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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.

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Hyperion an Bellarmin.

Diotimas Erblassen, da sie Alabandas Brief las, gieng mir durch die Seele. Drauf fieng sie an, gelassen und ernst, den Schritt mir abzurathen und wir sprachen manches hin und wieder. O ihr Gewaltsamen! rief sie endlich, die ihr so schnell zum Äußersten seyd, denkt an die Nemesis!

Wer Äußerstes leidet, sagt' ich, dem ist das Äußerste recht.

Wenns auch recht ist, sagte sie, du bist dazu nicht geboren.

So scheint es, sagt' ich; ich hab' auch lange genug gesäumt. O ich möchte einen Atlas auf mich laden, um die Schulden meiner Jugend abzutragen. Hab' ich ein Bewustseyn? hab' ich ein Bleiben in mir? O laß mich, Diotima! Hier, gerad in solcher Arbeit muß ich es erbeuten.

Das ist eitel Übermuth! rief Diotima; neulich warst du bescheidner, neulich, da du sagtest, ich muß noch ausgehn, zu lernen.

Liebe Sophistin! rief ich, damals war ja auch von ganz was anderem die Rede. In den Olymp des Göttlichschönen, wo aus ewigjungen Quellen das Wahre mit allem Guten

Hyperion an Bellarmin.

Diotimas Erblassen, da sie Alabandas Brief las, gieng mir durch die Seele. Drauf fieng sie an, gelassen und ernst, den Schritt mir abzurathen und wir sprachen manches hin und wieder. O ihr Gewaltsamen! rief sie endlich, die ihr so schnell zum Äußersten seyd, denkt an die Nemesis!

Wer Äußerstes leidet, sagt’ ich, dem ist das Äußerste recht.

Wenns auch recht ist, sagte sie, du bist dazu nicht geboren.

So scheint es, sagt’ ich; ich hab’ auch lange genug gesäumt. O ich möchte einen Atlas auf mich laden, um die Schulden meiner Jugend abzutragen. Hab’ ich ein Bewustseyn? hab’ ich ein Bleiben in mir? O laß mich, Diotima! Hier, gerad in solcher Arbeit muß ich es erbeuten.

Das ist eitel Übermuth! rief Diotima; neulich warst du bescheidner, neulich, da du sagtest, ich muß noch ausgehn, zu lernen.

Liebe Sophistin! rief ich, damals war ja auch von ganz was anderem die Rede. In den Olymp des Göttlichschönen, wo aus ewigjungen Quellen das Wahre mit allem Guten

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[0008] Hyperion an Bellarmin. Diotimas Erblassen, da sie Alabandas Brief las, gieng mir durch die Seele. Drauf fieng sie an, gelassen und ernst, den Schritt mir abzurathen und wir sprachen manches hin und wieder. O ihr Gewaltsamen! rief sie endlich, die ihr so schnell zum Äußersten seyd, denkt an die Nemesis! Wer Äußerstes leidet, sagt’ ich, dem ist das Äußerste recht. Wenns auch recht ist, sagte sie, du bist dazu nicht geboren. So scheint es, sagt’ ich; ich hab’ auch lange genug gesäumt. O ich möchte einen Atlas auf mich laden, um die Schulden meiner Jugend abzutragen. Hab’ ich ein Bewustseyn? hab’ ich ein Bleiben in mir? O laß mich, Diotima! Hier, gerad in solcher Arbeit muß ich es erbeuten. Das ist eitel Übermuth! rief Diotima; neulich warst du bescheidner, neulich, da du sagtest, ich muß noch ausgehn, zu lernen. Liebe Sophistin! rief ich, damals war ja auch von ganz was anderem die Rede. In den Olymp des Göttlichschönen, wo aus ewigjungen Quellen das Wahre mit allem Guten

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion02_1799/8>, abgerufen am 21.11.2024.