Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.und das Aetherauge verbarg sich ins Tuch, um seine Thränen, seine Verwirrung nicht sehen zu lassen. O Bellarmin! es wollte mir die Brust zerreißen, daß ich sie so schaamroth gemacht. Freunde! rief ich, erhaltet diesen Engel mir. Ich weiß von nichts mehr, wenn ich sie nicht weiß. O Himmel! ich darf nicht denken, wozu ich fähig wäre, wenn ich sie vermißte. Sei ruhig, Hyperion! fiel Notara mir ein. Ruhig? rief ich; o ihr guten Leute! ihr könnt oft sorgen, wie der Garten blühn und wie die Erndte werden wird, ihr könnt für euren Weinstok beten und ich soll ohne Wünsche scheiden von dem Einzigen, dem meine Seele dient? Nein, o du Guter! rief Notara bewegt, nein! ohne Wünsche sollst du mir von ihr nicht scheiden! nein, bei der Götterunschuld eurer Liebe! meinen Seegen habt ihr gewiß. Du mahnst mich, rief ich schnell. Sie soll uns seegnen, diese theure Mutter, soll mit euch uns zeugen - komm Diotima! unsern Bund soll deine Mutter heiligen, bis die schöne Gemeinde, die wir hoffen, uns vermählt. So fiel ich auf ein Knie; mit großem Blik, und das Aetherauge verbarg sich ins Tuch, um seine Thränen, seine Verwirrung nicht sehen zu lassen. O Bellarmin! es wollte mir die Brust zerreißen, daß ich sie so schaamroth gemacht. Freunde! rief ich, erhaltet diesen Engel mir. Ich weiß von nichts mehr, wenn ich sie nicht weiß. O Himmel! ich darf nicht denken, wozu ich fähig wäre, wenn ich sie vermißte. Sei ruhig, Hyperion! fiel Notara mir ein. Ruhig? rief ich; o ihr guten Leute! ihr könnt oft sorgen, wie der Garten blühn und wie die Erndte werden wird, ihr könnt für euren Weinstok beten und ich soll ohne Wünsche scheiden von dem Einzigen, dem meine Seele dient? Nein, o du Guter! rief Notara bewegt, nein! ohne Wünsche sollst du mir von ihr nicht scheiden! nein, bei der Götterunschuld eurer Liebe! meinen Seegen habt ihr gewiß. Du mahnst mich, rief ich schnell. Sie soll uns seegnen, diese theure Mutter, soll mit euch uns zeugen – komm Diotima! unsern Bund soll deine Mutter heiligen, bis die schöne Gemeinde, die wir hoffen, uns vermählt. So fiel ich auf ein Knie; mit großem Blik, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0016"/> und das Aetherauge verbarg sich ins Tuch, um seine Thränen, seine Verwirrung nicht sehen zu lassen.</p><lb/> <p>O Bellarmin! es wollte mir die Brust zerreißen, daß ich sie so schaamroth gemacht. Freunde! rief ich, erhaltet diesen Engel mir. Ich weiß von nichts mehr, wenn ich sie nicht weiß. O Himmel! ich darf nicht denken, wozu ich fähig wäre, wenn ich sie vermißte.</p><lb/> <p>Sei ruhig, Hyperion! fiel Notara mir ein.</p><lb/> <p>Ruhig? rief ich; o ihr guten Leute! ihr könnt oft sorgen, wie der Garten blühn und wie die Erndte werden wird, ihr könnt für euren Weinstok beten und ich soll ohne Wünsche scheiden von dem Einzigen, dem meine Seele dient?</p><lb/> <p>Nein, o du Guter! rief Notara bewegt, nein! ohne Wünsche sollst du mir von ihr nicht scheiden! nein, bei der Götterunschuld eurer Liebe! meinen Seegen habt ihr gewiß.</p><lb/> <p>Du mahnst mich, rief ich schnell. Sie soll uns seegnen, diese theure Mutter, soll mit euch uns zeugen – komm Diotima! unsern Bund soll deine Mutter heiligen, bis die schöne Gemeinde, die wir hoffen, uns vermählt.</p><lb/> <p>So fiel ich auf ein Knie; mit großem Blik, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0016]
und das Aetherauge verbarg sich ins Tuch, um seine Thränen, seine Verwirrung nicht sehen zu lassen.
O Bellarmin! es wollte mir die Brust zerreißen, daß ich sie so schaamroth gemacht. Freunde! rief ich, erhaltet diesen Engel mir. Ich weiß von nichts mehr, wenn ich sie nicht weiß. O Himmel! ich darf nicht denken, wozu ich fähig wäre, wenn ich sie vermißte.
Sei ruhig, Hyperion! fiel Notara mir ein.
Ruhig? rief ich; o ihr guten Leute! ihr könnt oft sorgen, wie der Garten blühn und wie die Erndte werden wird, ihr könnt für euren Weinstok beten und ich soll ohne Wünsche scheiden von dem Einzigen, dem meine Seele dient?
Nein, o du Guter! rief Notara bewegt, nein! ohne Wünsche sollst du mir von ihr nicht scheiden! nein, bei der Götterunschuld eurer Liebe! meinen Seegen habt ihr gewiß.
Du mahnst mich, rief ich schnell. Sie soll uns seegnen, diese theure Mutter, soll mit euch uns zeugen – komm Diotima! unsern Bund soll deine Mutter heiligen, bis die schöne Gemeinde, die wir hoffen, uns vermählt.
So fiel ich auf ein Knie; mit großem Blik,
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