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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Sechster Abschnitt. Gärten

Und dieser Charakter muß auch ihre Parks auszeichnen. Sie dürfen schon weniger
Umfang in der Landschaft einnehmen; die Pflanzungen dürfen weniger aus gewähl-
ten und seltenen Gewächsen zusammengesetzt seyn; die künstlichen Anlagen dürfen we-
niger Aufwand, besonders die Gebäude weniger Glanz und Pracht zeigen.

Dennoch findet in den Parks dieser Gattung, die näher an die Natur als an
die Kunst sich halten, eine Würde, ein Reichthum, eine Mannichfaltigkeit von
Scenen Platz, die sowohl dem Ansehen der Besitzer zustimmen, als auch von einer
unerschöpflichen Unterhaltung sind.

Feyerliche, große und prächtige Scenen und Aussichten, als die Nachbarschaft
des Meeres, oder über einander aufgethürmte Gebirge, sind nicht von diesen Parks
ausgeschlossen; sie können vielmehr als zufällige Theile sehr willkommen und für das
Ganze der übrigen dieser Klasse zugehörigen Auftritte von einer trefflichen Wirkung
seyn. Allein man darf sie hier nicht als ein nothwendiges Zubehör dieser Gat-
tung ansehen.

Alles aber, was die Natur in der Bildung ihrer Gegenden und Aussichten,
in Wäldern, in Haynen und Gruppen, in Rasen, in Pflanzen und Blumen, in
Seen und Wasserfällen, in Bächen und Flüssen Edles und Reizendes hat, und ein-
zeln bereits entwickelt ist; *) was der Geschmack hierinn durch Anordnung, Ver-
bindung und Bearbeitung erhöhen, was die Künste der Bepflanzung, der Bebauung
und Auszierung **) zur Bestimmung und Verstärkung der Wirkungen mit Recht
hinzufügen dürfen; das gehört in die Parks dieser Klasse. Sie verstatten, nach der
Verschiedenheit der Gegenden, alle Arten von ländlichen Scenen, und Pflanzungen,
von der feinsten Strauchgruppe an, die auf einem Rasen blüht, bis zu der kühlen
Dämmerung des bejahrten Buchwaldes; doch unter diesem Gesetze, daß überall, wo
keine Ueberraschung Statt hat, Verbindung und schicklicher Uebergang sey. Sie
nehmen alle Gattungen von Gebäuden auf, von der dunkeln Waldhütte bis zu dem
heitersten Tempel, von dem Musikhause bis zu der Todtenkapelle. Sie können daher,
in einem sehr ausgebreiteten Umkreise, gleichsam eine Folge von verschiedenen klei-
nen Gärten oder bearbeiteten Gegenden, eine Gallerie von ausgewählten reizenden
Gemälden, welche die Natur entwarf und der Geschmack vollendete, in sich fassen.
In ausgedehnten Parks können selbst kleine Kirchen oder Kapellen, zum gottesdienst-
lichen Gebrauche bestimmt, Platz finden. Sie müssen zu dieser Absicht von dem

Land-
*) S. 2ten B.
**) S. 3ten B.
Sechster Abſchnitt. Gaͤrten

Und dieſer Charakter muß auch ihre Parks auszeichnen. Sie duͤrfen ſchon weniger
Umfang in der Landſchaft einnehmen; die Pflanzungen duͤrfen weniger aus gewaͤhl-
ten und ſeltenen Gewaͤchſen zuſammengeſetzt ſeyn; die kuͤnſtlichen Anlagen duͤrfen we-
niger Aufwand, beſonders die Gebaͤude weniger Glanz und Pracht zeigen.

Dennoch findet in den Parks dieſer Gattung, die naͤher an die Natur als an
die Kunſt ſich halten, eine Wuͤrde, ein Reichthum, eine Mannichfaltigkeit von
Scenen Platz, die ſowohl dem Anſehen der Beſitzer zuſtimmen, als auch von einer
unerſchoͤpflichen Unterhaltung ſind.

Feyerliche, große und praͤchtige Scenen und Ausſichten, als die Nachbarſchaft
des Meeres, oder uͤber einander aufgethuͤrmte Gebirge, ſind nicht von dieſen Parks
ausgeſchloſſen; ſie koͤnnen vielmehr als zufaͤllige Theile ſehr willkommen und fuͤr das
Ganze der uͤbrigen dieſer Klaſſe zugehoͤrigen Auftritte von einer trefflichen Wirkung
ſeyn. Allein man darf ſie hier nicht als ein nothwendiges Zubehoͤr dieſer Gat-
tung anſehen.

