Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.walt. Ich kann weiter nichts davon sagen. Der General hatte Thränen im Auge, der Oberst auch. Ich kann's nicht, ich darf's nicht! sagte der General und biß die Zähne zusammen und zerdrückte seinen Hut zwischen den Händen. Kinder, brecht mir das Herz nicht! Und wär' es mein Sohn, mein leiblich Kind, es dürfte, könnte nicht sein! Ich stand dabei in dumpfer Ruhe. Alles das hatt' ich ja voraus gewußt und gesagt; es gab weder Hülfe noch Trost. Endlich traten sie ab, ich aber blieb und bat zum ersten- und letztenmal in meinem Leben. Ich wünschte, daß uns das Urtheil so bald als möglich und vor der wirklichen Bekanntmachung mitgetheilt würde, damit wir dann sogleich zu ihm dürfen und ihn ein Paar Stunden länger sehen könnten. Das sagte mir der General sogleich zu; ich solle täglich in die Commandantur kommen und bis zum Schluß der Sitzungen dableiben, um immer bei der Hand zu sein. Wenn er sein Urtheil habe, könnten wir sogleich zu ihm; indessen möge es noch einige Tage anstehen; man wolle ihm wohl, denn es lasse sich viel zu seiner Entschuldigung sagen; es seien noch Zeugen zu verhören, und was dergleichen mehr ist. Ich dankte also tausendmal. Liebst du denn den Burschen so gar sehr? fragte mich der Oberst. -- Was sollt' ich nicht, Ew. Gnaden! sagte ich und brach in Thränen aus; Ew. Gnaden wissen, er ist der Allerletzte von meiner ganzen Freundschaft, denn meine Schwester, haben Sie gesehen, walt. Ich kann weiter nichts davon sagen. Der General hatte Thränen im Auge, der Oberst auch. Ich kann's nicht, ich darf's nicht! sagte der General und biß die Zähne zusammen und zerdrückte seinen Hut zwischen den Händen. Kinder, brecht mir das Herz nicht! Und wär' es mein Sohn, mein leiblich Kind, es dürfte, könnte nicht sein! Ich stand dabei in dumpfer Ruhe. Alles das hatt' ich ja voraus gewußt und gesagt; es gab weder Hülfe noch Trost. Endlich traten sie ab, ich aber blieb und bat zum ersten- und letztenmal in meinem Leben. Ich wünschte, daß uns das Urtheil so bald als möglich und vor der wirklichen Bekanntmachung mitgetheilt würde, damit wir dann sogleich zu ihm dürfen und ihn ein Paar Stunden länger sehen könnten. Das sagte mir der General sogleich zu; ich solle täglich in die Commandantur kommen und bis zum Schluß der Sitzungen dableiben, um immer bei der Hand zu sein. Wenn er sein Urtheil habe, könnten wir sogleich zu ihm; indessen möge es noch einige Tage anstehen; man wolle ihm wohl, denn es lasse sich viel zu seiner Entschuldigung sagen; es seien noch Zeugen zu verhören, und was dergleichen mehr ist. Ich dankte also tausendmal. Liebst du denn den Burschen so gar sehr? fragte mich der Oberst. — Was sollt' ich nicht, Ew. Gnaden! sagte ich und brach in Thränen aus; Ew. Gnaden wissen, er ist der Allerletzte von meiner ganzen Freundschaft, denn meine Schwester, haben Sie gesehen, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0058"/> walt. Ich kann weiter nichts davon sagen. Der General hatte Thränen im Auge, der Oberst auch. Ich kann's nicht, ich darf's nicht! sagte der General und biß die Zähne zusammen und zerdrückte seinen Hut zwischen den Händen. Kinder, brecht mir das Herz nicht! Und wär' es mein Sohn, mein leiblich Kind, es dürfte, könnte nicht sein!</p><lb/> <p>Ich stand dabei in dumpfer Ruhe. Alles das hatt' ich ja voraus gewußt und gesagt; es gab weder Hülfe noch Trost. Endlich traten sie ab, ich aber blieb und bat zum ersten- und letztenmal in meinem Leben. Ich wünschte, daß uns das Urtheil so bald als möglich und vor der wirklichen Bekanntmachung mitgetheilt würde, damit wir dann sogleich zu ihm dürfen und ihn ein Paar Stunden länger sehen könnten. Das sagte mir der General sogleich zu; ich solle täglich in die Commandantur kommen und bis zum Schluß der Sitzungen dableiben, um immer bei der Hand zu sein. Wenn er sein Urtheil habe, könnten wir sogleich zu ihm; indessen möge es noch einige Tage anstehen; man wolle ihm wohl, denn es lasse sich viel zu seiner Entschuldigung sagen; es seien noch Zeugen zu verhören, und was dergleichen mehr ist. Ich dankte also tausendmal. Liebst du denn den Burschen so gar sehr? fragte mich der Oberst. — Was sollt' ich nicht, Ew. Gnaden! sagte ich und brach in Thränen aus; Ew. Gnaden wissen, er ist der Allerletzte von meiner ganzen Freundschaft, denn meine Schwester, haben Sie gesehen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0058]
walt. Ich kann weiter nichts davon sagen. Der General hatte Thränen im Auge, der Oberst auch. Ich kann's nicht, ich darf's nicht! sagte der General und biß die Zähne zusammen und zerdrückte seinen Hut zwischen den Händen. Kinder, brecht mir das Herz nicht! Und wär' es mein Sohn, mein leiblich Kind, es dürfte, könnte nicht sein!
Ich stand dabei in dumpfer Ruhe. Alles das hatt' ich ja voraus gewußt und gesagt; es gab weder Hülfe noch Trost. Endlich traten sie ab, ich aber blieb und bat zum ersten- und letztenmal in meinem Leben. Ich wünschte, daß uns das Urtheil so bald als möglich und vor der wirklichen Bekanntmachung mitgetheilt würde, damit wir dann sogleich zu ihm dürfen und ihn ein Paar Stunden länger sehen könnten. Das sagte mir der General sogleich zu; ich solle täglich in die Commandantur kommen und bis zum Schluß der Sitzungen dableiben, um immer bei der Hand zu sein. Wenn er sein Urtheil habe, könnten wir sogleich zu ihm; indessen möge es noch einige Tage anstehen; man wolle ihm wohl, denn es lasse sich viel zu seiner Entschuldigung sagen; es seien noch Zeugen zu verhören, und was dergleichen mehr ist. Ich dankte also tausendmal. Liebst du denn den Burschen so gar sehr? fragte mich der Oberst. — Was sollt' ich nicht, Ew. Gnaden! sagte ich und brach in Thränen aus; Ew. Gnaden wissen, er ist der Allerletzte von meiner ganzen Freundschaft, denn meine Schwester, haben Sie gesehen,
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Zitationshilfe: | Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/58>, abgerufen am 16.02.2025. |