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Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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gebunden bist? Er sah mich groß an und schüttelte lachend den Kopf. Was fällt Euch ein, Ohm? fragte er. Leider ist es so, und darum bleib' ich auch. Ohne meinen Schwur wär' ich lange fort. -- So geh! sagte ich, und mich reuten nun die verdammten, voreiligen Worte; es ist Zeit, Bursch! -- Und er ging; er that an dem Tage seine vierte Wache.

Nachher sah ich ihn in Reih' und Glied so schmuck wie immer; Nachmittags, da ich ihn einen Augenblick lang sprach, war er voll guter Laune. Da wünscht' ich ihm gute Wache und ging meiner Wege. Damals hatte die Stadt noch ihre Festungswerke, aber sie waren bereits in argem Verfall und wurden weiter nicht besetzt, als daß man in der sogenannten Sternbastion einen Posten aufstellte, weil die Zolldefraudanten gemeiniglich dort ihren Weg in die Stadt zu suchen pflegten. Schaut dorthin, wo jetzt die Boscage mit den drei Pappeln in der Mitte ist, da war die Sternschanze, und da stand der Rolof damals auf Posten.

Gegen Abend drehte sich der Wind mehr und mehr nach Osten, die Lust blieb gleich angenehm wie am Tage, aber der Himmel bezog sich, und da ich gegen neun Uhr nach Hause ging, war es eine Finsterniß, daß man sie greifen konnte. Ich schlief wenig, da mir der Rolof, Gott weiß weßhalb, fortwährend im Kopfe lag. Gegen vier Uhr hörte ich einen Alarmschuß. Da sprang ich steil aus dem Bett, in die Kleider, die Treppen hinab, nach der Wache. Was ist los? fragte

gebunden bist? Er sah mich groß an und schüttelte lachend den Kopf. Was fällt Euch ein, Ohm? fragte er. Leider ist es so, und darum bleib' ich auch. Ohne meinen Schwur wär' ich lange fort. — So geh! sagte ich, und mich reuten nun die verdammten, voreiligen Worte; es ist Zeit, Bursch! — Und er ging; er that an dem Tage seine vierte Wache.

Nachher sah ich ihn in Reih' und Glied so schmuck wie immer; Nachmittags, da ich ihn einen Augenblick lang sprach, war er voll guter Laune. Da wünscht' ich ihm gute Wache und ging meiner Wege. Damals hatte die Stadt noch ihre Festungswerke, aber sie waren bereits in argem Verfall und wurden weiter nicht besetzt, als daß man in der sogenannten Sternbastion einen Posten aufstellte, weil die Zolldefraudanten gemeiniglich dort ihren Weg in die Stadt zu suchen pflegten. Schaut dorthin, wo jetzt die Boscage mit den drei Pappeln in der Mitte ist, da war die Sternschanze, und da stand der Rolof damals auf Posten.

Gegen Abend drehte sich der Wind mehr und mehr nach Osten, die Lust blieb gleich angenehm wie am Tage, aber der Himmel bezog sich, und da ich gegen neun Uhr nach Hause ging, war es eine Finsterniß, daß man sie greifen konnte. Ich schlief wenig, da mir der Rolof, Gott weiß weßhalb, fortwährend im Kopfe lag. Gegen vier Uhr hörte ich einen Alarmschuß. Da sprang ich steil aus dem Bett, in die Kleider, die Treppen hinab, nach der Wache. Was ist los? fragte

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Zitationshilfe: Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/48>, abgerufen am 21.11.2024.