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Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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das ist unchristlich, Bursch. Vielleicht ist er an dem Streich unschuldig; denn Corporal Heinzel ist ein alter, geriebener, schlauer Vogel und ganz gut im Stande, dich ohne fremde Hülfe zu fangen. Dafür liegt er jetzt, erwiderte der Junge, und vergessen wird er mich nicht. Den Obercontroleur aber, den Hund, hab' ich erkannt trotz seiner Vermummung, und das hab' ich meinem Vater auch sagen lassen. Der soll ihn mir nun aufheben und bewahren wie sein Augenlicht, denn der Bursche ist mein, mein, und wehe dem, der Hand an ihn legt! Denn, Ohm, versteht mich, fuhr er fort und schüttelte seine Ketten wie rasend, wo die erst in ein Fleisch gehen, das ihrer nicht gewohnt und nicht für sie gewachsen ist, da hört Gott und Christlichkeit auf, und es regiert allein der Teufel. Ja -- in Eisen, ich! Das vergess' ich nicht, und sollt' ich den jüngsten Tag erleben!

Ja, die Ketten! Die schnitten ihm nicht allein in Arm und Bein, sie waren ihm bis ans Leben, bis an die Seele gedrungen und hatten ihn, so zu sagen, ganz und gar umhüllt. Da konnte all mein Zureden nur vergeblich sein; das sah ich ein und schwieg daher still und ließ ihn reden. Aber da ich ihn nun allgemach ruhiger werden sah, begann ich jetzt von der nächsten Zeit zu sprechen, wie er sich drein ergeben und sein Schicksal tragen müsse wie ein Mann; ich stellte ihm das Soldatenleben, den Dienst, seine neuen Pflichten so gelind und gut vor, wie ich es nur immer konnte,

das ist unchristlich, Bursch. Vielleicht ist er an dem Streich unschuldig; denn Corporal Heinzel ist ein alter, geriebener, schlauer Vogel und ganz gut im Stande, dich ohne fremde Hülfe zu fangen. Dafür liegt er jetzt, erwiderte der Junge, und vergessen wird er mich nicht. Den Obercontroleur aber, den Hund, hab' ich erkannt trotz seiner Vermummung, und das hab' ich meinem Vater auch sagen lassen. Der soll ihn mir nun aufheben und bewahren wie sein Augenlicht, denn der Bursche ist mein, mein, und wehe dem, der Hand an ihn legt! Denn, Ohm, versteht mich, fuhr er fort und schüttelte seine Ketten wie rasend, wo die erst in ein Fleisch gehen, das ihrer nicht gewohnt und nicht für sie gewachsen ist, da hört Gott und Christlichkeit auf, und es regiert allein der Teufel. Ja — in Eisen, ich! Das vergess' ich nicht, und sollt' ich den jüngsten Tag erleben!

Ja, die Ketten! Die schnitten ihm nicht allein in Arm und Bein, sie waren ihm bis ans Leben, bis an die Seele gedrungen und hatten ihn, so zu sagen, ganz und gar umhüllt. Da konnte all mein Zureden nur vergeblich sein; das sah ich ein und schwieg daher still und ließ ihn reden. Aber da ich ihn nun allgemach ruhiger werden sah, begann ich jetzt von der nächsten Zeit zu sprechen, wie er sich drein ergeben und sein Schicksal tragen müsse wie ein Mann; ich stellte ihm das Soldatenleben, den Dienst, seine neuen Pflichten so gelind und gut vor, wie ich es nur immer konnte,

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[0033] das ist unchristlich, Bursch. Vielleicht ist er an dem Streich unschuldig; denn Corporal Heinzel ist ein alter, geriebener, schlauer Vogel und ganz gut im Stande, dich ohne fremde Hülfe zu fangen. Dafür liegt er jetzt, erwiderte der Junge, und vergessen wird er mich nicht. Den Obercontroleur aber, den Hund, hab' ich erkannt trotz seiner Vermummung, und das hab' ich meinem Vater auch sagen lassen. Der soll ihn mir nun aufheben und bewahren wie sein Augenlicht, denn der Bursche ist mein, mein, und wehe dem, der Hand an ihn legt! Denn, Ohm, versteht mich, fuhr er fort und schüttelte seine Ketten wie rasend, wo die erst in ein Fleisch gehen, das ihrer nicht gewohnt und nicht für sie gewachsen ist, da hört Gott und Christlichkeit auf, und es regiert allein der Teufel. Ja — in Eisen, ich! Das vergess' ich nicht, und sollt' ich den jüngsten Tag erleben! Ja, die Ketten! Die schnitten ihm nicht allein in Arm und Bein, sie waren ihm bis ans Leben, bis an die Seele gedrungen und hatten ihn, so zu sagen, ganz und gar umhüllt. Da konnte all mein Zureden nur vergeblich sein; das sah ich ein und schwieg daher still und ließ ihn reden. Aber da ich ihn nun allgemach ruhiger werden sah, begann ich jetzt von der nächsten Zeit zu sprechen, wie er sich drein ergeben und sein Schicksal tragen müsse wie ein Mann; ich stellte ihm das Soldatenleben, den Dienst, seine neuen Pflichten so gelind und gut vor, wie ich es nur immer konnte,

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:37:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:37:13Z)

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Zitationshilfe: Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/33>, abgerufen am 21.11.2024.