ihre Blicke, in denen inbrünstige Sehnsucht, lüsternes, glühendes Verlangen wie verzeh¬ rendes Feuer brannte. Bei dem Gouverneur war eines Abends eine glänzende Gesellschaft versammelt, ich stand in ein Fenster gedrückt, so daß mich die herabwallende Drapperie des reichen Vorhangs halb versteckte, nur zwei bis drei Schritte vor mir stand Graf Vik¬ torin. Da streifte Euphemie, reizender ge¬ kleidet als je, und in voller Schönheit strah¬ lend, an ihm vorüber; er faßte, so daß es niemand, als gerade ich bemerken konnte, mit leidenschaftlicher Heftigkeit ihren Arm, -- sie erbebte sichtlich; ihr ganz unbeschreib¬ licher Blick -- es war die glutvollste Lie¬ be, die nach Genuß dürstende Wollust selbst -- fiel auf ihn. Sie lispelten einige Worte, die ich nicht verstand. Euphemie mochte mich erblicken; Sie wandte sich schnell um, aber ich vernahm deutlich die Worte: wir werden bemerkt!"
"Ich erstarrte vor Erstaunen, Schrecken
ihre Blicke, in denen inbruͤnſtige Sehnſucht, luͤſternes, gluͤhendes Verlangen wie verzeh¬ rendes Feuer brannte. Bei dem Gouverneur war eines Abends eine glaͤnzende Geſellſchaft verſammelt, ich ſtand in ein Fenſter gedruͤckt, ſo daß mich die herabwallende Drapperie des reichen Vorhangs halb verſteckte, nur zwei bis drei Schritte vor mir ſtand Graf Vik¬ torin. Da ſtreifte Euphemie, reizender ge¬ kleidet als je, und in voller Schoͤnheit ſtrah¬ lend, an ihm voruͤber; er faßte, ſo daß es niemand, als gerade ich bemerken konnte, mit leidenſchaftlicher Heftigkeit ihren Arm, — ſie erbebte ſichtlich; ihr ganz unbeſchreib¬ licher Blick — es war die glutvollſte Lie¬ be, die nach Genuß duͤrſtende Wolluſt ſelbſt — fiel auf ihn. Sie lispelten einige Worte, die ich nicht verſtand. Euphemie mochte mich erblicken; Sie wandte ſich ſchnell um, aber ich vernahm deutlich die Worte: wir werden bemerkt!“
„Ich erſtarrte vor Erſtaunen, Schrecken
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ihre Blicke, in denen inbruͤnſtige Sehnſucht,
luͤſternes, gluͤhendes Verlangen wie verzeh¬
rendes Feuer brannte. Bei dem Gouverneur
war eines Abends eine glaͤnzende Geſellſchaft
verſammelt, ich ſtand in ein Fenſter gedruͤckt,
ſo daß mich die herabwallende Drapperie des
reichen Vorhangs halb verſteckte, nur zwei
bis drei Schritte vor mir ſtand Graf Vik¬
torin. Da ſtreifte Euphemie, reizender ge¬
kleidet als je, und in voller Schoͤnheit ſtrah¬
lend, an ihm voruͤber; er faßte, ſo daß es
niemand, als gerade ich bemerken konnte, mit
leidenſchaftlicher Heftigkeit ihren Arm, —
ſie erbebte ſichtlich; ihr ganz unbeſchreib¬
licher Blick — es war die glutvollſte Lie¬
be, die nach Genuß duͤrſtende Wolluſt ſelbſt
— fiel auf ihn. Sie lispelten einige Worte,
die ich nicht verſtand. Euphemie mochte
mich erblicken; Sie wandte ſich ſchnell um,
aber ich vernahm deutlich die Worte: wir
werden bemerkt!“
„Ich erſtarrte vor Erſtaunen, Schrecken
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/143>, abgerufen am 23.11.2024.
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