Doch ich will das unreine Wasser klären und färben, und dann wird das Feuer, wel¬ ches über das Licht gesiegt, ihn krönen! Ich war es, der dies gesprochen, als ich mich aber von meinem todten Selbst getrennt fühlte, merkte ich wohl, daß ich der wesen¬ lose Gedanke meines Ichs sey, und bald er¬ kannte ich mich als das im Aether schwim¬ mende Roth. Ich schwang mich auf zu den leuchtenden Bergspitzen -- ich wollte einziehn durch das Thor goldner Morgenwolken in die heimathliche Burg, aber Blitze durchkreuz¬ ten, gleich im Feuer auflodernden Schlangen, das Gewölbe des Himmels, und ich sank herab, ein feuchter, farbloser Nebel. Ich -- ich, sprach der Gedanke, ich bin es, der Eure Blumen -- Euer Blut färbt -- Blumen und Blut sind Euer Hochzeitschmuck, den ich be¬ reite! -- So wie ich tiefer und tiefer nie¬ derfiel, erblickte ich die Leiche mit weitauf¬ klaffender Wunde in der Brust, aus der je¬ nes unreine Wasser in Strömen floß. Mein
II. [ 19 ]
Doch ich will das unreine Waſſer klaͤren und faͤrben, und dann wird das Feuer, wel¬ ches uͤber das Licht geſiegt, ihn kroͤnen! Ich war es, der dies geſprochen, als ich mich aber von meinem todten Selbſt getrennt fuͤhlte, merkte ich wohl, daß ich der weſen¬ loſe Gedanke meines Ichs ſey, und bald er¬ kannte ich mich als das im Aether ſchwim¬ mende Roth. Ich ſchwang mich auf zu den leuchtenden Bergſpitzen — ich wollte einziehn durch das Thor goldner Morgenwolken in die heimathliche Burg, aber Blitze durchkreuz¬ ten, gleich im Feuer auflodernden Schlangen, das Gewoͤlbe des Himmels, und ich ſank herab, ein feuchter, farbloſer Nebel. Ich — ich, ſprach der Gedanke, ich bin es, der Eure Blumen — Euer Blut faͤrbt — Blumen und Blut ſind Euer Hochzeitſchmuck, den ich be¬ reite! — So wie ich tiefer und tiefer nie¬ derfiel, erblickte ich die Leiche mit weitauf¬ klaffender Wunde in der Bruſt, aus der je¬ nes unreine Waſſer in Stroͤmen floß. Mein
II. [ 19 ]
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Doch ich will das unreine Waſſer klaͤren
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ches uͤber das Licht geſiegt, ihn kroͤnen! Ich
war es, der dies geſprochen, als ich mich
aber von meinem todten Selbſt getrennt
fuͤhlte, merkte ich wohl, daß ich der weſen¬
loſe Gedanke meines Ichs ſey, und bald er¬
kannte ich mich als das im Aether ſchwim¬
mende Roth. Ich ſchwang mich auf zu den
leuchtenden Bergſpitzen — ich wollte einziehn
durch das Thor goldner Morgenwolken in die
heimathliche Burg, aber Blitze durchkreuz¬
ten, gleich im Feuer auflodernden Schlangen,
das Gewoͤlbe des Himmels, und ich ſank
herab, ein feuchter, farbloſer Nebel. Ich —
ich, ſprach der Gedanke, ich bin es, der Eure
Blumen — Euer Blut faͤrbt — Blumen und
Blut ſind Euer Hochzeitſchmuck, den ich be¬
reite! — So wie ich tiefer und tiefer nie¬
derfiel, erblickte ich die Leiche mit weitauf¬
klaffender Wunde in der Bruſt, aus der je¬
nes unreine Waſſer in Stroͤmen floß. Mein
II. [ 19 ]
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/297>, abgerufen am 23.11.2024.
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