Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

drang mich wie ein wonnevoller Schmerz
die Liebe, welche mich sonst an ihn gefesselt
hatte. Ich vergoß heiße Thränen, ich drück¬
te seine Hände an die Lippen. Er umarmte
mich, und es war mir, als wisse er nun
meine geheimsten Gedanken, und ertheile mir
die Freiheit, dem Verhängniß nachzugeben,
das, über mich waltend, nach Minuten langer
Seeligkeit mich vielleicht in ewiges Verder¬
ben stürzen konnte.

Nun war die Flucht unnöthig geworden,
ich konnte das Kloster verlassen, und ihr, ihr,
ohne die nun keine Ruhe, kein Heil für mich
hienieden zu finden, rastlos folgen, bis ich
sie gefunden. Die Reise nach Rom, die Auf¬
träge dahin, schienen mir nur von Leonar¬
dus ersonnen, um mich auf schickliche Weise
aus dem Kloster zu entlassen.

Die Nacht brachte ich betend, und mich
bereitend zur Reise, zu, den Rest des geheim¬
nißvollen Weins füllte ich in eine Korbfla¬
sche, um ihn als bewährtes Wirkungsmittel

drang mich wie ein wonnevoller Schmerz
die Liebe, welche mich ſonſt an ihn gefeſſelt
hatte. Ich vergoß heiße Thraͤnen, ich druͤck¬
te ſeine Haͤnde an die Lippen. Er umarmte
mich, und es war mir, als wiſſe er nun
meine geheimſten Gedanken, und ertheile mir
die Freiheit, dem Verhaͤngniß nachzugeben,
das, uͤber mich waltend, nach Minuten langer
Seeligkeit mich vielleicht in ewiges Verder¬
ben ſtuͤrzen konnte.

Nun war die Flucht unnoͤthig geworden,
ich konnte das Kloſter verlaſſen, und ihr, ihr,
ohne die nun keine Ruhe, kein Heil fuͤr mich
hienieden zu finden, raſtlos folgen, bis ich
ſie gefunden. Die Reiſe nach Rom, die Auf¬
traͤge dahin, ſchienen mir nur von Leonar¬
dus erſonnen, um mich auf ſchickliche Weiſe
aus dem Kloſter zu entlaſſen.

Die Nacht brachte ich betend, und mich
bereitend zur Reiſe, zu, den Reſt des geheim¬
nißvollen Weins fuͤllte ich in eine Korbfla¬
ſche, um ihn als bewaͤhrtes Wirkungsmittel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0109" n="93"/>
drang mich wie ein wonnevoller Schmerz<lb/><hi rendition="#g">die</hi> Liebe, welche mich &#x017F;on&#x017F;t an ihn gefe&#x017F;&#x017F;elt<lb/>
hatte. Ich vergoß heiße Thra&#x0364;nen, ich dru&#x0364;ck¬<lb/>
te &#x017F;eine Ha&#x0364;nde an die Lippen. Er umarmte<lb/>
mich, und es war mir, als wi&#x017F;&#x017F;e er nun<lb/>
meine geheim&#x017F;ten Gedanken, und ertheile mir<lb/>
die Freiheit, dem Verha&#x0364;ngniß nachzugeben,<lb/>
das, u&#x0364;ber mich waltend, nach Minuten langer<lb/>
Seeligkeit mich vielleicht in ewiges Verder¬<lb/>
ben &#x017F;tu&#x0364;rzen konnte.</p><lb/>
            <p>Nun war die Flucht unno&#x0364;thig geworden,<lb/>
ich konnte das Klo&#x017F;ter verla&#x017F;&#x017F;en, und ihr, ihr,<lb/>
ohne die nun keine Ruhe, kein Heil fu&#x0364;r mich<lb/>
hienieden zu finden, ra&#x017F;tlos folgen, bis ich<lb/>
&#x017F;ie gefunden. Die Rei&#x017F;e nach Rom, die Auf¬<lb/>
tra&#x0364;ge dahin, &#x017F;chienen mir nur von Leonar¬<lb/>
dus er&#x017F;onnen, um mich auf &#x017F;chickliche Wei&#x017F;e<lb/>
aus dem Klo&#x017F;ter zu entla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Die Nacht brachte ich betend, und mich<lb/>
bereitend zur Rei&#x017F;e, zu, den Re&#x017F;t des geheim¬<lb/>
nißvollen Weins fu&#x0364;llte ich in eine Korbfla¬<lb/>
&#x017F;che, um ihn als bewa&#x0364;hrtes Wirkungsmittel<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0109] drang mich wie ein wonnevoller Schmerz die Liebe, welche mich ſonſt an ihn gefeſſelt hatte. Ich vergoß heiße Thraͤnen, ich druͤck¬ te ſeine Haͤnde an die Lippen. Er umarmte mich, und es war mir, als wiſſe er nun meine geheimſten Gedanken, und ertheile mir die Freiheit, dem Verhaͤngniß nachzugeben, das, uͤber mich waltend, nach Minuten langer Seeligkeit mich vielleicht in ewiges Verder¬ ben ſtuͤrzen konnte. Nun war die Flucht unnoͤthig geworden, ich konnte das Kloſter verlaſſen, und ihr, ihr, ohne die nun keine Ruhe, kein Heil fuͤr mich hienieden zu finden, raſtlos folgen, bis ich ſie gefunden. Die Reiſe nach Rom, die Auf¬ traͤge dahin, ſchienen mir nur von Leonar¬ dus erſonnen, um mich auf ſchickliche Weiſe aus dem Kloſter zu entlaſſen. Die Nacht brachte ich betend, und mich bereitend zur Reiſe, zu, den Reſt des geheim¬ nißvollen Weins fuͤllte ich in eine Korbfla¬ ſche, um ihn als bewaͤhrtes Wirkungsmittel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/109
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/109>, abgerufen am 23.11.2024.