Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.von besondern Bestimmungen abhängig ist. sich verstärkendes Revier -- und wende sich plötzlich zu einer heitern Höhe, und fallemit einer lebhaften Ueberraschung in weite, glänzende, entzückende Aussichten. Welch ein erfrischender Blick in die Herrlichkeit der Schöpfung! Doch der weise Klosterbe- wohner siehet hier mehr, als was blos das Auge entzückt, weiter, als sein sichtbarer Bezirk reicht. Die finstre Decke der Zukunft wird aufgezogen; er siehet In dem Reiz dieser Aussichten schwebt vor ihm ein Bild von den nahen Woh- Zu diesem feyerlichen Ernst, welcher der Lebensart und dem Wohnplatz der 3. Hier scheint der Ort zu seyn, um eines besondern Geschmacks an klostermäßig hundert. *) v. Kleist. L 2
von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. ſich verſtaͤrkendes Revier — und wende ſich ploͤtzlich zu einer heitern Hoͤhe, und fallemit einer lebhaften Ueberraſchung in weite, glaͤnzende, entzuͤckende Ausſichten. Welch ein erfriſchender Blick in die Herrlichkeit der Schoͤpfung! Doch der weiſe Kloſterbe- wohner ſiehet hier mehr, als was blos das Auge entzuͤckt, weiter, als ſein ſichtbarer Bezirk reicht. Die finſtre Decke der Zukunft wird aufgezogen; er ſiehet In dem Reiz dieſer Ausſichten ſchwebt vor ihm ein Bild von den nahen Woh- Zu dieſem feyerlichen Ernſt, welcher der Lebensart und dem Wohnplatz der 3. Hier ſcheint der Ort zu ſeyn, um eines beſondern Geſchmacks an kloſtermaͤßig hundert. *) v. Kleiſt. L 2
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von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
ſich verſtaͤrkendes Revier — und wende ſich ploͤtzlich zu einer heitern Hoͤhe, und falle
mit einer lebhaften Ueberraſchung in weite, glaͤnzende, entzuͤckende Ausſichten. Welch
ein erfriſchender Blick in die Herrlichkeit der Schoͤpfung! Doch der weiſe Kloſterbe-
wohner ſiehet hier mehr, als was blos das Auge entzuͤckt, weiter, als ſein ſichtbarer
Bezirk reicht.
Die finſtre Decke der Zukunft wird aufgezogen; er ſiehet
Ganz andere Scenen der Dinge, und unbekannte Gefilde. *)
In dem Reiz dieſer Ausſichten ſchwebt vor ihm ein Bild von den nahen Woh-
nungen des Himmels, ein Vorſchimmer aus den Gegenden, wo ein ewiger Fruͤhling
vor ihm bluͤhen, und eine Heiterkeit ohne Untergang ihn umlaͤcheln wird. Die blaue
Ferne ſchließt nicht den Kreis der Blicke ſeines Geiſtes; ſie durchdringen die letzte
Daͤmmerung der Erdduͤnſte, fliegen fort und breiten ſich aus durch die unermeßlichen
Gefilde einer hellen Ewigkeit. Dieſe Ausſicht iſt der Lohn ſeiner kurzen Kloſtertage;
von ihr geſtaͤrkt kehrt er in die Schule ſeines Gartens, in die Pruͤfungen ſeiner Zelle
zuruͤck, und wartet ruhig auf die Stunde ſeiner Verſetzung in die Wonne der Gegen-
den, die ihn ſchon in der Ferne entzuͤckten.
Zu dieſem feyerlichen Ernſt, welcher der Lebensart und dem Wohnplatz der
Moͤnche zuſtimmt, duͤrfen ſich aber Gaͤrten bey proteſtantiſchen Kloͤſtern und Stiftern
nicht heben. Kloſterpflichten, Gebraͤuche, Sitten ſind hier milder, alles iſt hier mehr
herabgeſtimmt. Daher keine ſchauervollen Auftritte mehr, ſondern ſanftere Scenen der
Melancholie. Die Unterhaltungen einer ſuͤßen Schwermuth, die Denkmaͤler voll ruͤh-
render Erinnerungen koͤnnen hier ſchon durch einige anmuthige Vorſtellungen gemil-
dert werden. Doch darf hier nichts einſchleichen, was den Charakter eines weiſen
Ernſtes in Munterkeit uͤbergehen laͤßt, oder den Eindruck einer ſtillen Melancholie auf-
hebt, die in Gaͤrten dieſer Klaſſe herrſchen muͤſſen.
3.
Hier ſcheint der Ort zu ſeyn, um eines beſondern Geſchmacks an kloſtermaͤßig
gebaueten Landhaͤuſern zu erwaͤhnen, der jetzt in England auſkoͤmmt. Der Landſitz
des beruͤhmten Horace Walpole, Strawberryhill nahe bey Twikenham, iſt
ein Muſter dieſer Art. Das Haus ſieht ſchon von außen einer alten mit Epheu be-
wachſenen Abtey gleich. Der Eingang geht durch einen engen dunkeln Kloſterhof, an
deſſen Waͤnden alte aus Italien gebrachte Grabſchriften eingemauert ſind. Im
Hauſe ſelbſt findet man ein Refectorium, Kapitelſaal, Schlafzimmer, und Kapelle,
ſo wie in allen Kloͤſtern. Aus der Bauart, den Meublen, den gemalten Fenſtern und
allen Verzierungen ſollte man ſchließen, es waͤre ein Werk aus dem dreyzehnten Jahr-
hundert.
*) v. Kleiſt.
L 2
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