Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.Jezt will man durch die Geschichte nur belu- Bei einem ernsthaften Studium der Ge- Jezt will man durch die Geſchichte nur belu- Bei einem ernſthaften Studium der Ge- <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0042" n="42"/> <p>Jezt will man durch die Geſchichte nur belu-<lb/> ſtigt und nicht belehrt ſeyn, wodurch denn auch<lb/> alles ernſthafte Studium derſelben leiden muß.<lb/> Jch daͤchte die Summe der ſeichten oberflaͤch-<lb/> lichen Koͤpfe waͤre ſchon groß genug, die alles<lb/> durch eine beliebige Quinteſſenz verſchlun-<lb/> gen zu haben glauben, die mit Verachtung<lb/> auf einen wahren Gelehrten, als auf einen Pe-<lb/> danten herabſehen; warum ſucht man ſie zu<lb/> vergroͤßern? das wahre Studium der Geſchich-<lb/> te erfordert Geduld, Anſtrengung, Vorkennt-<lb/> niße, Ansdauren, lauter Eigenſchaften wodurch<lb/> Juͤnglinge fuͤr die Welt gebildet werden muͤſſen.<lb/> Eigenliebe, Abſcheu an ernſthaften Beſchaͤftigun-<lb/> gen bringen ſchon Uebereilung und Jrthum genug<lb/> hervor; warum giebt man ihr ſo viele Nah-<lb/> tung? Spielereien helfen zu nichts. Sollten<lb/> die Schriftſteller den ungluͤcklichen Einfall ha-<lb/> ben in ihren dialogiſiren fortzufahren: ſo wer-<lb/> den wir nicht wiſſen, wo wir mit den hiſtori-<lb/> ſchen Viel- und Nichtswiſſern hinaus ſollen.</p><lb/> <p>Bei einem ernſthaften Studium der Ge-<lb/> ſchichte wird der Geiſt durch eine gewiſ-<lb/> ſe Kritik: geuͤbt auch Kleinigkeiten mit ei-<lb/> ner großen Genauigkeit zu behandeln, und dies iſt<lb/> fuͤr das praktiſche Leben gewiß nicht ohne Nu-<lb/> tzen. Auf dieſer Bahn liegen ſo viele Bluͤthen,<lb/> die weißlich geſammlet endlich einen ſchoͤnen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0042]
Jezt will man durch die Geſchichte nur belu-
ſtigt und nicht belehrt ſeyn, wodurch denn auch
alles ernſthafte Studium derſelben leiden muß.
Jch daͤchte die Summe der ſeichten oberflaͤch-
lichen Koͤpfe waͤre ſchon groß genug, die alles
durch eine beliebige Quinteſſenz verſchlun-
gen zu haben glauben, die mit Verachtung
auf einen wahren Gelehrten, als auf einen Pe-
danten herabſehen; warum ſucht man ſie zu
vergroͤßern? das wahre Studium der Geſchich-
te erfordert Geduld, Anſtrengung, Vorkennt-
niße, Ansdauren, lauter Eigenſchaften wodurch
Juͤnglinge fuͤr die Welt gebildet werden muͤſſen.
Eigenliebe, Abſcheu an ernſthaften Beſchaͤftigun-
gen bringen ſchon Uebereilung und Jrthum genug
hervor; warum giebt man ihr ſo viele Nah-
tung? Spielereien helfen zu nichts. Sollten
die Schriftſteller den ungluͤcklichen Einfall ha-
ben in ihren dialogiſiren fortzufahren: ſo wer-
den wir nicht wiſſen, wo wir mit den hiſtori-
ſchen Viel- und Nichtswiſſern hinaus ſollen.
Bei einem ernſthaften Studium der Ge-
ſchichte wird der Geiſt durch eine gewiſ-
ſe Kritik: geuͤbt auch Kleinigkeiten mit ei-
ner großen Genauigkeit zu behandeln, und dies iſt
fuͤr das praktiſche Leben gewiß nicht ohne Nu-
tzen. Auf dieſer Bahn liegen ſo viele Bluͤthen,
die weißlich geſammlet endlich einen ſchoͤnen
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