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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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nach dem verschiedenen Charakter ihrer Besitzer.

Unstreitig kann der Geschmack die holden Wirkungen eines Blumengartens un-
gemein erhöhen. Blos bunte Scenen, die gewöhnlichsten, sind für das gemeine
Auge, das nur geblendet, nur zerstreut seyn will; blos einfärbige Scenen geben bald
Langeweile und Ermüdung. Das Malerische allein hat das Vorrecht, zu unter-
halten. Dahin gehört zunächst, daß die Ordnung der Pflanzung nicht mehr den
Regeln der Symmetrie folge, sondern in Gruppirungen erscheine, und in solchen Zu-
sammensetzungen und Mischungen, woraus eine verständige Malerey der Blumen-
farben entspringt. *) -- Bey dieser Art von Gemälden kömmt es sowohl auf har-
monische Verbindung, als auf Contrast der Farben an. Sehr glücklich verbindet
sich das Weiße mit dem Blaßgelben, dieses mit dem Fleischfarbigen, das Rosenfar-
bige und das Himmelblaue mit dem Weißen, das Dunkelblaue mit dem Purpur-
farbigen, das Dunkeltsthe mit dem Braunen, das Brandgelbe mit dem Hochro-
then, das Graue mit dem Dunkelblauen. Das Weiße verbindet sich überall, mit
dem Gelben, dem Rothen, dem Blauen; es macht Milderungen, die dem Auge so
lieblich schmeicheln; dem Hellgelben, dem Fleischfarbigen, dem Rosenfarbigen, dem
Hellblauen ist eine überaus einnehmende Sanstheit eigen. Die Mittelfarben ma-
chen das Gemälde harmonisch. Zwischen dem Gelben und Rothen steht das Brand-
gelbe, zwischen dem Rothen und Blauen das Violet, zwischen dem Blauen und
Gelben das Grün; diese Farben können in einander gezogen werden, ohne sich zu be-
leidigen. Die aufsteigende Fortschreitung geht vom Weißen zum Weißgelben, Gel-
ben, Röthlichgelben, Brandgelben, Brandgelbrothen, Rothen, Röthlichblauen,
Violetten, Blaurothen, Blauen, Grauen, bis zum ganz Dunklen und Schwärz-
lichen, das entweder dunkelgelb, oder dunkelroth, oder dunkelblau ist; die herab-
steigende vom Blauen zum Grünen, zum Grüngelben, zum Gelben, zum Weiß-
gelben, zum Weißen. Diese natürlichen Fortschreitungen der Farben müssen das
Auge des Künstlers in der Malerey seiner Blumenscenen leiten. Eine der vornehm-
sten Regeln ist diese, daß die hellern Farben voranstehen, und sich dem Auge, das
den Umfang eines harmonisch fortgehenden Gemäldes überschauen soll, zunächst zei-
gen. -- Im Contrast steht das Brandgelbe mit dem Weißen, das Purpurfarbige
mit dem Hellgrünen, das Hellblaue mit dem Dunkelrothen. Die hellern Farben
gewinnen in der Natur und in der Malerey durch die Gegenftellung der dunklen. --
Diese Kunst, mit den Farben der blühenden Gewächse interessante Gemälde zu schaf-
fen, eine Kunst, die für das Genie ein neues und weites Feld eröffnet, kann mehr
in dem Blumengarten herrschen, als in den Zusammensetzungen der Blüthen-
sträucher. Denn bey diesen machen fast immer die Art ihres Wuchses und ihre
Blätter wichtige Eigenschaften, die das Auge an sich reißen; bey den Blumenpflan-

zen
*) S. 2ten B. S. 79.
nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.

