Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

sagt mir dann, wofür ihr das Getränk hal¬
tet." -- Es ist, erwiederte ich, nachdem ich ge¬
trunken: es ist eine gar kräftig zubereite¬
te Fleischbrühe. -- Der Arzt lächelte zufrieden
und rief dem Geistlichen zu: "Gut sehr gut!"
-- Beide verließen mich. Nun war meine
Vermuthung, wie ich glaubte, richtig. Ich
befand mich in einem öffentlichen Kranken¬
hause. Man pflegte mich mit stärkenden
Nahrungsmitteln und kräftiger Arzenei, so
daß ich nach drei Tagen im Stande war,
aufzustehen. Der Geistliche öffnete ein Fenster,
eine warme herrliche Luft, wie ich sie nie
geathmet, strömte herein, ein Garten schloß
sich an das Gebäude, herrliche fremde Bäu¬
me grünten und blühten, Weinlaub rankte
sich üppig an der Mauer empor, vor allem
aber war mir der dunkelblaue duftige Him¬
mel eine Erscheinung aus ferner Zauberwelt.
"Wo bin ich denn, rief ich voll Entzücken
aus, haben mich die Heiligen gewürdigt, in
einem Himmelslande zu wohnen?" Der

ſagt mir dann, wofuͤr ihr das Getraͤnk hal¬
tet.“ — Es iſt, erwiederte ich, nachdem ich ge¬
trunken: es iſt eine gar kraͤftig zubereite¬
te Fleiſchbruͤhe. — Der Arzt laͤchelte zufrieden
und rief dem Geiſtlichen zu: „Gut ſehr gut!“
— Beide verließen mich. Nun war meine
Vermuthung, wie ich glaubte, richtig. Ich
befand mich in einem oͤffentlichen Kranken¬
hauſe. Man pflegte mich mit ſtaͤrkenden
Nahrungsmitteln und kraͤftiger Arzenei, ſo
daß ich nach drei Tagen im Stande war,
aufzuſtehen. Der Geiſtliche oͤffnete ein Fenſter,
eine warme herrliche Luft, wie ich ſie nie
geathmet, ſtroͤmte herein, ein Garten ſchloß
ſich an das Gebaͤude, herrliche fremde Baͤu¬
me gruͤnten und bluͤhten, Weinlaub rankte
ſich uͤppig an der Mauer empor, vor allem
aber war mir der dunkelblaue duftige Him¬
mel eine Erſcheinung aus ferner Zauberwelt.
„Wo bin ich denn, rief ich voll Entzuͤcken
aus, haben mich die Heiligen gewuͤrdigt, in
einem Himmelslande zu wohnen?“ Der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0166" n="158"/>
&#x017F;agt mir dann, wofu&#x0364;r ihr das Getra&#x0364;nk hal¬<lb/>
tet.&#x201C; &#x2014; Es i&#x017F;t, erwiederte ich, nachdem ich ge¬<lb/>
trunken: es i&#x017F;t eine gar kra&#x0364;ftig zubereite¬<lb/>
te Flei&#x017F;chbru&#x0364;he. &#x2014; Der Arzt la&#x0364;chelte zufrieden<lb/>
und rief dem Gei&#x017F;tlichen zu: &#x201E;Gut &#x017F;ehr gut!&#x201C;<lb/>
&#x2014; Beide verließen mich. Nun war meine<lb/>
Vermuthung, wie ich glaubte, richtig. Ich<lb/>
befand mich in einem o&#x0364;ffentlichen Kranken¬<lb/>
hau&#x017F;e. Man pflegte mich mit &#x017F;ta&#x0364;rkenden<lb/>
Nahrungsmitteln und kra&#x0364;ftiger Arzenei, &#x017F;o<lb/>
daß ich nach drei Tagen im Stande war,<lb/>
aufzu&#x017F;tehen. Der Gei&#x017F;tliche o&#x0364;ffnete ein Fen&#x017F;ter,<lb/>
eine warme herrliche Luft, wie ich &#x017F;ie nie<lb/>
geathmet, &#x017F;tro&#x0364;mte herein, ein Garten &#x017F;chloß<lb/>
&#x017F;ich an das Geba&#x0364;ude, herrliche fremde Ba&#x0364;<lb/>
me gru&#x0364;nten und blu&#x0364;hten, Weinlaub rankte<lb/>
&#x017F;ich u&#x0364;ppig an der Mauer empor, vor allem<lb/>
aber war mir der dunkelblaue duftige Him¬<lb/>
mel eine Er&#x017F;cheinung aus ferner Zauberwelt.<lb/>
&#x201E;Wo bin ich denn, rief ich voll Entzu&#x0364;cken<lb/>
aus, haben mich die Heiligen gewu&#x0364;rdigt, in<lb/>
einem Himmelslande zu wohnen?&#x201C; Der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0166] ſagt mir dann, wofuͤr ihr das Getraͤnk hal¬ tet.“ — Es iſt, erwiederte ich, nachdem ich ge¬ trunken: es iſt eine gar kraͤftig zubereite¬ te Fleiſchbruͤhe. — Der Arzt laͤchelte zufrieden und rief dem Geiſtlichen zu: „Gut ſehr gut!“ — Beide verließen mich. Nun war meine Vermuthung, wie ich glaubte, richtig. Ich befand mich in einem oͤffentlichen Kranken¬ hauſe. Man pflegte mich mit ſtaͤrkenden Nahrungsmitteln und kraͤftiger Arzenei, ſo daß ich nach drei Tagen im Stande war, aufzuſtehen. Der Geiſtliche oͤffnete ein Fenſter, eine warme herrliche Luft, wie ich ſie nie geathmet, ſtroͤmte herein, ein Garten ſchloß ſich an das Gebaͤude, herrliche fremde Baͤu¬ me gruͤnten und bluͤhten, Weinlaub rankte ſich uͤppig an der Mauer empor, vor allem aber war mir der dunkelblaue duftige Him¬ mel eine Erſcheinung aus ferner Zauberwelt. „Wo bin ich denn, rief ich voll Entzuͤcken aus, haben mich die Heiligen gewuͤrdigt, in einem Himmelslande zu wohnen?“ Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/166
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/166>, abgerufen am 04.12.2024.