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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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sche Stamm auf verbrecherische Weise. Doch,
kann meines Sohnes Reue nicht seine Fre¬
vel sühnen? Ich stand vor ihm, wie das
Strafgericht des Herrn, denn sein Innerstes
lag vor mir offen und klar, und was der
Welt verborgen, das sagte mir der Geist, der
mächtig und mächtiger wird in mir, und
mich emporhebt über den brausenden Wel¬
len des Lebens, daß ich hinabzuschauen ver¬
mag in die Tiefe, ohne daß dieser Blick
mich hinabzieht zum Tode.

Francesko's Entfernung brachte der Grä¬
fin S. den Tod, denn nun erst erwachte sie
zum Bewußtseyn der Sünde, und nicht über¬
stehen konnte sie den Kampf der Liebe zum
Verbrecher, und der Reue über das, was
sie begangen. Graf Filippo wurde neunzig
Jahr alt, dann starb er als ein kindischer
Greis. Sein vermeintlicher Sohn Pietro
zog mit seiner Schwester Angiola an den

ſche Stamm auf verbrecheriſche Weiſe. Doch,
kann meines Sohnes Reue nicht ſeine Fre¬
vel ſuͤhnen? Ich ſtand vor ihm, wie das
Strafgericht des Herrn, denn ſein Innerſtes
lag vor mir offen und klar, und was der
Welt verborgen, das ſagte mir der Geiſt, der
maͤchtig und maͤchtiger wird in mir, und
mich emporhebt uͤber den brauſenden Wel¬
len des Lebens, daß ich hinabzuſchauen ver¬
mag in die Tiefe, ohne daß dieſer Blick
mich hinabzieht zum Tode.

Francesko's Entfernung brachte der Graͤ¬
fin S. den Tod, denn nun erſt erwachte ſie
zum Bewußtſeyn der Suͤnde, und nicht uͤber¬
ſtehen konnte ſie den Kampf der Liebe zum
Verbrecher, und der Reue uͤber das, was
ſie begangen. Graf Filippo wurde neunzig
Jahr alt, dann ſtarb er als ein kindiſcher
Greis. Sein vermeintlicher Sohn Pietro
zog mit ſeiner Schweſter Angiola an den

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[235/0243] ſche Stamm auf verbrecheriſche Weiſe. Doch, kann meines Sohnes Reue nicht ſeine Fre¬ vel ſuͤhnen? Ich ſtand vor ihm, wie das Strafgericht des Herrn, denn ſein Innerſtes lag vor mir offen und klar, und was der Welt verborgen, das ſagte mir der Geiſt, der maͤchtig und maͤchtiger wird in mir, und mich emporhebt uͤber den brauſenden Wel¬ len des Lebens, daß ich hinabzuſchauen ver¬ mag in die Tiefe, ohne daß dieſer Blick mich hinabzieht zum Tode. Francesko's Entfernung brachte der Graͤ¬ fin S. den Tod, denn nun erſt erwachte ſie zum Bewußtſeyn der Suͤnde, und nicht uͤber¬ ſtehen konnte ſie den Kampf der Liebe zum Verbrecher, und der Reue uͤber das, was ſie begangen. Graf Filippo wurde neunzig Jahr alt, dann ſtarb er als ein kindiſcher Greis. Sein vermeintlicher Sohn Pietro zog mit ſeiner Schweſter Angiola an den

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/243>, abgerufen am 24.11.2024.