Unſtreitig kann der Geſchmack die holden Wirkungen eines Blumengartens un-
gemein erhoͤhen. Blos bunte Scenen, die gewoͤhnlichſten, ſind fuͤr das gemeine
Auge, das nur geblendet, nur zerſtreut ſeyn will; blos einfaͤrbige Scenen geben bald
Langeweile und Ermuͤdung. Das Maleriſche allein hat das Vorrecht, zu unter-
halten. Dahin gehoͤrt zunaͤchſt, daß die Ordnung der Pflanzung nicht mehr den
Regeln der Symmetrie folge, ſondern in Gruppirungen erſcheine, und in ſolchen Zu-
ſammenſetzungen und Miſchungen, woraus eine verſtaͤndige Malerey der Blumen-
farben entſpringt. *) — Bey dieſer Art von Gemaͤlden koͤmmt es ſowohl auf har-
moniſche Verbindung, als auf Contraſt der Farben an. Sehr gluͤcklich verbindet
ſich das Weiße mit dem Blaßgelben, dieſes mit dem Fleiſchfarbigen, das Roſenfar-
bige und das Himmelblaue mit dem Weißen, das Dunkelblaue mit dem Purpur-
farbigen, das Dunkeltsthe mit dem Braunen, das Brandgelbe mit dem Hochro-
then, das Graue mit dem Dunkelblauen. Das Weiße verbindet ſich uͤberall, mit
dem Gelben, dem Rothen, dem Blauen; es macht Milderungen, die dem Auge ſo
lieblich ſchmeicheln; dem Hellgelben, dem Fleiſchfarbigen, dem Roſenfarbigen, dem
Hellblauen iſt eine uͤberaus einnehmende Sanſtheit eigen. Die Mittelfarben ma-
chen das Gemaͤlde harmoniſch. Zwiſchen dem Gelben und Rothen ſteht das Brand-
gelbe, zwiſchen dem Rothen und Blauen das Violet, zwiſchen dem Blauen und
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leidigen. Die aufſteigende Fortſchreitung geht vom Weißen zum Weißgelben, Gel-
ben, Roͤthlichgelben, Brandgelben, Brandgelbrothen, Rothen, Roͤthlichblauen,
Violetten, Blaurothen, Blauen, Grauen, bis zum ganz Dunklen und Schwaͤrz-
lichen, das entweder dunkelgelb, oder dunkelroth, oder dunkelblau iſt; die herab-
ſteigende vom Blauen zum Gruͤnen, zum Gruͤngelben, zum Gelben, zum Weiß-
gelben, zum Weißen. Dieſe natuͤrlichen Fortſchreitungen der Farben muͤſſen das
Auge des Kuͤnſtlers in der Malerey ſeiner Blumenſcenen leiten. Eine der vornehm-
ſten Regeln iſt dieſe, daß die hellern Farben voranſtehen, und ſich dem Auge, das
den Umfang eines harmoniſch fortgehenden Gemaͤldes uͤberſchauen ſoll, zunaͤchſt zei-
gen. — Im Contraſt ſteht das Brandgelbe mit dem Weißen, das Purpurfarbige
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gewinnen in der Natur und in der Malerey durch die Gegenftellung der dunklen. —
Dieſe Kunſt, mit den Farben der bluͤhenden Gewaͤchſe intereſſante Gemaͤlde zu ſchaf-
fen, eine Kunſt, die fuͤr das Genie ein neues und weites Feld eroͤffnet, kann mehr
in dem Blumengarten herrſchen, als in den Zuſammenſetzungen der Bluͤthen-
ſtraͤucher. Denn bey dieſen machen faſt immer die Art ihres Wuchſes und ihre
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zen
*) S. 2ten B. S. 79.
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[63/0071] nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. Unſtreitig kann der Geſchmack die holden Wirkungen eines Blumengartens un- gemein erhoͤhen. Blos bunte Scenen, die gewoͤhnlichſten, ſind fuͤr das gemeine Auge, das nur geblendet, nur zerſtreut ſeyn will; blos einfaͤrbige Scenen geben bald Langeweile und Ermuͤdung. Das Maleriſche allein hat das Vorrecht, zu unter- halten. Dahin gehoͤrt zunaͤchſt, daß die Ordnung der Pflanzung nicht mehr den Regeln der Symmetrie folge, ſondern in Gruppirungen erſcheine, und in ſolchen Zu- ſammenſetzungen und Miſchungen, woraus eine verſtaͤndige Malerey der Blumen- farben entſpringt. *) — Bey dieſer Art von Gemaͤlden koͤmmt es ſowohl auf har- moniſche Verbindung, als auf Contraſt der Farben an. Sehr gluͤcklich verbindet ſich das Weiße mit dem Blaßgelben, dieſes mit dem Fleiſchfarbigen, das Roſenfar- bige und das Himmelblaue mit dem Weißen, das Dunkelblaue mit dem Purpur- farbigen, das Dunkeltsthe mit dem Braunen, das Brandgelbe mit dem Hochro- then, das Graue mit dem Dunkelblauen. Das Weiße verbindet ſich uͤberall, mit dem Gelben, dem Rothen, dem Blauen; es macht Milderungen, die dem Auge ſo lieblich ſchmeicheln; dem Hellgelben, dem Fleiſchfarbigen, dem Roſenfarbigen, dem Hellblauen iſt eine uͤberaus einnehmende Sanſtheit eigen. Die Mittelfarben ma- chen das Gemaͤlde harmoniſch. Zwiſchen dem Gelben und Rothen ſteht das Brand- gelbe, zwiſchen dem Rothen und Blauen das Violet, zwiſchen dem Blauen und Gelben das Gruͤn; dieſe Farben koͤnnen in einander gezogen werden, ohne ſich zu be- leidigen. Die aufſteigende Fortſchreitung geht vom Weißen zum Weißgelben, Gel- ben, Roͤthlichgelben, Brandgelben, Brandgelbrothen, Rothen, Roͤthlichblauen, Violetten, Blaurothen, Blauen, Grauen, bis zum ganz Dunklen und Schwaͤrz- lichen, das entweder dunkelgelb, oder dunkelroth, oder dunkelblau iſt; die herab- ſteigende vom Blauen zum Gruͤnen, zum Gruͤngelben, zum Gelben, zum Weiß- gelben, zum Weißen. Dieſe natuͤrlichen Fortſchreitungen der Farben muͤſſen das Auge des Kuͤnſtlers in der Malerey ſeiner Blumenſcenen leiten. Eine der vornehm- ſten Regeln iſt dieſe, daß die hellern Farben voranſtehen, und ſich dem Auge, das den Umfang eines harmoniſch fortgehenden Gemaͤldes uͤberſchauen ſoll, zunaͤchſt zei- gen. — Im Contraſt ſteht das Brandgelbe mit dem Weißen, das Purpurfarbige mit dem Hellgruͤnen, das Hellblaue mit dem Dunkelrothen. Die hellern Farben gewinnen in der Natur und in der Malerey durch die Gegenftellung der dunklen. — Dieſe Kunſt, mit den Farben der bluͤhenden Gewaͤchſe intereſſante Gemaͤlde zu ſchaf- fen, eine Kunſt, die fuͤr das Genie ein neues und weites Feld eroͤffnet, kann mehr in dem Blumengarten herrſchen, als in den Zuſammenſetzungen der Bluͤthen- ſtraͤucher. Denn bey dieſen machen faſt immer die Art ihres Wuchſes und ihre Blaͤtter wichtige Eigenſchaften, die das Auge an ſich reißen; bey den Blumenpflan- zen *) S. 2ten B. S. 79.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/71>, abgerufen am 21.11.2024.