Alles aber, was die Natur in der Bildung ihrer Gegenden und Ausſichten,
in Waͤldern, in Haynen und Gruppen, in Raſen, in Pflanzen und Blumen, in
Seen und Waſſerfaͤllen, in Baͤchen und Fluͤſſen Edles und Reizendes hat, und ein-
zeln bereits entwickelt iſt; *) was der Geſchmack hierinn durch Anordnung, Ver-
bindung und Bearbeitung erhoͤhen, was die Kuͤnſte der Bepflanzung, der Bebauung
und Auszierung **) zur Beſtimmung und Verſtaͤrkung der Wirkungen mit Recht
hinzufuͤgen duͤrfen; das gehoͤrt in die Parks dieſer Klaſſe. Sie verſtatten, nach der
Verſchiedenheit der Gegenden, alle Arten von laͤndlichen Scenen, und Pflanzungen,
von der feinſten Strauchgruppe an, die auf einem Raſen bluͤht, bis zu der kuͤhlen
Daͤmmerung des bejahrten Buchwaldes; doch unter dieſem Geſetze, daß uͤberall, wo
keine Ueberraſchung Statt hat, Verbindung und ſchicklicher Uebergang ſey. Sie
nehmen alle Gattungen von Gebaͤuden auf, von der dunkeln Waldhuͤtte bis zu dem
heiterſten Tempel, von dem Muſikhauſe bis zu der Todtenkapelle. Sie koͤnnen daher,
in einem ſehr ausgebreiteten Umkreiſe, gleichſam eine Folge von verſchiedenen klei-
nen Gaͤrten oder bearbeiteten Gegenden, eine Gallerie von ausgewaͤhlten reizenden
Gemaͤlden, welche die Natur entwarf und der Geſchmack vollendete, in ſich faſſen.
In ausgedehnten Parks koͤnnen ſelbſt kleine Kirchen oder Kapellen, zum gottesdienſt-
lichen Gebrauche beſtimmt, Platz finden. Sie muͤſſen zu dieſer Abſicht von dem

Land-
*) S. 2ten B.
**) S. 3ten B.
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[38/0046] Sechster Abſchnitt. Gaͤrten Und dieſer Charakter muß auch ihre Parks auszeichnen. Sie duͤrfen ſchon weniger Umfang in der Landſchaft einnehmen; die Pflanzungen duͤrfen weniger aus gewaͤhl- ten und ſeltenen Gewaͤchſen zuſammengeſetzt ſeyn; die kuͤnſtlichen Anlagen duͤrfen we- niger Aufwand, beſonders die Gebaͤude weniger Glanz und Pracht zeigen. Dennoch findet in den Parks dieſer Gattung, die naͤher an die Natur als an die Kunſt ſich halten, eine Wuͤrde, ein Reichthum, eine Mannichfaltigkeit von Scenen Platz, die ſowohl dem Anſehen der Beſitzer zuſtimmen, als auch von einer unerſchoͤpflichen Unterhaltung ſind. Feyerliche, große und praͤchtige Scenen und Ausſichten, als die Nachbarſchaft des Meeres, oder uͤber einander aufgethuͤrmte Gebirge, ſind nicht von dieſen Parks ausgeſchloſſen; ſie koͤnnen vielmehr als zufaͤllige Theile ſehr willkommen und fuͤr das Ganze der uͤbrigen dieſer Klaſſe zugehoͤrigen Auftritte von einer trefflichen Wirkung ſeyn. Allein man darf ſie hier nicht als ein nothwendiges Zubehoͤr dieſer Gat- tung anſehen. Alles aber, was die Natur in der Bildung ihrer Gegenden und Ausſichten, in Waͤldern, in Haynen und Gruppen, in Raſen, in Pflanzen und Blumen, in Seen und Waſſerfaͤllen, in Baͤchen und Fluͤſſen Edles und Reizendes hat, und ein- zeln bereits entwickelt iſt; *) was der Geſchmack hierinn durch Anordnung, Ver- bindung und Bearbeitung erhoͤhen, was die Kuͤnſte der Bepflanzung, der Bebauung und Auszierung **) zur Beſtimmung und Verſtaͤrkung der Wirkungen mit Recht hinzufuͤgen duͤrfen; das gehoͤrt in die Parks dieſer Klaſſe. Sie verſtatten, nach der Verſchiedenheit der Gegenden, alle Arten von laͤndlichen Scenen, und Pflanzungen, von der feinſten Strauchgruppe an, die auf einem Raſen bluͤht, bis zu der kuͤhlen Daͤmmerung des bejahrten Buchwaldes; doch unter dieſem Geſetze, daß uͤberall, wo keine Ueberraſchung Statt hat, Verbindung und ſchicklicher Uebergang ſey. Sie nehmen alle Gattungen von Gebaͤuden auf, von der dunkeln Waldhuͤtte bis zu dem heiterſten Tempel, von dem Muſikhauſe bis zu der Todtenkapelle. Sie koͤnnen daher, in einem ſehr ausgebreiteten Umkreiſe, gleichſam eine Folge von verſchiedenen klei- nen Gaͤrten oder bearbeiteten Gegenden, eine Gallerie von ausgewaͤhlten reizenden Gemaͤlden, welche die Natur entwarf und der Geſchmack vollendete, in ſich faſſen. In ausgedehnten Parks koͤnnen ſelbſt kleine Kirchen oder Kapellen, zum gottesdienſt- lichen Gebrauche beſtimmt, Platz finden. Sie muͤſſen zu dieſer Abſicht von dem Land- *) S. 2ten B. **) S. 3ten B.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/46>, abgerufen am 23.11.2024.