solchem gelegenen angenehmen jungen Fichtenwäld- chen, welches mit Alleen durchschnitten ist, die hie und da mit Ruhebänken versehen sind. Dieses Wäldchen erstreckt sich bis an die Kante der Höhe, der wir bisher ge- folgt sind, und hat also auch alle die Vortheile einer herrlichen Aussicht. Man siehet von hier das schöne Schloß Willanow, wovon wir hernach reden werden, ganz nahe vor sich liegen, und bloß eine Viertelstunde breite Viehtrift, mit Weiden- alleen durchkreuzt, nimmt den Zwischenraum ein.
Rechts stößt dieß Gehölze an die artige Anlage des königl. Kammerherrn Mai- sonneuf, Roskosz oder die Wollust, genannt, von welcher es bloß durch ein Thal
abge-
Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Wenn man von hier aus auf der Anhoͤhe durch das Dorf Mokatow fortgeht, kommt man durch eine Allee zu dem einige tauſend Schritte davon gelegenen Canin- chenberge, wo zu Zeiten der ſaͤchſiſchen Koͤnige Caninchen gehegt und zur Jagd auf- behalten wurden, der aber jetzt dem Herrn Grafen Tomatis gehoͤret, welcher da- ſelbſt eine große Anlage auszufuͤhren gedenket, die auch, was die Pflanzungen an- belangt, ſchon ziemlich weit gekommen iſt. Ein anſehnliches Landhaus, das er auf einem ſehr vortheilhaften Platze angefangen zu bauen, der von einer tiefen Schlucht vom uͤbrigen oberen Theile abgeſondert wird, mit welcher er nur durch eine Bruͤcke zuſammenhaͤngt, verſpricht nach ſeiner Vollendung nichts Gemeines, ob es gleich nicht vom feinſten Geſchmacke zu ſeyn ſcheinet. Ein großes fertiges Kuͤchen- gebaͤude, linker Hand im Thale, hat aͤußerlich das Anſehen eines alten roͤmiſchen Grabmals, ohngefaͤhr wie das der Cæciliæ Metellæ bey Rom, gemeiniglich unter dem Namen Capo di bove bekannt. Rechter Hand ſtehen in einer Entfernung uͤber einem Hohlwege einige Wirthſchaftsgebaͤude, Treib- und Orangenhaͤuſer, und der uͤbrige Theil der Hoͤhe iſt mit den beſten aus Italien verſchriebenen Fruchtbaͤu- men beſetzt. Die Hohlwege, welche bis in die unten liegende ſchoͤne Plaͤne fuͤhren, ſind mit alten Birken, Pappeln und andern Baͤumen beſetzt, und der abgeſonderte Berg, auf welchem das Wohngebaͤude erbauet wird, mit allerhand Arten italiaͤ- niſcher Weinreben. Der Beſitzer hat viel Geld darauf verwendet, die hier befind- lichen ſtarken Quellen zu heben: es ſchien ihm auch damit zu gelingen; da aber die Leitungen derſelben auf franzoͤſiſche Art, die man pierrée nennt, gemacht wurden, und man nicht vorſichtig genug damit zu Werke gieng, ſo ſind ſie zum Theil wieder verfallen, und das Waſſer hat andere Wege genommen.
Die Ausſicht von der Hoͤhe iſt ausnehmend ſchoͤn, und es iſt nicht zu zweifeln, daß, wenn der reiche Beſitzer ſeinen Entwurf zu vollenden fortfaͤhrt, es ein reizender Aufenthalt werden kann.
Von hier fuͤhrt die Straße durch das dem Fuͤrſten Czartoryski gehoͤrige Dorf Sluszewo zu einem gleich hinter ſolchem gelegenen angenehmen jungen Fichtenwaͤld- chen, welches mit Alleen durchſchnitten iſt, die hie und da mit Ruhebaͤnken verſehen ſind. Dieſes Waͤldchen erſtreckt ſich bis an die Kante der Hoͤhe, der wir bisher ge- folgt ſind, und hat alſo auch alle die Vortheile einer herrlichen Ausſicht. Man ſiehet von hier das ſchoͤne Schloß Willanow, wovon wir hernach reden werden, ganz nahe vor ſich liegen, und bloß eine Viertelſtunde breite Viehtrift, mit Weiden- alleen durchkreuzt, nimmt den Zwiſchenraum ein.
