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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.

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Morgen schlägt sich unsre Flotte und der Kampf wird heiß genug seyn. Ich betrachte diese Schlacht, wie ein Bad, den Staub mir abzuwaschen; und ich werde wohl finden, was ich wünsche; Wünsche, wie meiner, gewähren an Ort und Stelle sich leicht. Und so hätt' ich doch am Ende durch meinen Feldzug etwas erreicht und sehe, daß unter Menschen keine Mühe vergebens ist.

Fromme Seele! ich möchte sagen, denke meiner, wenn du an mein Grab kömst. Aber sie werden mich wohl in die Meersfluth werfen, und ich seh' es gerne, wenn der Rest von mir da untersinkt, wo die Quellen all' und die Ströme, die ich liebte, sich versammeln, und wo die Wetterwolke aufsteigt, und die Berge tränkt und die Thale, die ich liebte. Und wir? o Diotima! Diotima! wann sehn wir uns wieder?

Es ist unmöglich, und mein innerstes Leben empört sich, wenn ich denken will, als verlören wir uns. Ich würde Jahrtausende lang die Sterne durchwandern, in alle Formen mich kleiden, in alle Sprachen des Lebens, um dir Einmal wieder zu begegnen. Aber ich denke, was sich gleich ist, findet sich bald.

Große Seele! du wirst dich finden kön-

Morgen schlägt sich unsre Flotte und der Kampf wird heiß genug seyn. Ich betrachte diese Schlacht, wie ein Bad, den Staub mir abzuwaschen; und ich werde wohl finden, was ich wünsche; Wünsche, wie meiner, gewähren an Ort und Stelle sich leicht. Und so hätt’ ich doch am Ende durch meinen Feldzug etwas erreicht und sehe, daß unter Menschen keine Mühe vergebens ist.

Fromme Seele! ich möchte sagen, denke meiner, wenn du an mein Grab kömst. Aber sie werden mich wohl in die Meersfluth werfen, und ich seh’ es gerne, wenn der Rest von mir da untersinkt, wo die Quellen all’ und die Ströme, die ich liebte, sich versammeln, und wo die Wetterwolke aufsteigt, und die Berge tränkt und die Thale, die ich liebte. Und wir? o Diotima! Diotima! wann sehn wir uns wieder?

Es ist unmöglich, und mein innerstes Leben empört sich, wenn ich denken will, als verlören wir uns. Ich würde Jahrtausende lang die Sterne durchwandern, in alle Formen mich kleiden, in alle Sprachen des Lebens, um dir Einmal wieder zu begegnen. Aber ich denke, was sich gleich ist, findet sich bald.

Große Seele! du wirst dich finden kön-

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[0055] Morgen schlägt sich unsre Flotte und der Kampf wird heiß genug seyn. Ich betrachte diese Schlacht, wie ein Bad, den Staub mir abzuwaschen; und ich werde wohl finden, was ich wünsche; Wünsche, wie meiner, gewähren an Ort und Stelle sich leicht. Und so hätt’ ich doch am Ende durch meinen Feldzug etwas erreicht und sehe, daß unter Menschen keine Mühe vergebens ist. Fromme Seele! ich möchte sagen, denke meiner, wenn du an mein Grab kömst. Aber sie werden mich wohl in die Meersfluth werfen, und ich seh’ es gerne, wenn der Rest von mir da untersinkt, wo die Quellen all’ und die Ströme, die ich liebte, sich versammeln, und wo die Wetterwolke aufsteigt, und die Berge tränkt und die Thale, die ich liebte. Und wir? o Diotima! Diotima! wann sehn wir uns wieder? Es ist unmöglich, und mein innerstes Leben empört sich, wenn ich denken will, als verlören wir uns. Ich würde Jahrtausende lang die Sterne durchwandern, in alle Formen mich kleiden, in alle Sprachen des Lebens, um dir Einmal wieder zu begegnen. Aber ich denke, was sich gleich ist, findet sich bald. Große Seele! du wirst dich finden kön-

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion02_1799/55>, abgerufen am 28.11.2024.