Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.So, ihr Lieben, auch mir, so will es scheinen, und Niemand Kann von der Stirne mir nehmen den traurigen Traum? 2. Ja! es frommet auch nicht, ihr Todesgötter! wenn einmal Ihr ihn haltet, und fest habt den bezwungenen Mann, Wenn ihr Bösen hinab in die schaurige Nacht ihn genommen, Dann zu suchen, zu flehn, oder zu zürnen mit euch, Oder geduldig auch wohl im furchtsamen Banne zu wohnen, Und mit Lächeln von euch hören das nüchterne Lied. Soll es seyn, so vergiß dein Heil, und schlummere klanglos! Aber doch quillt ein Laut hoffend im Busen Dir auf, Immer kannst Du noch nicht, o meine Seele, noch kannst Du's Nicht gewohnen, und träumst mitten im eisernen Schlaf! So, ihr Lieben, auch mir, ſo will es ſcheinen, und Niemand Kann von der Stirne mir nehmen den traurigen Traum? 2. Ja! es frommet auch nicht, ihr Todesgoͤtter! wenn einmal Ihr ihn haltet, und feſt habt den bezwungenen Mann, Wenn ihr Boͤſen hinab in die ſchaurige Nacht ihn genommen, Dann zu ſuchen, zu flehn, oder zu zuͤrnen mit euch, Oder geduldig auch wohl im furchtſamen Banne zu wohnen, Und mit Laͤcheln von euch hoͤren das nuͤchterne Lied. Soll es ſeyn, ſo vergiß dein Heil, und ſchlummere klanglos! Aber doch quillt ein Laut hoffend im Buſen Dir auf, Immer kannſt Du noch nicht, o meine Seele, noch kannſt Du's Nicht gewohnen, und traͤumſt mitten im eiſernen Schlaf! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0136" n="128"/> <l>So, ihr Lieben, auch mir, ſo will es ſcheinen,</l><lb/> <l>und Niemand</l><lb/> <l>Kann von der Stirne mir nehmen den traurigen</l><lb/> <l>Traum?</l> </lg> </div><lb/> <div n="2"> <head>2.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Ja! es frommet auch nicht, ihr Todesgoͤtter! wenn</l><lb/> <l>einmal</l><lb/> <l>Ihr ihn haltet, und feſt habt den bezwungenen</l><lb/> <l>Mann,</l><lb/> <l>Wenn ihr Boͤſen hinab in die ſchaurige Nacht ihn</l><lb/> <l>genommen,</l><lb/> <l>Dann zu ſuchen, zu flehn, oder zu zuͤrnen mit</l><lb/> <l>euch,</l><lb/> <l>Oder geduldig auch wohl im furchtſamen Banne</l><lb/> <l>zu wohnen,</l><lb/> <l>Und mit Laͤcheln von euch hoͤren das nuͤchterne</l><lb/> <l>Lied.</l><lb/> <l>Soll es ſeyn, ſo vergiß dein Heil, und ſchlummere</l><lb/> <l>klanglos!</l><lb/> <l>Aber doch quillt ein Laut hoffend im Buſen</l><lb/> <l>Dir auf,</l><lb/> <l>Immer kannſt Du noch nicht, o meine Seele, noch</l><lb/> <l>kannſt Du's</l><lb/> <l>Nicht gewohnen, und traͤumſt mitten im eiſernen</l><lb/> <l>Schlaf!</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0136]
So, ihr Lieben, auch mir, ſo will es ſcheinen,
und Niemand
Kann von der Stirne mir nehmen den traurigen
Traum?
2.
Ja! es frommet auch nicht, ihr Todesgoͤtter! wenn
einmal
Ihr ihn haltet, und feſt habt den bezwungenen
Mann,
Wenn ihr Boͤſen hinab in die ſchaurige Nacht ihn
genommen,
Dann zu ſuchen, zu flehn, oder zu zuͤrnen mit
euch,
Oder geduldig auch wohl im furchtſamen Banne
zu wohnen,
Und mit Laͤcheln von euch hoͤren das nuͤchterne
Lied.
Soll es ſeyn, ſo vergiß dein Heil, und ſchlummere
klanglos!
Aber doch quillt ein Laut hoffend im Buſen
Dir auf,
Immer kannſt Du noch nicht, o meine Seele, noch
kannſt Du's
Nicht gewohnen, und traͤumſt mitten im eiſernen
Schlaf!
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