Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten, Gartengebäuden, welche doch die neuen Werke auf dem Carlsberg übertreffen, zurAusführung gelangt. Es scheint, daß es hier, wie an vielen andern Höfen, an einem Mann fehlt, der mit Kenntniß und Geschmack das Gartenwesen leitete. Von allen jetzt vorhandenen Lustschlössern des Landgrafen von Hessencassel ist Das alte Schloß zu Homburg, die Residenz der hessischen Landgrafen dieser der *) Sie ist von Mayr gestochen.
Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, Gartengebaͤuden, welche doch die neuen Werke auf dem Carlsberg uͤbertreffen, zurAusfuͤhrung gelangt. Es ſcheint, daß es hier, wie an vielen andern Hoͤfen, an einem Mann fehlt, der mit Kenntniß und Geſchmack das Gartenweſen leitete. Von allen jetzt vorhandenen Luſtſchloͤſſern des Landgrafen von Heſſencaſſel iſt Das alte Schloß zu Homburg, die Reſidenz der heſſiſchen Landgrafen dieſer der *) Sie iſt von Mayr geſtochen.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0330" n="322"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,</hi></fw><lb/> Gartengebaͤuden, welche doch die neuen Werke auf dem <hi rendition="#fr">Carlsberg</hi> uͤbertreffen, zur<lb/> Ausfuͤhrung gelangt. Es ſcheint, daß es hier, wie an vielen andern Hoͤfen, an<lb/> einem Mann fehlt, der mit Kenntniß und Geſchmack das Gartenweſen leitete.</p><lb/> <p>Von allen jetzt vorhandenen Luſtſchloͤſſern des Landgrafen von <hi rendition="#fr">Heſſencaſſel</hi> iſt<lb/> unſtreitig <hi rendition="#fr">Wilhelmsthal</hi> das beſie in Anſehung der Architectur. Es iſt von<lb/> regelmaͤßiger Form, in dem Stil der guten franzoͤſiſchen Baumeiſter. Nur iſt es<lb/> in einem fuͤrſtlichen Schloſſe unſchicklich und unbequem, daß gerade uͤber den Zim-<lb/> mern im zweyten Stockwerk den Bedienten ihre Wohnungen in der Manſarde ange-<lb/> wieſen ſind. Die zur Jagd bequeme Lage ſcheint die erſte Veranlaſſung zum Anbau<lb/> dieſer ſonſt zu einem Garten wenig geſchickten Gegend gegeben zu haben, wo man<lb/> mit großen Koſten Moraͤſte austrocknen, und uͤberall Erde auffahren mußte. Die<lb/> Lage hat keine Ausſichten, und der Garten iſt im <hi rendition="#fr">hollaͤndiſchen</hi> Geſchmack. Doch<lb/> hat er einige angenehme von hohen Platanen beſchattete Plaͤtze. Die Grotte <note place="foot" n="*)">Sie iſt von Mayr geſtochen.</note> iſt<lb/> nach dem Geiſt ihrer Zeit voll Architectur und Verzierung; die mancherley mit Mu-<lb/> ſcheln und Steinen, mit einer eben ſo muͤhſamen als getreuen Nachbildung, ausge-<lb/> legten Figuren reizen das Auge zur Verwunderung, und laſſen es in eben dieſem Au-<lb/> genblick die unnuͤtze Koſtbarkeit wahrnehmen, die ſich ſo weit von den Grotten der<lb/> Natur entfernt, und zugleich fuͤr die Unterhaltung ſo laͤſtig iſt. Neben dem Garten<lb/> liegt ein bepflanzter Berg mit einem runden offenen Tempel, der wegen der Aus-<lb/> ſicht beſtiegen zu werden verdient, und die Langeweile der untern Gegend wieder<lb/> verguͤtet.</p><lb/> <p>Das alte Schloß zu <hi rendition="#fr">Homburg</hi>, die Reſidenz der <hi rendition="#fr">heſſiſchen</hi> Landgrafen dieſer<lb/> Linie, hat auf ſeiner abhaͤngigen Seite eine Pflanzung, oder vielmehr ein Luſtgebuͤſch<lb/> von mancherley einheimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern, worinn<lb/> verſchiedene Gaͤnge herumfuͤhren. Man hat den Abgang hinunter in der Tiefe den<lb/> Anblick eines großen Waſſerſtuͤcks, zu welchem die Gaͤnge hinableiten, und in der<lb/> Ferne die Ausſicht auf ſchoͤne Waͤlder. Die ganze Landſchaft umher zeigt verſchie-<lb/> dene waldigte Berge. In einiger Entfernung von dieſem Luſtgebuͤſch ſind zwey<lb/> Waͤlder mit Spaziergaͤngen bereichert, der kleine und der große Tannenwald, die<lb/> nicht weit weit von einander liegen; der erſte iſt der naͤchſte und ſchoͤnſte, auch ſcheint<lb/> ſeine Einrichtung vollendet, die in dem letztern noch in der Ausbildung ſteht. Beym<lb/> Eintritt in den kleinen Tannenwald erblickt man zunaͤchſt einige Rafenſtuͤcke mit Blu-<lb/> men, und darauf eine runde weißangeſtrichene Colonnade, die auf einer in einem<lb/> Teiche erhoͤheten Inſel ſteht; wohin eine Bruͤcke fuͤhrt. Dieſe kleine Inſel iſt mit<lb/> Blumen und bluͤhenden Straͤuchern geziert, und bietet einen anmuthigen Sitz dar,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [322/0330]
Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
Gartengebaͤuden, welche doch die neuen Werke auf dem Carlsberg uͤbertreffen, zur
Ausfuͤhrung gelangt. Es ſcheint, daß es hier, wie an vielen andern Hoͤfen, an
einem Mann fehlt, der mit Kenntniß und Geſchmack das Gartenweſen leitete.
