ganz unbefangen auf mich zukam, mich bei der Hand faßte, und frug, was mir dann wäre, wurde das Uebel wieder ärger, und es war ein Glück, daß der Conzertmeister in die Stube trat, und mich von der Quaal er¬ lös'te. Nie hatte ich indessen solche falsche Akkorde gegriffen, nie so im Gesange deto¬ nirt, als dasmal. Fromm genug war ich, um später das Ganze für eine böse Anfech¬ tung des Teufels zu halten, und ich prieß mich nach kurzer Zeit recht glücklich, den bö¬ sen Feind durch die asketischen Uebungen, die ich unternahm, aus dem Felde geschla¬ gen zu haben. Jetzt bei der verfänglichen Frage des Priors, sah ich des Conzertmei¬ sters Schwester mit entblößtem Busen vor mir stehen, ich fühlte den warmen Hauch ihres Athems, den Druck ihrer Hand -- meine innere Angst stieg mit jedem Momen¬ te. Leonardus sah mich mit einem gewissen ironischen Lächeln an, vor dem ich erbebte. Ich konnte seinen Blick nicht ertragen, ich
ganz unbefangen auf mich zukam, mich bei der Hand faßte, und frug, was mir dann waͤre, wurde das Uebel wieder aͤrger, und es war ein Gluͤck, daß der Conzertmeiſter in die Stube trat, und mich von der Quaal er¬ loͤſ'te. Nie hatte ich indeſſen ſolche falſche Akkorde gegriffen, nie ſo im Geſange deto¬ nirt, als dasmal. Fromm genug war ich, um ſpaͤter das Ganze fuͤr eine boͤſe Anfech¬ tung des Teufels zu halten, und ich prieß mich nach kurzer Zeit recht gluͤcklich, den boͤ¬ ſen Feind durch die asketiſchen Uebungen, die ich unternahm, aus dem Felde geſchla¬ gen zu haben. Jetzt bei der verfaͤnglichen Frage des Priors, ſah ich des Conzertmei¬ ſters Schweſter mit entbloͤßtem Buſen vor mir ſtehen, ich fuͤhlte den warmen Hauch ihres Athems, den Druck ihrer Hand — meine innere Angſt ſtieg mit jedem Momen¬ te. Leonardus ſah mich mit einem gewiſſen ironiſchen Laͤcheln an, vor dem ich erbebte. Ich konnte ſeinen Blick nicht ertragen, ich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0050"n="34"/>
ganz unbefangen auf mich zukam, mich bei<lb/>
der Hand faßte, und frug, was mir dann<lb/>
waͤre, wurde das Uebel wieder aͤrger, und<lb/>
es war ein Gluͤck, daß der Conzertmeiſter in<lb/>
die Stube trat, und mich von der Quaal er¬<lb/>
loͤſ'te. Nie hatte ich indeſſen ſolche falſche<lb/>
Akkorde gegriffen, nie ſo im Geſange deto¬<lb/>
nirt, als dasmal. Fromm genug war ich,<lb/>
um ſpaͤter das Ganze fuͤr eine boͤſe Anfech¬<lb/>
tung des Teufels zu halten, und ich prieß<lb/>
mich nach kurzer Zeit recht gluͤcklich, den boͤ¬<lb/>ſen Feind durch die <choice><sic>aszetiſchen</sic><corr>asketiſchen</corr></choice> Uebungen,<lb/>
die ich unternahm, aus dem Felde geſchla¬<lb/>
gen zu haben. Jetzt bei der verfaͤnglichen<lb/>
Frage des Priors, ſah ich des Conzertmei¬<lb/>ſters Schweſter mit entbloͤßtem Buſen vor<lb/>
mir ſtehen, ich fuͤhlte den warmen Hauch<lb/>
ihres Athems, den Druck ihrer Hand —<lb/>
meine innere Angſt ſtieg mit jedem Momen¬<lb/>
te. Leonardus ſah mich mit einem gewiſſen<lb/>
ironiſchen Laͤcheln an, vor dem ich erbebte.<lb/>
Ich konnte ſeinen Blick nicht ertragen, ich<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[34/0050]
ganz unbefangen auf mich zukam, mich bei
der Hand faßte, und frug, was mir dann
waͤre, wurde das Uebel wieder aͤrger, und
es war ein Gluͤck, daß der Conzertmeiſter in
die Stube trat, und mich von der Quaal er¬
loͤſ'te. Nie hatte ich indeſſen ſolche falſche
Akkorde gegriffen, nie ſo im Geſange deto¬
nirt, als dasmal. Fromm genug war ich,
um ſpaͤter das Ganze fuͤr eine boͤſe Anfech¬
tung des Teufels zu halten, und ich prieß
mich nach kurzer Zeit recht gluͤcklich, den boͤ¬
ſen Feind durch die asketiſchen Uebungen,
die ich unternahm, aus dem Felde geſchla¬
gen zu haben. Jetzt bei der verfaͤnglichen
Frage des Priors, ſah ich des Conzertmei¬
ſters Schweſter mit entbloͤßtem Buſen vor
mir ſtehen, ich fuͤhlte den warmen Hauch
ihres Athems, den Druck ihrer Hand —
meine innere Angſt ſtieg mit jedem Momen¬
te. Leonardus ſah mich mit einem gewiſſen
ironiſchen Laͤcheln an, vor dem ich erbebte.
Ich konnte ſeinen Blick nicht ertragen, ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/50>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.