mein Gemüth ganz dem himmlischen zuwen¬ den zu können. Unwillkührlich dachte ich selbst im Gebet an mein früheres Leben; erblaßt war das Bild meiner Sünden und nur das Glänzende der Laufbahn, die ich als Lieb¬ ling eines Fürsten begonnen, als Beichtiger des Pabstes fortsetzen, und wer weiß auf welcher Höhe enden werde, stand grell leuch¬ tend vor meines Geistes Augen. So kam es, daß ich, nicht weil es der Pabst verbo¬ ten, sondern unwillkürlich meine Andachtsübun¬ gen einstellte, und statt dessen in den Stra¬ ßen von Rom umherschlenderte. Als ich ei¬ nes Tages über den spanischen Platz ging, war ein Haufen Volks um den Kasten eines Puppenspielers versammelt. Ich vernahm Pulcinells komisches Gequäke und das wie¬ hernde Gelächter der Menge. Der erste Akt war geendet, man bereitete sich auf den zweiten vor. Die kleine Decke flog auf, der junge David erschien mit seiner Schleuder und dem Sack voll Kieselsteinen. Unter pos¬
mein Gemuͤth ganz dem himmliſchen zuwen¬ den zu koͤnnen. Unwillkuͤhrlich dachte ich ſelbſt im Gebet an mein fruͤheres Leben; erblaßt war das Bild meiner Suͤnden und nur das Glaͤnzende der Laufbahn, die ich als Lieb¬ ling eines Fuͤrſten begonnen, als Beichtiger des Pabſtes fortſetzen, und wer weiß auf welcher Hoͤhe enden werde, ſtand grell leuch¬ tend vor meines Geiſtes Augen. So kam es, daß ich, nicht weil es der Pabſt verbo¬ ten, ſondern unwillkuͤrlich meine Andachtsuͤbun¬ gen einſtellte, und ſtatt deſſen in den Stra¬ ßen von Rom umherſchlenderte. Als ich ei¬ nes Tages uͤber den ſpaniſchen Platz ging, war ein Haufen Volks um den Kaſten eines Puppenſpielers verſammelt. Ich vernahm Pulcinells komiſches Gequaͤke und das wie¬ hernde Gelaͤchter der Menge. Der erſte Akt war geendet, man bereitete ſich auf den zweiten vor. Die kleine Decke flog auf, der junge David erſchien mit ſeiner Schleuder und dem Sack voll Kieſelſteinen. Unter poſ¬
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mein Gemuͤth ganz dem himmliſchen zuwen¬
den zu koͤnnen. Unwillkuͤhrlich dachte ich ſelbſt
im Gebet an mein fruͤheres Leben; erblaßt
war das Bild meiner Suͤnden und nur das
Glaͤnzende der Laufbahn, die ich als Lieb¬
ling eines Fuͤrſten begonnen, als Beichtiger
des Pabſtes fortſetzen, und wer weiß auf
welcher Hoͤhe enden werde, ſtand grell leuch¬
tend vor meines Geiſtes Augen. So kam
es, daß ich, nicht weil es der Pabſt verbo¬
ten, ſondern unwillkuͤrlich meine Andachtsuͤbun¬
gen einſtellte, und ſtatt deſſen in den Stra¬
ßen von Rom umherſchlenderte. Als ich ei¬
nes Tages uͤber den ſpaniſchen Platz ging,
war ein Haufen Volks um den Kaſten eines
Puppenſpielers verſammelt. Ich vernahm
Pulcinells komiſches Gequaͤke und das wie¬
hernde Gelaͤchter der Menge. Der erſte Akt
war geendet, man bereitete ſich auf den
zweiten vor. Die kleine Decke flog auf, der
junge David erſchien mit ſeiner Schleuder
und dem Sack voll Kieſelſteinen. Unter poſ¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/271>, abgerufen am 23.11.2024.
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