meinen Brief lasest, das mußte so seyn; ach! ich selbst hätte Dir Alles erschließen sollen, kein Geheimniß darf unter uns wal¬ ten. Und doch ist es mir, als kämpftest Du mit manchem, was früher recht verderblich eintrat in Dein Leben und was Du nicht ver¬ möchtest, über die Lippen zu bringen vor unrechter Scheu! -- Sey aufrichtig, Leonard? -- Ach wie wird ein freimüthiges Geständ¬ niß Deine Brust erleichtern, und heller unsere Liebe strahlen?" -- Wohl fühlte ich bei die¬ sen Worten Aureliens recht marternd, wie der Geist des Truges in mir wohne, und wie ich nur noch vor wenigen Augenblicken das fromme Kind recht frevelich getäuscht; und dies Gefühl regte sich stärker und stär¬ ker auf in wunderbarer Weise, ich mußte Au¬ relien Alles -- alles entdecken und doch ih¬ re Liebe gewinnen "Aurelie -- Du meine Heilige, -- die mich rettet von ..." In dem Augenblick trat die Fürstin herein, ihr An¬ blick warf mich plötzlich zurück in die Hölle,
meinen Brief laſeſt, das mußte ſo ſeyn; ach! ich ſelbſt haͤtte Dir Alles erſchließen ſollen, kein Geheimniß darf unter uns wal¬ ten. Und doch iſt es mir, als kaͤmpfteſt Du mit manchem, was fruͤher recht verderblich eintrat in Dein Leben und was Du nicht ver¬ moͤchteſt, uͤber die Lippen zu bringen vor unrechter Scheu! — Sey aufrichtig, Leonard? — Ach wie wird ein freimuͤthiges Geſtaͤnd¬ niß Deine Bruſt erleichtern, und heller unſere Liebe ſtrahlen?“ — Wohl fuͤhlte ich bei die¬ ſen Worten Aureliens recht marternd, wie der Geiſt des Truges in mir wohne, und wie ich nur noch vor wenigen Augenblicken das fromme Kind recht frevelich getaͤuſcht; und dies Gefuͤhl regte ſich ſtaͤrker und ſtaͤr¬ ker auf in wunderbarer Weiſe, ich mußte Au¬ relien Alles — alles entdecken und doch ih¬ re Liebe gewinnen „Aurelie — Du meine Heilige, — die mich rettet von ...“ In dem Augenblick trat die Fuͤrſtin herein, ihr An¬ blick warf mich ploͤtzlich zuruͤck in die Hoͤlle,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0149"n="141"/>
meinen Brief laſeſt, das mußte ſo ſeyn;<lb/>
ach! ich ſelbſt haͤtte Dir Alles erſchließen<lb/>ſollen, kein Geheimniß darf unter uns wal¬<lb/>
ten. Und doch iſt es mir, als kaͤmpfteſt Du<lb/>
mit manchem, was fruͤher recht verderblich<lb/>
eintrat in Dein Leben und was Du nicht ver¬<lb/>
moͤchteſt, uͤber die Lippen zu bringen vor<lb/>
unrechter Scheu! — Sey aufrichtig, Leonard?<lb/>— Ach wie wird ein freimuͤthiges Geſtaͤnd¬<lb/>
niß Deine Bruſt erleichtern, und heller unſere<lb/>
Liebe ſtrahlen?“— Wohl fuͤhlte ich bei die¬<lb/>ſen Worten Aureliens recht marternd, wie<lb/>
der Geiſt des Truges in mir wohne, und<lb/>
wie ich nur noch vor wenigen Augenblicken<lb/>
das fromme Kind recht frevelich getaͤuſcht;<lb/>
und dies Gefuͤhl regte ſich ſtaͤrker und ſtaͤr¬<lb/>
ker auf in wunderbarer Weiſe, ich mußte Au¬<lb/>
relien Alles — alles entdecken und doch ih¬<lb/>
re Liebe gewinnen „Aurelie — Du meine<lb/>
Heilige, — die mich rettet von ...“ In dem<lb/>
Augenblick trat die Fuͤrſtin herein, ihr An¬<lb/>
blick warf mich ploͤtzlich zuruͤck in die Hoͤlle,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[141/0149]
meinen Brief laſeſt, das mußte ſo ſeyn;
ach! ich ſelbſt haͤtte Dir Alles erſchließen
ſollen, kein Geheimniß darf unter uns wal¬
ten. Und doch iſt es mir, als kaͤmpfteſt Du
mit manchem, was fruͤher recht verderblich
eintrat in Dein Leben und was Du nicht ver¬
moͤchteſt, uͤber die Lippen zu bringen vor
unrechter Scheu! — Sey aufrichtig, Leonard?
— Ach wie wird ein freimuͤthiges Geſtaͤnd¬
niß Deine Bruſt erleichtern, und heller unſere
Liebe ſtrahlen?“ — Wohl fuͤhlte ich bei die¬
ſen Worten Aureliens recht marternd, wie
der Geiſt des Truges in mir wohne, und
wie ich nur noch vor wenigen Augenblicken
das fromme Kind recht frevelich getaͤuſcht;
und dies Gefuͤhl regte ſich ſtaͤrker und ſtaͤr¬
ker auf in wunderbarer Weiſe, ich mußte Au¬
relien Alles — alles entdecken und doch ih¬
re Liebe gewinnen „Aurelie — Du meine
Heilige, — die mich rettet von ...“ In dem
Augenblick trat die Fuͤrſtin herein, ihr An¬
blick warf mich ploͤtzlich zuruͤck in die Hoͤlle,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/149>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.