höchsten Wirkungskreise, den mir das Kloster darbot, zurückkehrte. Ich bestand darauf, am nächsten heiligen Tage wieder zu predigen, und es wurde mir vergönnt. Kurz vorher ehe ich die Kanzel bestieg, genoß ich von dem wunderbaren Weine; nie hatte ich darauf feuriger, salbungsreicher eindringender ge¬ sprochen. Schnell verbreitete sich der Ruf meiner gänzlichen Wiederherstellung, und so wie sonst füllte sich wieder die Kirche, aber je mehr ich den Beifall der Menge erwarb, desto ernster und zurückhaltender wurde Leo¬ nardus, und ich fing an, ihn von ganzer Seele zu hassen, da ich ihn von kleinlichem Neide und mönchischem Stolz befangen glaubte. --
Der Bernardustag kam heran, und ich war voll brennender Begierde, vor der Für¬ stin recht mein Licht leuchten zu lassen, wes¬ halb ich den Prior bat, es zu veranstalten, daß mir es vergönnt werde, an dem Tage im Cisterzienser Kloster zu predigen. -- Den Leonardus schien meine Bitte auf besondere
hoͤchſten Wirkungskreiſe, den mir das Kloſter darbot, zuruͤckkehrte. Ich beſtand darauf, am naͤchſten heiligen Tage wieder zu predigen, und es wurde mir vergoͤnnt. Kurz vorher ehe ich die Kanzel beſtieg, genoß ich von dem wunderbaren Weine; nie hatte ich darauf feuriger, ſalbungsreicher eindringender ge¬ ſprochen. Schnell verbreitete ſich der Ruf meiner gaͤnzlichen Wiederherſtellung, und ſo wie ſonſt fuͤllte ſich wieder die Kirche, aber je mehr ich den Beifall der Menge erwarb, deſto ernſter und zuruͤckhaltender wurde Leo¬ nardus, und ich fing an, ihn von ganzer Seele zu haſſen, da ich ihn von kleinlichem Neide und moͤnchiſchem Stolz befangen glaubte. —
Der Bernardustag kam heran, und ich war voll brennender Begierde, vor der Fuͤr¬ ſtin recht mein Licht leuchten zu laſſen, wes¬ halb ich den Prior bat, es zu veranſtalten, daß mir es vergoͤnnt werde, an dem Tage im Ciſterzienſer Kloſter zu predigen. — Den Leonardus ſchien meine Bitte auf beſondere
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hoͤchſten Wirkungskreiſe, den mir das Kloſter
darbot, zuruͤckkehrte. Ich beſtand darauf, am
naͤchſten heiligen Tage wieder zu predigen,
und es wurde mir vergoͤnnt. Kurz vorher ehe
ich die Kanzel beſtieg, genoß ich von dem
wunderbaren Weine; nie hatte ich darauf
feuriger, ſalbungsreicher eindringender ge¬
ſprochen. Schnell verbreitete ſich der Ruf
meiner gaͤnzlichen Wiederherſtellung, und ſo
wie ſonſt fuͤllte ſich wieder die Kirche, aber
je mehr ich den Beifall der Menge erwarb,
deſto ernſter und zuruͤckhaltender wurde Leo¬
nardus, und ich fing an, ihn von ganzer Seele
zu haſſen, da ich ihn von kleinlichem Neide
und moͤnchiſchem Stolz befangen glaubte. —
Der Bernardustag kam heran, und ich
war voll brennender Begierde, vor der Fuͤr¬
ſtin recht mein Licht leuchten zu laſſen, wes¬
halb ich den Prior bat, es zu veranſtalten,
daß mir es vergoͤnnt werde, an dem Tage
im Ciſterzienſer Kloſter zu predigen. — Den
Leonardus ſchien meine Bitte auf beſondere
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/94>, abgerufen am 21.11.2024.
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