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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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nes Vaters mit kalter Gleichgültigkeit auf.
Aurelie, das liebe ahnungsvolle Kind, zerfloß
in Thränen."

"Bald nach der Verbindung sehnte sich
Euphemie ins Gebürge; sie kam her, und
ich muß gestehen, daß ihr Betragen in ho¬
her Liebenswürdigkeit sich so ganz gleich
blieb, daß sie mir unwillkührliche Bewun¬
derung abnöthigte. So verflossen zwei Jahre
in ruhigem ungestörten Lebensgenuß. Die
beiden Winter brachten wir in der Haupt¬
stadt zu, aber auch hier bewies die Baronesse
dem Gemahl so viel unbegränzte Ehrfurcht,
so viel Aufmerksamkeit für seine leisesten
Wünsche, daß der giftige Neid verstummen
mußte, und keiner der jungen Herren, die sich
schon freien Spielraum für ihre Galanterie
bei der Baronesse geträumt hatten, sich auch
die kleinste Glosse erlaubte. Im letzten Win¬
ter mochte ich auch wieder der Einzige seyn,
der, ergriffen von der alten kaum verwunde¬

nes Vaters mit kalter Gleichguͤltigkeit auf.
Aurelie, das liebe ahnungsvolle Kind, zerfloß
in Thraͤnen.“

„Bald nach der Verbindung ſehnte ſich
Euphemie ins Gebuͤrge; ſie kam her, und
ich muß geſtehen, daß ihr Betragen in ho¬
her Liebenswuͤrdigkeit ſich ſo ganz gleich
blieb, daß ſie mir unwillkuͤhrliche Bewun¬
derung abnoͤthigte. So verfloſſen zwei Jahre
in ruhigem ungeſtoͤrten Lebensgenuß. Die
beiden Winter brachten wir in der Haupt¬
ſtadt zu, aber auch hier bewies die Baroneſſe
dem Gemahl ſo viel unbegraͤnzte Ehrfurcht,
ſo viel Aufmerkſamkeit fuͤr ſeine leiſeſten
Wuͤnſche, daß der giftige Neid verſtummen
mußte, und keiner der jungen Herren, die ſich
ſchon freien Spielraum fuͤr ihre Galanterie
bei der Baroneſſe getraͤumt hatten, ſich auch
die kleinſte Gloſſe erlaubte. Im letzten Win¬
ter mochte ich auch wieder der Einzige ſeyn,
der, ergriffen von der alten kaum verwunde¬

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[125/0141] nes Vaters mit kalter Gleichguͤltigkeit auf. Aurelie, das liebe ahnungsvolle Kind, zerfloß in Thraͤnen.“ „Bald nach der Verbindung ſehnte ſich Euphemie ins Gebuͤrge; ſie kam her, und ich muß geſtehen, daß ihr Betragen in ho¬ her Liebenswuͤrdigkeit ſich ſo ganz gleich blieb, daß ſie mir unwillkuͤhrliche Bewun¬ derung abnoͤthigte. So verfloſſen zwei Jahre in ruhigem ungeſtoͤrten Lebensgenuß. Die beiden Winter brachten wir in der Haupt¬ ſtadt zu, aber auch hier bewies die Baroneſſe dem Gemahl ſo viel unbegraͤnzte Ehrfurcht, ſo viel Aufmerkſamkeit fuͤr ſeine leiſeſten Wuͤnſche, daß der giftige Neid verſtummen mußte, und keiner der jungen Herren, die ſich ſchon freien Spielraum fuͤr ihre Galanterie bei der Baroneſſe getraͤumt hatten, ſich auch die kleinſte Gloſſe erlaubte. Im letzten Win¬ ter mochte ich auch wieder der Einzige ſeyn, der, ergriffen von der alten kaum verwunde¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/141>, abgerufen am 24.11.2024.