Wenn man auf der Abendseite aus der Vorstadt kommt, findet man eine breite Lindenallee, die bis in das drey Viertelstunden davon gelegene Dorf Wola führt. In dieser Allee sind einige neue Anlagen von Gärten, worunter besonders die dem Hrn. Kammerherrn von Unruh und dem Hrn. Kaufmann Schultz gehörigen etwas Gutes für die Zukunft versprechen. In Wola selbst ist von der verstorbenen Grä- finn von Brühl, Gemahlinn des seligen Premierministers bey August dem III, vor etlichen zwanzig Jahren ein Garten im damaligen französischen Geschmack an- gelegt worden, der ein ziemlich großes hölzernes Landhaus und allerhand Nebenge- bäude hat. Vor einigen Jahren kam er in die Hände des Krongroßschatzmeisters Fürsten Poninski, der allerhand kleine artige Gebäude in den verschiedenen Hecken- partien erbauen ließ. Demohngeachtet wird dieser Ort wenig besucht, so viel Mühe man sich auch gegeben, ihn in Ruf zu bringen. Ist es die allzugroße Einförmig- keit desselben, oder der Mangel an Wasser und schönen Aussichten, oder finden die hiesigen Einwohner mehr Vergnügen, sich in weniger gekünstelten Gegenden zu ver- weilen? Fast glaube ich das letztere; denn in dem eine halbe Stunde von hier ge- gen Powonsk zu gelegenen kleinen Lustwäldchen beym Dorfe Gorce oder Gurce, welches dem Publicum einige Jahre offen gestanden, fand sich eine Menge Spa- zierender ein. Auch hier ließ der Fürst Poninski, welcher es von den hiesigen Dominicanermönchen sich zuzuwenden wußte, einige artige Partien anlegen, worunter sich besonders ein hoher künstlicher Felsen ausnimmt, der auf einer Insel steht, zu der man durch eine artige Brücke kommt. Unten hat er verschiedene Behältnisse, und auf der Höhe ein chinesisches Lusthaus mit einem kleinen Saal, zu welchem man auf einer bequemen sich zwischen den Felsen fortwindenden Treppe gelangt. Auf einer andern Seite des Holzes trifft man auf einem Heuschober, in welchem auch ein bequemes von oben erleuchtetes Zimmer befindlich ist. Das Uebrige des Wäldchens ist mit krummen Gängen durchschnitten, und auf einigen freyen Plätzen sind Spiele angebracht. Ein Wirthshaus und ein runder Tanzsaal stehen beym Eingange, und auf der andern Seite des Holzes ein kleines Herrenhaus mit einem vom Gehölze abgesonderten Fruchtgarten. Nur ist dieser Ort zu eingeschränkt und hat kein lebendiges Wasser. Bey der jetzigen neueren Besitzerinn, der verwittweten Woywodinn von Smolensk, Fürstinn Sapieha, ist es auch wieder verschlossen. Von diesem Ort führt eine besondere Allee wieder bis in die Vorstadt, von welcher es etwas weiter entfernt ist, als Wola.
Auf dieser Seite haben wir weiter nichts von Lustgärten und Spaziergängen in der Nähe. Es bleibt mir also nur noch die Morgenseite zu beschreiben übrig.
Um
Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Wenn man auf der Abendſeite aus der Vorſtadt kommt, findet man eine breite Lindenallee, die bis in das drey Viertelſtunden davon gelegene Dorf Wola fuͤhrt. In dieſer Allee ſind einige neue Anlagen von Gaͤrten, worunter beſonders die dem Hrn. Kammerherrn von Unruh und dem Hrn. Kaufmann Schultz gehoͤrigen etwas Gutes fuͤr die Zukunft verſprechen. In Wola ſelbſt iſt von der verſtorbenen Graͤ- finn von Bruͤhl, Gemahlinn des ſeligen Premierminiſters bey Auguſt dem III, vor etlichen zwanzig Jahren ein Garten im damaligen franzoͤſiſchen Geſchmack an- gelegt worden, der ein ziemlich großes hoͤlzernes Landhaus und allerhand Nebenge- baͤude hat. Vor einigen Jahren kam er in die Haͤnde des Krongroßſchatzmeiſters Fuͤrſten Poninski, der allerhand kleine artige Gebaͤude in den verſchiedenen Hecken- partien erbauen ließ. Demohngeachtet wird dieſer Ort wenig beſucht, ſo viel Muͤhe man ſich auch gegeben, ihn in Ruf zu bringen. Iſt es die allzugroße Einfoͤrmig- keit deſſelben, oder der Mangel an Waſſer und ſchoͤnen Ausſichten, oder finden die hieſigen Einwohner mehr Vergnuͤgen, ſich in weniger gekuͤnſtelten Gegenden zu ver- weilen? Faſt glaube ich das letztere; denn in dem eine halbe Stunde von hier ge- gen Powonsk zu gelegenen kleinen Luſtwaͤldchen beym Dorfe Gorce oder Gurce, welches dem Publicum einige Jahre offen geſtanden, fand ſich eine Menge Spa- zierender ein. Auch hier ließ der Fuͤrſt Poninski, welcher es von den hieſigen Dominicanermoͤnchen ſich zuzuwenden wußte, einige artige Partien anlegen, worunter ſich beſonders ein hoher kuͤnſtlicher Felſen ausnimmt, der auf einer Inſel ſteht, zu der man durch eine artige Bruͤcke kommt. Unten hat er verſchiedene Behaͤltniſſe, und auf der Hoͤhe ein chineſiſches Luſthaus mit einem kleinen Saal, zu welchem man auf einer bequemen ſich zwiſchen den Felſen fortwindenden Treppe gelangt. Auf einer andern Seite des Holzes trifft man auf einem Heuſchober, in welchem auch ein bequemes von oben erleuchtetes Zimmer befindlich iſt. Das Uebrige des Waͤldchens iſt mit krummen Gaͤngen durchſchnitten, und auf einigen freyen Plaͤtzen ſind Spiele angebracht. Ein Wirthshaus und ein runder Tanzſaal ſtehen beym Eingange, und auf der andern Seite des Holzes ein kleines Herrenhaus mit einem vom Gehoͤlze abgeſonderten Fruchtgarten. Nur iſt dieſer Ort zu eingeſchraͤnkt und hat kein lebendiges Waſſer. Bey der jetzigen neueren Beſitzerinn, der verwittweten Woywodinn von Smolensk, Fuͤrſtinn Sapieha, iſt es auch wieder verſchloſſen. Von dieſem Ort fuͤhrt eine beſondere Allee wieder bis in die Vorſtadt, von welcher es etwas weiter entfernt iſt, als Wola.
