in unbedachtem Fluge nur zu leicht verirren! -- Der Beifall, ja die abgöttische Bewunde¬ rung, die dir die leichtsinnige, nach jeder An¬ reizung lüsterne Welt gezollt, hat dich ge¬ blendet, und du siehst dich selbst in einer Ge¬ stalt, die nicht dein eigen, sondern ein Trug¬ bild ist, welches dich in den verderblichen Abgrund lockt. Gehe in dich, Medardus! -- entsage dem Wahn der dich bethört -- ich glaube ihn zu kennen! -- schon jetzt ist dir die Ruhe des Gemüths, ohne welche kein Heil hienieden zu finden, entflohen. -- Laß dich warnen, weiche aus dem Feinde der dir nachstellt. -- Sey wieder der gutmüthige Jüngling, den ich mit ganzer Seele lieb¬ te." -- Thränen quollen aus den Augen des Priors, als er dies sprach; er hatte mei¬ ne Hand ergriffen, sie loslassend entfernte er sich schnell, ohne meine Antwort abzuwar¬ ten. -- Aber nur feindseelig waren seine Worte in mein Innres gedrungen; er hatte des Beifalls, ja der höchsten Bewunderung
in unbedachtem Fluge nur zu leicht verirren! — Der Beifall, ja die abgoͤttiſche Bewunde¬ rung, die dir die leichtſinnige, nach jeder An¬ reizung luͤſterne Welt gezollt, hat dich ge¬ blendet, und du ſiehſt dich ſelbſt in einer Ge¬ ſtalt, die nicht dein eigen, ſondern ein Trug¬ bild iſt, welches dich in den verderblichen Abgrund lockt. Gehe in dich, Medardus! — entſage dem Wahn der dich bethoͤrt — ich glaube ihn zu kennen! — ſchon jetzt iſt dir die Ruhe des Gemuͤths, ohne welche kein Heil hienieden zu finden, entflohen. — Laß dich warnen, weiche aus dem Feinde der dir nachſtellt. — Sey wieder der gutmuͤthige Juͤngling, den ich mit ganzer Seele lieb¬ te.“ — Thraͤnen quollen aus den Augen des Priors, als er dies ſprach; er hatte mei¬ ne Hand ergriffen, ſie loslaſſend entfernte er ſich ſchnell, ohne meine Antwort abzuwar¬ ten. — Aber nur feindſeelig waren ſeine Worte in mein Innres gedrungen; er hatte des Beifalls, ja der hoͤchſten Bewunderung
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0077"n="61"/>
in unbedachtem Fluge nur zu leicht verirren!<lb/>— Der Beifall, ja die abgoͤttiſche Bewunde¬<lb/>
rung, die dir die leichtſinnige, nach jeder An¬<lb/>
reizung luͤſterne Welt gezollt, hat dich ge¬<lb/>
blendet, und du ſiehſt dich ſelbſt in einer Ge¬<lb/>ſtalt, die nicht dein eigen, ſondern ein Trug¬<lb/>
bild iſt, welches dich in den verderblichen<lb/>
Abgrund lockt. Gehe in dich, Medardus! —<lb/>
entſage dem Wahn der dich bethoͤrt — ich<lb/>
glaube ihn zu kennen! —ſchon jetzt iſt dir<lb/>
die Ruhe des Gemuͤths, ohne welche kein<lb/>
Heil hienieden zu finden, entflohen. — Laß<lb/>
dich warnen, weiche aus dem Feinde der dir<lb/>
nachſtellt. — Sey wieder der gutmuͤthige<lb/>
Juͤngling, den ich mit ganzer Seele lieb¬<lb/>
te.“— Thraͤnen quollen aus den Augen<lb/>
des Priors, als er dies ſprach; er hatte mei¬<lb/>
ne Hand ergriffen, ſie loslaſſend entfernte er<lb/>ſich ſchnell, ohne meine Antwort abzuwar¬<lb/>
ten. — Aber nur feindſeelig waren ſeine<lb/>
Worte in mein Innres gedrungen; er hatte<lb/>
des Beifalls, ja der hoͤchſten Bewunderung<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[61/0077]
in unbedachtem Fluge nur zu leicht verirren!
— Der Beifall, ja die abgoͤttiſche Bewunde¬
rung, die dir die leichtſinnige, nach jeder An¬
reizung luͤſterne Welt gezollt, hat dich ge¬
blendet, und du ſiehſt dich ſelbſt in einer Ge¬
ſtalt, die nicht dein eigen, ſondern ein Trug¬
bild iſt, welches dich in den verderblichen
Abgrund lockt. Gehe in dich, Medardus! —
entſage dem Wahn der dich bethoͤrt — ich
glaube ihn zu kennen! — ſchon jetzt iſt dir
die Ruhe des Gemuͤths, ohne welche kein
Heil hienieden zu finden, entflohen. — Laß
dich warnen, weiche aus dem Feinde der dir
nachſtellt. — Sey wieder der gutmuͤthige
Juͤngling, den ich mit ganzer Seele lieb¬
te.“ — Thraͤnen quollen aus den Augen
des Priors, als er dies ſprach; er hatte mei¬
ne Hand ergriffen, ſie loslaſſend entfernte er
ſich ſchnell, ohne meine Antwort abzuwar¬
ten. — Aber nur feindſeelig waren ſeine
Worte in mein Innres gedrungen; er hatte
des Beifalls, ja der hoͤchſten Bewunderung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/77>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.