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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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gelegt wäre. Das Gegentheil, dünkt mich,
läßt sich evident darthun. Jch glaube dies er-
hellt auch schon aus meinen vorigen Briefen-
und wird es noch mehr aus den folgenden.
Wenn sich jeder Leser genau kennte: so würde
er nicht so lesen, wie er liest; und wenn er
mehr aufmerksam auf sich selbst wäre: so wür-
de er auch den Schaden nicht übersehen, der
daraus entstehet. Da nur gelesen wird um
zu lesen: so wird auch nur geschrieben um zu
schreiben. Die Lesegesellschaften, so sehr sie
auch zu empfehlen sind, stiften bis jezt im all-
gemeinen mehr Schaden als Nutzen, und bedürf-
ten wol eines guten Censors. Durch sie kommt
so manches im Umlauf was den Sitten, dem
öffentlichen und häuslichen Glück, höchst nach-
theilig ist. Die Leser müssen auf Kosten ihres
Beutels und nicht selten ihrer Moralität, ihren
Zeitvertreib oder ihre Neugierde, theuer be-
zahlen.



gelegt waͤre. Das Gegentheil, duͤnkt mich,
laͤßt ſich evident darthun. Jch glaube dies er-
hellt auch ſchon aus meinen vorigen Briefen-
und wird es noch mehr aus den folgenden.
Wenn ſich jeder Leſer genau kennte: ſo wuͤrde
er nicht ſo leſen, wie er lieſt; und wenn er
mehr aufmerkſam auf ſich ſelbſt waͤre: ſo wuͤr-
de er auch den Schaden nicht uͤberſehen, der
daraus entſtehet. Da nur geleſen wird um
zu leſen: ſo wird auch nur geſchrieben um zu
ſchreiben. Die Leſegeſellſchaften, ſo ſehr ſie
auch zu empfehlen ſind, ſtiften bis jezt im all-
gemeinen mehr Schaden als Nutzen, und beduͤrf-
ten wol eines guten Cenſors. Durch ſie kommt
ſo manches im Umlauf was den Sitten, dem
oͤffentlichen und haͤuslichen Gluͤck, hoͤchſt nach-
theilig iſt. Die Leſer muͤſſen auf Koſten ihres
Beutels und nicht ſelten ihrer Moralitaͤt, ihren
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zahlen.



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[98/0098] gelegt waͤre. Das Gegentheil, duͤnkt mich, laͤßt ſich evident darthun. Jch glaube dies er- hellt auch ſchon aus meinen vorigen Briefen- und wird es noch mehr aus den folgenden. Wenn ſich jeder Leſer genau kennte: ſo wuͤrde er nicht ſo leſen, wie er lieſt; und wenn er mehr aufmerkſam auf ſich ſelbſt waͤre: ſo wuͤr- de er auch den Schaden nicht uͤberſehen, der daraus entſtehet. Da nur geleſen wird um zu leſen: ſo wird auch nur geſchrieben um zu ſchreiben. Die Leſegeſellſchaften, ſo ſehr ſie auch zu empfehlen ſind, ſtiften bis jezt im all- gemeinen mehr Schaden als Nutzen, und beduͤrf- ten wol eines guten Cenſors. Durch ſie kommt ſo manches im Umlauf was den Sitten, dem oͤffentlichen und haͤuslichen Gluͤck, hoͤchſt nach- theilig iſt. Die Leſer muͤſſen auf Koſten ihres Beutels und nicht ſelten ihrer Moralitaͤt, ihren Zeitvertreib oder ihre Neugierde, theuer be- zahlen.

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/98>, abgerufen am 24.11.2024.