Auf dieſer Seite haben wir weiter nichts von Luſtgaͤrten und Spaziergaͤngen in der Naͤhe. Es bleibt mir alſo nur noch die Morgenſeite zu beſchreiben uͤbrig.
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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Wenn man auf der Abendſeite aus der Vorſtadt kommt, findet man eine breite
Lindenallee, die bis in das drey Viertelſtunden davon gelegene Dorf Wola fuͤhrt.
In dieſer Allee ſind einige neue Anlagen von Gaͤrten, worunter beſonders die dem
Hrn. Kammerherrn von Unruh und dem Hrn. Kaufmann Schultz gehoͤrigen etwas
Gutes fuͤr die Zukunft verſprechen. In Wola ſelbſt iſt von der verſtorbenen Graͤ-
finn von Bruͤhl, Gemahlinn des ſeligen Premierminiſters bey Auguſt dem III,
vor etlichen zwanzig Jahren ein Garten im damaligen franzoͤſiſchen Geſchmack an-
gelegt worden, der ein ziemlich großes hoͤlzernes Landhaus und allerhand Nebenge-
baͤude hat. Vor einigen Jahren kam er in die Haͤnde des Krongroßſchatzmeiſters
Fuͤrſten Poninski, der allerhand kleine artige Gebaͤude in den verſchiedenen Hecken-
partien erbauen ließ. Demohngeachtet wird dieſer Ort wenig beſucht, ſo viel Muͤhe
man ſich auch gegeben, ihn in Ruf zu bringen. Iſt es die allzugroße Einfoͤrmig-
keit deſſelben, oder der Mangel an Waſſer und ſchoͤnen Ausſichten, oder finden die
hieſigen Einwohner mehr Vergnuͤgen, ſich in weniger gekuͤnſtelten Gegenden zu ver-
weilen? Faſt glaube ich das letztere; denn in dem eine halbe Stunde von hier ge-
gen Powonsk zu gelegenen kleinen Luſtwaͤldchen beym Dorfe Gorce oder Gurce,
welches dem Publicum einige Jahre offen geſtanden, fand ſich eine Menge Spa-
zierender ein. Auch hier ließ der Fuͤrſt Poninski, welcher es von den hieſigen
Dominicanermoͤnchen ſich zuzuwenden wußte, einige artige Partien anlegen, worunter
ſich beſonders ein hoher kuͤnſtlicher Felſen ausnimmt, der auf einer Inſel ſteht, zu
der man durch eine artige Bruͤcke kommt. Unten hat er verſchiedene Behaͤltniſſe,
und auf der Hoͤhe ein chineſiſches Luſthaus mit einem kleinen Saal, zu welchem
man auf einer bequemen ſich zwiſchen den Felſen fortwindenden Treppe gelangt.
Auf einer andern Seite des Holzes trifft man auf einem Heuſchober, in welchem
auch ein bequemes von oben erleuchtetes Zimmer befindlich iſt. Das Uebrige des
Waͤldchens iſt mit krummen Gaͤngen durchſchnitten, und auf einigen freyen Plaͤtzen
ſind Spiele angebracht. Ein Wirthshaus und ein runder Tanzſaal ſtehen beym
Eingange, und auf der andern Seite des Holzes ein kleines Herrenhaus mit einem
vom Gehoͤlze abgeſonderten Fruchtgarten. Nur iſt dieſer Ort zu eingeſchraͤnkt und
hat kein lebendiges Waſſer. Bey der jetzigen neueren Beſitzerinn, der verwittweten
Woywodinn von Smolensk, Fuͤrſtinn Sapieha, iſt es auch wieder verſchloſſen.
Von dieſem Ort fuͤhrt eine beſondere Allee wieder bis in die Vorſtadt, von welcher
es etwas weiter entfernt iſt, als Wola.
Auf dieſer Seite haben wir weiter nichts von Luſtgaͤrten und Spaziergaͤngen
in der Naͤhe. Es bleibt mir alſo nur noch die Morgenſeite zu beſchreiben
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/320>, abgerufen am 26.06.2024.
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