zu unterrichten. Der Heiligentag kam her¬ an, die Kirche war besetzter als gewöhnlich, und ich bestieg nicht ohne inneres Erbeben die Canzel. -- Im Anfange blieb ich mei¬ ner Handschrift getreu, und Leonardus sagte mir nachher, daß ich mit zitternder Stimme gesprochen, welches aber gerade den andäch¬ tigen wehmuthsvollen Betrachtungen, womit die Rede begann, zugesagt, und bei den mehrsten für eine besondere wirkungsvolle Kunst des Redners gegolten habe. Bald aber war es, als strahle der glühende Funke himmlischer Begeisterung durch mein Inne¬ res -- ich dachte nicht mehr an die Hand¬ schrift, sondern überließ mich ganz den Ein¬ gebungen des Moments. Ich fühlte, wie das Blut in allen Pulsen glühte und sprühte -- ich hörte meine Stimme durch das Gewölbe donnern -- ich sah mein erhobenes Haupt, meine ausgebreiteten Arme, wie von Strah¬ lenglanz der Begeisterung umflossen. -- Mit einer Sentenz, in der ich alles Heilige und
zu unterrichten. Der Heiligentag kam her¬ an, die Kirche war beſetzter als gewoͤhnlich, und ich beſtieg nicht ohne inneres Erbeben die Canzel. — Im Anfange blieb ich mei¬ ner Handſchrift getreu, und Leonardus ſagte mir nachher, daß ich mit zitternder Stimme geſprochen, welches aber gerade den andaͤch¬ tigen wehmuthsvollen Betrachtungen, womit die Rede begann, zugeſagt, und bei den mehrſten fuͤr eine beſondere wirkungsvolle Kunſt des Redners gegolten habe. Bald aber war es, als ſtrahle der gluͤhende Funke himmliſcher Begeiſterung durch mein Inne¬ res — ich dachte nicht mehr an die Hand¬ ſchrift, ſondern uͤberließ mich ganz den Ein¬ gebungen des Moments. Ich fuͤhlte, wie das Blut in allen Pulſen gluͤhte und ſpruͤhte — ich hoͤrte meine Stimme durch das Gewoͤlbe donnern — ich ſah mein erhobenes Haupt, meine ausgebreiteten Arme, wie von Strah¬ lenglanz der Begeiſterung umfloſſen. — Mit einer Sentenz, in der ich alles Heilige und
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zu unterrichten. Der Heiligentag kam her¬
an, die Kirche war beſetzter als gewoͤhnlich,
und ich beſtieg nicht ohne inneres Erbeben
die Canzel. — Im Anfange blieb ich mei¬
ner Handſchrift getreu, und Leonardus ſagte
mir nachher, daß ich mit zitternder Stimme
geſprochen, welches aber gerade den andaͤch¬
tigen wehmuthsvollen Betrachtungen, womit
die Rede begann, zugeſagt, und bei den
mehrſten fuͤr eine beſondere wirkungsvolle
Kunſt des Redners gegolten habe. Bald
aber war es, als ſtrahle der gluͤhende Funke
himmliſcher Begeiſterung durch mein Inne¬
res — ich dachte nicht mehr an die Hand¬
ſchrift, ſondern uͤberließ mich ganz den Ein¬
gebungen des Moments. Ich fuͤhlte, wie das
Blut in allen Pulſen gluͤhte und ſpruͤhte —
ich hoͤrte meine Stimme durch das Gewoͤlbe
donnern — ich ſah mein erhobenes Haupt,
meine ausgebreiteten Arme, wie von Strah¬
lenglanz der Begeiſterung umfloſſen. — Mit
einer Sentenz, in der ich alles Heilige und
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/72>, abgerufen am 16.02.2025.
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