Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Lust behagt? Der läßt sich nicht einsperren und dressiren wie ein Jagdhund, er stößt sich lieber den Kopf am Gitter entzwei. Nein, wenn ich was gelten und schaffen soll, muß ich auf eigenen Füßen stehen, für mich und die Meinen frei wirken können. Selbst ist der Mann! das ist mein Spruch. -- Und der taugt nichts, entgegnete ich, denn er ist eine Lüge, da du doch nie ohne andere Leute was zu Ende bringen kannst. -- Gleichviel, versetzte er, ich gehe eben nicht, ich hänge an meinem Geschäft, ich mag nicht fern sein von den drei Alten und nicht -- Er brach ab. -- Aha! fiel ich lachend ein, liegt da der Hund? Ist also auch schon was Liebes da, Junge? -- Warum berg' ich's Euch? gab er munter zur Antwort. Ja, es ist die Marie dort vom Landesend'. Wir sollen noch zwei Jahre warten; dann will mir der Alte sein Boot abtreten, daß ich mir selbst mein Brod verdienen kann. Der Junge hatte keinen Übeln Geschmack, denn es war das properste und sauberste Weibsbild weit und breit, ein Geschöpf, dem man auch den ausländischen, französischen Vater ansah: ein schlanker Körper, ein geschmeidiger Wuchs, feine, aber nervige Glieder, bräunliche Farbe und schwarze Augen und Haare am kleinen Kopf. Nachher in Frankreich, da bei den Wallonen, hab' ich viele ihres Gleichen gefunden. Sie Paßte zum Rolof wie Fett zum Feuer, aber es Lust behagt? Der läßt sich nicht einsperren und dressiren wie ein Jagdhund, er stößt sich lieber den Kopf am Gitter entzwei. Nein, wenn ich was gelten und schaffen soll, muß ich auf eigenen Füßen stehen, für mich und die Meinen frei wirken können. Selbst ist der Mann! das ist mein Spruch. — Und der taugt nichts, entgegnete ich, denn er ist eine Lüge, da du doch nie ohne andere Leute was zu Ende bringen kannst. — Gleichviel, versetzte er, ich gehe eben nicht, ich hänge an meinem Geschäft, ich mag nicht fern sein von den drei Alten und nicht — Er brach ab. — Aha! fiel ich lachend ein, liegt da der Hund? Ist also auch schon was Liebes da, Junge? — Warum berg' ich's Euch? gab er munter zur Antwort. Ja, es ist die Marie dort vom Landesend'. Wir sollen noch zwei Jahre warten; dann will mir der Alte sein Boot abtreten, daß ich mir selbst mein Brod verdienen kann. Der Junge hatte keinen Übeln Geschmack, denn es war das properste und sauberste Weibsbild weit und breit, ein Geschöpf, dem man auch den ausländischen, französischen Vater ansah: ein schlanker Körper, ein geschmeidiger Wuchs, feine, aber nervige Glieder, bräunliche Farbe und schwarze Augen und Haare am kleinen Kopf. Nachher in Frankreich, da bei den Wallonen, hab' ich viele ihres Gleichen gefunden. Sie Paßte zum Rolof wie Fett zum Feuer, aber es <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0021"/> Lust behagt? Der läßt sich nicht einsperren und dressiren wie ein Jagdhund, er stößt sich lieber den Kopf am Gitter entzwei. Nein, wenn ich was gelten und schaffen soll, muß ich auf eigenen Füßen stehen, für mich und die Meinen frei wirken können. Selbst ist der Mann! das ist mein Spruch. — Und der taugt nichts, entgegnete ich, denn er ist eine Lüge, da du doch nie ohne andere Leute was zu Ende bringen kannst. — Gleichviel, versetzte er, ich gehe eben nicht, ich hänge an meinem Geschäft, ich mag nicht fern sein von den drei Alten und nicht — Er brach ab. — Aha! fiel ich lachend ein, liegt da der Hund? Ist also auch schon was Liebes da, Junge? — Warum berg' ich's Euch? gab er munter zur Antwort. Ja, es ist die Marie dort vom Landesend'. Wir sollen noch zwei Jahre warten; dann will mir der Alte sein Boot abtreten, daß ich mir selbst mein Brod verdienen kann.</p><lb/> <p>Der Junge hatte keinen Übeln Geschmack, denn es war das properste und sauberste Weibsbild weit und breit, ein Geschöpf, dem man auch den ausländischen, französischen Vater ansah: ein schlanker Körper, ein geschmeidiger Wuchs, feine, aber nervige Glieder, bräunliche Farbe und schwarze Augen und Haare am kleinen Kopf. Nachher in Frankreich, da bei den Wallonen, hab' ich viele ihres Gleichen gefunden. Sie Paßte zum Rolof wie Fett zum Feuer, aber es<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0021]
Lust behagt? Der läßt sich nicht einsperren und dressiren wie ein Jagdhund, er stößt sich lieber den Kopf am Gitter entzwei. Nein, wenn ich was gelten und schaffen soll, muß ich auf eigenen Füßen stehen, für mich und die Meinen frei wirken können. Selbst ist der Mann! das ist mein Spruch. — Und der taugt nichts, entgegnete ich, denn er ist eine Lüge, da du doch nie ohne andere Leute was zu Ende bringen kannst. — Gleichviel, versetzte er, ich gehe eben nicht, ich hänge an meinem Geschäft, ich mag nicht fern sein von den drei Alten und nicht — Er brach ab. — Aha! fiel ich lachend ein, liegt da der Hund? Ist also auch schon was Liebes da, Junge? — Warum berg' ich's Euch? gab er munter zur Antwort. Ja, es ist die Marie dort vom Landesend'. Wir sollen noch zwei Jahre warten; dann will mir der Alte sein Boot abtreten, daß ich mir selbst mein Brod verdienen kann.
Der Junge hatte keinen Übeln Geschmack, denn es war das properste und sauberste Weibsbild weit und breit, ein Geschöpf, dem man auch den ausländischen, französischen Vater ansah: ein schlanker Körper, ein geschmeidiger Wuchs, feine, aber nervige Glieder, bräunliche Farbe und schwarze Augen und Haare am kleinen Kopf. Nachher in Frankreich, da bei den Wallonen, hab' ich viele ihres Gleichen gefunden. Sie Paßte zum Rolof wie Fett zum Feuer, aber es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T11:37:13Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T11:37:13Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |