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Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783.

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Verleumdet nicht, und spielt nicht die Kokette,
Wird durch kein leer Gewäsch entzückt;
Schläft ruhig ein, und springt aus ihrem Bette,
So bald die Sonn' ins Fenster blickt.
Sie singt, beim Ramen und beim Spinnerocken,
Ein weltlich oder geistlich Lied,
Die Morgenhaub' um ihre blonden Locken,
Bis ihre stille Traur entflieht.
Die Dame selbst würd' aus dem goldnen Wagen
Nach deiner lieben Hanne sehn,
Und knirschend sich den platten Busen schlagen,
Und seufzen: Sie ist wahrlich schön!
Ja, sie ist schön! Der ganze Mai umschwebet
Ihr weisses lächelndes Gesicht;
Ihr Busen bebt, wie eine Blume bebet,
Die eben aus der Knospe bricht.
Die
Verleumdet nicht, und ſpielt nicht die Kokette,
Wird durch kein leer Gewäſch entzückt;
Schläft ruhig ein, und ſpringt aus ihrem Bette,
So bald die Sonn' ins Fenſter blickt.
Sie ſingt, beim Ramen und beim Spinnerocken,
Ein weltlich oder geiſtlich Lied,
Die Morgenhaub' um ihre blonden Locken,
Bis ihre ſtille Traur entflieht.
Die Dame ſelbſt würd' aus dem goldnen Wagen
Nach deiner lieben Hanne ſehn,
Und knirſchend ſich den platten Buſen ſchlagen,
Und ſeufzen: Sie iſt wahrlich ſchön!
Ja, ſie iſt ſchön! Der ganze Mai umſchwebet
Ihr weiſſes lächelndes Geſicht;
Ihr Buſen bebt, wie eine Blume bebet,
Die eben aus der Knoſpe bricht.
Die
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[77/0117] Verleumdet nicht, und ſpielt nicht die Kokette, Wird durch kein leer Gewäſch entzückt; Schläft ruhig ein, und ſpringt aus ihrem Bette, So bald die Sonn' ins Fenſter blickt. Sie ſingt, beim Ramen und beim Spinnerocken, Ein weltlich oder geiſtlich Lied, Die Morgenhaub' um ihre blonden Locken, Bis ihre ſtille Traur entflieht. Die Dame ſelbſt würd' aus dem goldnen Wagen Nach deiner lieben Hanne ſehn, Und knirſchend ſich den platten Buſen ſchlagen, Und ſeufzen: Sie iſt wahrlich ſchön! Ja, ſie iſt ſchön! Der ganze Mai umſchwebet Ihr weiſſes lächelndes Geſicht; Ihr Buſen bebt, wie eine Blume bebet, Die eben aus der Knoſpe bricht. Die

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Zitationshilfe: Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783/117>, abgerufen am 18.05.2024.