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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.

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mein Stadium, wo ich siegen oder fallen muß. O Pelopones! o ihr Quellen des Eurotas und Alpheus! Da wird es gelten! Aus den spartanischen Wäldern, da wird, wie ein Adler, der alte Landesgenius stürzen mit unsrem Heere, wie mit rauschenden Fittigen.

Meine Seele ist voll von Thatenlust und voll von Liebe, Diotima, und in die griechischen Thäler blikt mein Auge hinaus, als sollt' es magisch gebieten: steigt wieder empor, ihr Städte der Götter!

Ein Gott muß in mir seyn, denn ich fühl' auch unsere Trennung kaum. Wie die seeligen Schatten am Lethe, lebt jezt meine Seele mit deiner in himmlischer Freiheit und das Schiksaal waltet über unsre Liebe nicht mehr.

Hyperion an Diotima.

Ich bin jezt mitten im Pelopones. In derselben Hütte, worinn ich heute übernachte, übernachtete ich einst, da ich, beinahe noch Knabe, mit Adamas diese Gegenden durchzog. Wie saß ich da so glüklich auf der Bank vor dem Hause und lauschte dem Geläute der fernher kommenden Karawane und dem Geplätscher des nahen Brunnens, der unter blü-

mein Stadium, wo ich siegen oder fallen muß. O Pelopones! o ihr Quellen des Eurotas und Alpheus! Da wird es gelten! Aus den spartanischen Wäldern, da wird, wie ein Adler, der alte Landesgenius stürzen mit unsrem Heere, wie mit rauschenden Fittigen.

Meine Seele ist voll von Thatenlust und voll von Liebe, Diotima, und in die griechischen Thäler blikt mein Auge hinaus, als sollt’ es magisch gebieten: steigt wieder empor, ihr Städte der Götter!

Ein Gott muß in mir seyn, denn ich fühl’ auch unsere Trennung kaum. Wie die seeligen Schatten am Lethe, lebt jezt meine Seele mit deiner in himmlischer Freiheit und das Schiksaal waltet über unsre Liebe nicht mehr.

Hyperion an Diotima.

Ich bin jezt mitten im Pelopones. In derselben Hütte, worinn ich heute übernachte, übernachtete ich einst, da ich, beinahe noch Knabe, mit Adamas diese Gegenden durchzog. Wie saß ich da so glüklich auf der Bank vor dem Hause und lauschte dem Geläute der fernher kommenden Karawane und dem Geplätscher des nahen Brunnens, der unter blü-

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[0022] mein Stadium, wo ich siegen oder fallen muß. O Pelopones! o ihr Quellen des Eurotas und Alpheus! Da wird es gelten! Aus den spartanischen Wäldern, da wird, wie ein Adler, der alte Landesgenius stürzen mit unsrem Heere, wie mit rauschenden Fittigen. Meine Seele ist voll von Thatenlust und voll von Liebe, Diotima, und in die griechischen Thäler blikt mein Auge hinaus, als sollt’ es magisch gebieten: steigt wieder empor, ihr Städte der Götter! Ein Gott muß in mir seyn, denn ich fühl’ auch unsere Trennung kaum. Wie die seeligen Schatten am Lethe, lebt jezt meine Seele mit deiner in himmlischer Freiheit und das Schiksaal waltet über unsre Liebe nicht mehr. Hyperion an Diotima. Ich bin jezt mitten im Pelopones. In derselben Hütte, worinn ich heute übernachte, übernachtete ich einst, da ich, beinahe noch Knabe, mit Adamas diese Gegenden durchzog. Wie saß ich da so glüklich auf der Bank vor dem Hause und lauschte dem Geläute der fernher kommenden Karawane und dem Geplätscher des nahen Brunnens, der unter blü-

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion02_1799/22>, abgerufen am 21.11.2024.