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Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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geben, daß ich ihm zwanzig Jahre dienen und knechten, wie ein Hund mich dressiren und hudeln lassen soll, meine Jugend vergeuden, meine Kraft zu Grunde richten, all mein Glück und Leben verlieren dafür, daß er mich das Fleckchen Erde für mein gutes Geld erwerben läßt, wo ich mein Haus baue? Das ist bei Gott ein jüdischer Tausch! Und weil ich meine Freiheit wahrte, mein Recht -- darum in Eisen!

So ging es immer fort. Ihr müßt nicht glauben, daß dies, was ich euch erzähle, Alles war; ich kann es euch nur nicht so wiedergeben, viel hab' ich auch vergessen. Vieles war darin, was falsch war und weit übertrieben und ganz lästerlich, aber eben so viel war auch gut und wahr, was auch mir schon durch den Kopf gegangen war, wenn ich einmal in müßigen Stunden an dies und das gedacht hatte, und was später oft gerade so gekommen ist, wie der arme Kerl es damals sagte. Und da stand er vor mir, so ganz hoch und stolz trotz Fesseln und Lumpen, daß mich darob eine ordentliche Ehrfurcht packte. Und es war doch nur ein junger, bartloser Bursch, meines Gleichen an Geburt und Rang, das heißt ein Nichts, ein tolles, wildes Geschöpf, das nie viel in die Bücher gesehen und kaum jemals die Schule besucht hatte. So war aber auch nur der Rolof.

Und es hilft dir Alles nichts, sagte ich endlich, und das Ende vom Liede ist, daß du nach meiner Trommel marschiren mußt. Das danke deinem Alten

geben, daß ich ihm zwanzig Jahre dienen und knechten, wie ein Hund mich dressiren und hudeln lassen soll, meine Jugend vergeuden, meine Kraft zu Grunde richten, all mein Glück und Leben verlieren dafür, daß er mich das Fleckchen Erde für mein gutes Geld erwerben läßt, wo ich mein Haus baue? Das ist bei Gott ein jüdischer Tausch! Und weil ich meine Freiheit wahrte, mein Recht — darum in Eisen!

So ging es immer fort. Ihr müßt nicht glauben, daß dies, was ich euch erzähle, Alles war; ich kann es euch nur nicht so wiedergeben, viel hab' ich auch vergessen. Vieles war darin, was falsch war und weit übertrieben und ganz lästerlich, aber eben so viel war auch gut und wahr, was auch mir schon durch den Kopf gegangen war, wenn ich einmal in müßigen Stunden an dies und das gedacht hatte, und was später oft gerade so gekommen ist, wie der arme Kerl es damals sagte. Und da stand er vor mir, so ganz hoch und stolz trotz Fesseln und Lumpen, daß mich darob eine ordentliche Ehrfurcht packte. Und es war doch nur ein junger, bartloser Bursch, meines Gleichen an Geburt und Rang, das heißt ein Nichts, ein tolles, wildes Geschöpf, das nie viel in die Bücher gesehen und kaum jemals die Schule besucht hatte. So war aber auch nur der Rolof.

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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:37:13Z)

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Zitationshilfe: Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/29>, abgerufen am 01.05.2024.