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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter
blos von der Liebe seiner Unterthanen umgeben, und sieht mit edler theilnehmender
Empfindung, wie sie sich frey in große und kleine Haufen zerstreuen, doch alle ver-
eint in der Freude über ihren Wohlthäter, der, gleich dem allbelebenden Geiste der
Natur, mit freundlicher Wärme über sie hinstrahlt.

Berlin hat verschiedene anmuthige öffentliche Spaziergänge *) sowohl in der
Stadt selbst, als auch nahe vor dem Thore. Viele Plätze sind mit Alleen bepflanzt.
Der Wald nach Treptow hat die schönsten Spazierwege. Die Kastanienallee im
Lustgarten ist ein angenehmer Abendspaziergang. Der Weidendamm, der mit un-
gewöhnlich hohen und starken Weidenbäumen bepflanzt ist, gewinnt, ob er gleich
mitten in der Stadt liegt, durch die Aussicht auf Gärten und Wiesen und die mit
Schiffen belebte Spree ein reizendes Ansehen. Vornehmlich aber ist der königliche
Thiergarten oder Park hier merkwürdig. Seine verbesserte Anlage und größte Schön-
heit verdankt er dem jetzt regierenden König, der ihn mit vielen Baumpflanzungen,
Spaziergängen und Lustplätzen erweitern ließ. Dieser große Park enthält einige hun-
dert Alleen, die sich auf eine mannichfaltige Art durchkreuzen und durchschlängeln, und
eine reizende Mannichfaltigkeit von Bäumen und Sträuchern, die glücklich mit ein-
ander vermischt sind, und eine Menge angenehmer Parthien bilden, die den Spazie-
renden, der sie alle aufsuchen will, einige Wochen beschäftigen können. In den brei-
ten Alleen darf man fahren und reiten; die schmalen aber sind blos zum Gehen. Auf
der Seite nach der Spree ist den ganzen Sommer eine Anzahl von Zelten und Hüt-
ten aufgeschlagen, worinn Erfrischungen verkauft werden. An schönen Sommer-
nachmittagen, besonders an Sonntagen und Feyertagen, pflegen sich hier einige tau-
send Spazierende zu Fuß, zu Pferde und im Wagen zu versammeln, und alsdann
wird oft durch die Musik der in Berlin in Garnison liegenden Regimenter, die in die
Gebüsche vertheilt wird, das Vergnügen der Menge erhöht.

Die öffentlichen Spaziergänge der Aue zu Cassel sind von einem sehr ansehnli-
chen Umfang nicht blos für Gehende, sondern auch für Fahrende und Reitende. Die
Pflanzung, die schon im Anfange dieses Jahrhunderts mit damals bereits erwachse-
nen Stämmen angelegt ward, besteht aus großen herrlichen Bäumen, die hoch und
schattenreich in ihrer natürlichen Freyheit wachsen, und den Anblick prächtiger Wald-
scenen bilden, in welchen die langen geraden Alleen fortlaufen. Zwischen diesen sind
Hecken angelegt, die meistens in ihrem innern Bezirk mit Bäumen dicht angefüllt
sind, welche aus ihnen emporsteigen und die Schatten umher verstärken. Neben den

Alleen
*) Man sehe Hrn. Nicolai musterhafte
Beschreibung der königlichen Residenzstädte
[Spaltenumbruch] Berlin und Potsdam. Neue Aufl. 8. Ber-
lin 1779. 2ter B. S. 708. u. s. w.

Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
blos von der Liebe ſeiner Unterthanen umgeben, und ſieht mit edler theilnehmender
Empfindung, wie ſie ſich frey in große und kleine Haufen zerſtreuen, doch alle ver-
eint in der Freude uͤber ihren Wohlthaͤter, der, gleich dem allbelebenden Geiſte der
Natur, mit freundlicher Waͤrme uͤber ſie hinſtrahlt.

Berlin hat verſchiedene anmuthige oͤffentliche Spaziergaͤnge *) ſowohl in der
Stadt ſelbſt, als auch nahe vor dem Thore. Viele Plaͤtze ſind mit Alleen bepflanzt.
Der Wald nach Treptow hat die ſchoͤnſten Spazierwege. Die Kaſtanienallee im
Luſtgarten iſt ein angenehmer Abendſpaziergang. Der Weidendamm, der mit un-
gewoͤhnlich hohen und ſtarken Weidenbaͤumen bepflanzt iſt, gewinnt, ob er gleich
mitten in der Stadt liegt, durch die Ausſicht auf Gaͤrten und Wieſen und die mit
Schiffen belebte Spree ein reizendes Anſehen. Vornehmlich aber iſt der koͤnigliche
Thiergarten oder Park hier merkwuͤrdig. Seine verbeſſerte Anlage und groͤßte Schoͤn-
heit verdankt er dem jetzt regierenden Koͤnig, der ihn mit vielen Baumpflanzungen,
Spaziergaͤngen und Luſtplaͤtzen erweitern ließ. Dieſer große Park enthaͤlt einige hun-
dert Alleen, die ſich auf eine mannichfaltige Art durchkreuzen und durchſchlaͤngeln, und
eine reizende Mannichfaltigkeit von Baͤumen und Straͤuchern, die gluͤcklich mit ein-
ander vermiſcht ſind, und eine Menge angenehmer Parthien bilden, die den Spazie-
renden, der ſie alle aufſuchen will, einige Wochen beſchaͤftigen koͤnnen. In den brei-
ten Alleen darf man fahren und reiten; die ſchmalen aber ſind blos zum Gehen. Auf
der Seite nach der Spree iſt den ganzen Sommer eine Anzahl von Zelten und Huͤt-
ten aufgeſchlagen, worinn Erfriſchungen verkauft werden. An ſchoͤnen Sommer-
nachmittagen, beſonders an Sonntagen und Feyertagen, pflegen ſich hier einige tau-
ſend Spazierende zu Fuß, zu Pferde und im Wagen zu verſammeln, und alsdann
wird oft durch die Muſik der in Berlin in Garniſon liegenden Regimenter, die in die
Gebuͤſche vertheilt wird, das Vergnuͤgen der Menge erhoͤht.

Die oͤffentlichen Spaziergaͤnge der Aue zu Caſſel ſind von einem ſehr anſehnli-
chen Umfang nicht blos fuͤr Gehende, ſondern auch fuͤr Fahrende und Reitende. Die
Pflanzung, die ſchon im Anfange dieſes Jahrhunderts mit damals bereits erwachſe-
nen Staͤmmen angelegt ward, beſteht aus großen herrlichen Baͤumen, die hoch und
ſchattenreich in ihrer natuͤrlichen Freyheit wachſen, und den Anblick praͤchtiger Wald-
ſcenen bilden, in welchen die langen geraden Alleen fortlaufen. Zwiſchen dieſen ſind
Hecken angelegt, die meiſtens in ihrem innern Bezirk mit Baͤumen dicht angefuͤllt
ſind, welche aus ihnen emporſteigen und die Schatten umher verſtaͤrken. Neben den

Alleen
*) Man ſehe Hrn. Nicolai muſterhafte
Beſchreibung der koͤniglichen Reſidenzſtaͤdte
[Spaltenumbruch] Berlin und Potsdam. Neue Aufl. 8. Ber-
lin 1779. 2ter B. S. 708. u. ſ. w.
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[72/0080] Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter blos von der Liebe ſeiner Unterthanen umgeben, und ſieht mit edler theilnehmender Empfindung, wie ſie ſich frey in große und kleine Haufen zerſtreuen, doch alle ver- eint in der Freude uͤber ihren Wohlthaͤter, der, gleich dem allbelebenden Geiſte der Natur, mit freundlicher Waͤrme uͤber ſie hinſtrahlt. Berlin hat verſchiedene anmuthige oͤffentliche Spaziergaͤnge *) ſowohl in der Stadt ſelbſt, als auch nahe vor dem Thore. Viele Plaͤtze ſind mit Alleen bepflanzt. Der Wald nach Treptow hat die ſchoͤnſten Spazierwege. Die Kaſtanienallee im Luſtgarten iſt ein angenehmer Abendſpaziergang. Der Weidendamm, der mit un- gewoͤhnlich hohen und ſtarken Weidenbaͤumen bepflanzt iſt, gewinnt, ob er gleich mitten in der Stadt liegt, durch die Ausſicht auf Gaͤrten und Wieſen und die mit Schiffen belebte Spree ein reizendes Anſehen. Vornehmlich aber iſt der koͤnigliche Thiergarten oder Park hier merkwuͤrdig. Seine verbeſſerte Anlage und groͤßte Schoͤn- heit verdankt er dem jetzt regierenden Koͤnig, der ihn mit vielen Baumpflanzungen, Spaziergaͤngen und Luſtplaͤtzen erweitern ließ. Dieſer große Park enthaͤlt einige hun- dert Alleen, die ſich auf eine mannichfaltige Art durchkreuzen und durchſchlaͤngeln, und eine reizende Mannichfaltigkeit von Baͤumen und Straͤuchern, die gluͤcklich mit ein- ander vermiſcht ſind, und eine Menge angenehmer Parthien bilden, die den Spazie- renden, der ſie alle aufſuchen will, einige Wochen beſchaͤftigen koͤnnen. In den brei- ten Alleen darf man fahren und reiten; die ſchmalen aber ſind blos zum Gehen. Auf der Seite nach der Spree iſt den ganzen Sommer eine Anzahl von Zelten und Huͤt- ten aufgeſchlagen, worinn Erfriſchungen verkauft werden. An ſchoͤnen Sommer- nachmittagen, beſonders an Sonntagen und Feyertagen, pflegen ſich hier einige tau- ſend Spazierende zu Fuß, zu Pferde und im Wagen zu verſammeln, und alsdann wird oft durch die Muſik der in Berlin in Garniſon liegenden Regimenter, die in die Gebuͤſche vertheilt wird, das Vergnuͤgen der Menge erhoͤht. Die oͤffentlichen Spaziergaͤnge der Aue zu Caſſel ſind von einem ſehr anſehnli- chen Umfang nicht blos fuͤr Gehende, ſondern auch fuͤr Fahrende und Reitende. Die Pflanzung, die ſchon im Anfange dieſes Jahrhunderts mit damals bereits erwachſe- nen Staͤmmen angelegt ward, beſteht aus großen herrlichen Baͤumen, die hoch und ſchattenreich in ihrer natuͤrlichen Freyheit wachſen, und den Anblick praͤchtiger Wald- ſcenen bilden, in welchen die langen geraden Alleen fortlaufen. Zwiſchen dieſen ſind Hecken angelegt, die meiſtens in ihrem innern Bezirk mit Baͤumen dicht angefuͤllt ſind, welche aus ihnen emporſteigen und die Schatten umher verſtaͤrken. Neben den Alleen *) Man ſehe Hrn. Nicolai muſterhafte Beſchreibung der koͤniglichen Reſidenzſtaͤdte Berlin und Potsdam. Neue Aufl. 8. Ber- lin 1779. 2ter B. S. 708. u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/80>, abgerufen am 21.11.2024.