Rechts ſtoͤßt dieß Gehoͤlze an die artige Anlage des koͤnigl. Kammerherrn Mai- ſonneuf, Roskosz oder die Wolluſt, genannt, von welcher es bloß durch ein Thal
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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Wenn man von hier aus auf der Anhoͤhe durch das Dorf Mokatow fortgeht,
kommt man durch eine Allee zu dem einige tauſend Schritte davon gelegenen Canin-
chenberge, wo zu Zeiten der ſaͤchſiſchen Koͤnige Caninchen gehegt und zur Jagd auf-
behalten wurden, der aber jetzt dem Herrn Grafen Tomatis gehoͤret, welcher da-
ſelbſt eine große Anlage auszufuͤhren gedenket, die auch, was die Pflanzungen an-
belangt, ſchon ziemlich weit gekommen iſt. Ein anſehnliches Landhaus, das er
auf einem ſehr vortheilhaften Platze angefangen zu bauen, der von einer tiefen
Schlucht vom uͤbrigen oberen Theile abgeſondert wird, mit welcher er nur durch eine
Bruͤcke zuſammenhaͤngt, verſpricht nach ſeiner Vollendung nichts Gemeines, ob es
gleich nicht vom feinſten Geſchmacke zu ſeyn ſcheinet. Ein großes fertiges Kuͤchen-
gebaͤude, linker Hand im Thale, hat aͤußerlich das Anſehen eines alten roͤmiſchen
Grabmals, ohngefaͤhr wie das der Cæciliæ Metellæ bey Rom, gemeiniglich unter
dem Namen Capo di bove bekannt. Rechter Hand ſtehen in einer Entfernung
uͤber einem Hohlwege einige Wirthſchaftsgebaͤude, Treib- und Orangenhaͤuſer, und
der uͤbrige Theil der Hoͤhe iſt mit den beſten aus Italien verſchriebenen Fruchtbaͤu-
men beſetzt. Die Hohlwege, welche bis in die unten liegende ſchoͤne Plaͤne fuͤhren,
ſind mit alten Birken, Pappeln und andern Baͤumen beſetzt, und der abgeſonderte
Berg, auf welchem das Wohngebaͤude erbauet wird, mit allerhand Arten italiaͤ-
niſcher Weinreben. Der Beſitzer hat viel Geld darauf verwendet, die hier befind-
lichen ſtarken Quellen zu heben: es ſchien ihm auch damit zu gelingen; da aber die
Leitungen derſelben auf franzoͤſiſche Art, die man pierrée nennt, gemacht wurden,
und man nicht vorſichtig genug damit zu Werke gieng, ſo ſind ſie zum Theil wieder
verfallen, und das Waſſer hat andere Wege genommen.
Die Ausſicht von der Hoͤhe iſt ausnehmend ſchoͤn, und es iſt nicht zu zweifeln,
daß, wenn der reiche Beſitzer ſeinen Entwurf zu vollenden fortfaͤhrt, es ein reizender
Aufenthalt werden kann.
Von hier fuͤhrt die Straße durch das dem Fuͤrſten Czartoryski gehoͤrige Dorf
Sluszewo zu einem gleich hinter ſolchem gelegenen angenehmen jungen Fichtenwaͤld-
chen, welches mit Alleen durchſchnitten iſt, die hie und da mit Ruhebaͤnken verſehen
ſind. Dieſes Waͤldchen erſtreckt ſich bis an die Kante der Hoͤhe, der wir bisher ge-
folgt ſind, und hat alſo auch alle die Vortheile einer herrlichen Ausſicht. Man
ſiehet von hier das ſchoͤne Schloß Willanow, wovon wir hernach reden werden,
ganz nahe vor ſich liegen, und bloß eine Viertelſtunde breite Viehtrift, mit Weiden-
alleen durchkreuzt, nimmt den Zwiſchenraum ein.
Rechts ſtoͤßt dieß Gehoͤlze an die artige Anlage des koͤnigl. Kammerherrn Mai-
ſonneuf, Roskosz oder die Wolluſt, genannt, von welcher es bloß durch ein Thal
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/310>, abgerufen am 26.06.2024.
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