Von allen jetzt vorhandenen Luſtſchloͤſſern des Landgrafen von Heſſencaſſel iſt
unſtreitig Wilhelmsthal das beſie in Anſehung der Architectur. Es iſt von
regelmaͤßiger Form, in dem Stil der guten franzoͤſiſchen Baumeiſter. Nur iſt es
in einem fuͤrſtlichen Schloſſe unſchicklich und unbequem, daß gerade uͤber den Zim-
mern im zweyten Stockwerk den Bedienten ihre Wohnungen in der Manſarde ange-
wieſen ſind. Die zur Jagd bequeme Lage ſcheint die erſte Veranlaſſung zum Anbau
dieſer ſonſt zu einem Garten wenig geſchickten Gegend gegeben zu haben, wo man
mit großen Koſten Moraͤſte austrocknen, und uͤberall Erde auffahren mußte. Die
Lage hat keine Ausſichten, und der Garten iſt im hollaͤndiſchen Geſchmack. Doch
hat er einige angenehme von hohen Platanen beſchattete Plaͤtze. Die Grotte *) iſt
nach dem Geiſt ihrer Zeit voll Architectur und Verzierung; die mancherley mit Mu-
ſcheln und Steinen, mit einer eben ſo muͤhſamen als getreuen Nachbildung, ausge-
legten Figuren reizen das Auge zur Verwunderung, und laſſen es in eben dieſem Au-
genblick die unnuͤtze Koſtbarkeit wahrnehmen, die ſich ſo weit von den Grotten der
Natur entfernt, und zugleich fuͤr die Unterhaltung ſo laͤſtig iſt. Neben dem Garten
liegt ein bepflanzter Berg mit einem runden offenen Tempel, der wegen der Aus-
ſicht beſtiegen zu werden verdient, und die Langeweile der untern Gegend wieder
verguͤtet.
Das alte Schloß zu Homburg, die Reſidenz der heſſiſchen Landgrafen dieſer
Linie, hat auf ſeiner abhaͤngigen Seite eine Pflanzung, oder vielmehr ein Luſtgebuͤſch
von mancherley einheimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen und Straͤuchern, worinn
verſchiedene Gaͤnge herumfuͤhren. Man hat den Abgang hinunter in der Tiefe den
Anblick eines großen Waſſerſtuͤcks, zu welchem die Gaͤnge hinableiten, und in der
Ferne die Ausſicht auf ſchoͤne Waͤlder. Die ganze Landſchaft umher zeigt verſchie-
dene waldigte Berge. In einiger Entfernung von dieſem Luſtgebuͤſch ſind zwey
Waͤlder mit Spaziergaͤngen bereichert, der kleine und der große Tannenwald, die
nicht weit weit von einander liegen; der erſte iſt der naͤchſte und ſchoͤnſte, auch ſcheint
ſeine Einrichtung vollendet, die in dem letztern noch in der Ausbildung ſteht. Beym
Eintritt in den kleinen Tannenwald erblickt man zunaͤchſt einige Rafenſtuͤcke mit Blu-
men, und darauf eine runde weißangeſtrichene Colonnade, die auf einer in einem
Teiche erhoͤheten Inſel ſteht; wohin eine Bruͤcke fuͤhrt. Dieſe kleine Inſel iſt mit
Blumen und bluͤhenden Straͤuchern geziert, und bietet einen anmuthigen Sitz dar,
der
*) Sie iſt von Mayr geſtochen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |