schah, daß ich mein Gebet, nur im Innern gedacht, laut und vernehmlich hörte, wie es Herr wurde über das Klopfen und Kichern und unheimliche Geschwätz des furchtbaren Doppeltgängers, aber zuletzt sich verlor in ein seltsames Summen, wie wenn der Süd¬ wind Schwärme feindlicher Insekten geweckt hat, die giftige Saugrüssel ansetzen an die blühende Saat. Zu jener trostlosen Klage der Menschen wurde das Summen, und mei¬ ne Seele frug, ist das nicht der weissagen¬ de Traum, der sich auf deine blutende Wun¬ de heilend und tröstend legen will? -- In dem Augenblicke brach der Purpurschimmer des Abendroths durch den düstern farblosen Nebel, aber in ihm erhob sich eine hohe Gestalt. -- Es war Christus, aus jeder sei¬ ner Wunden perlte ein Tropfen Bluts und wiedergegeben war der Erde das Roth, und der Menschen Jammer wurde ein jauchzen¬ der Hymnus, denn das Roth war die Gna¬ de des Herrn die über ihnen aufgegangen!
ſchah, daß ich mein Gebet, nur im Innern gedacht, laut und vernehmlich hoͤrte, wie es Herr wurde uͤber das Klopfen und Kichern und unheimliche Geſchwaͤtz des furchtbaren Doppeltgaͤngers, aber zuletzt ſich verlor in ein ſeltſames Summen, wie wenn der Suͤd¬ wind Schwaͤrme feindlicher Inſekten geweckt hat, die giftige Saugruͤſſel anſetzen an die bluͤhende Saat. Zu jener troſtloſen Klage der Menſchen wurde das Summen, und mei¬ ne Seele frug, iſt das nicht der weiſſagen¬ de Traum, der ſich auf deine blutende Wun¬ de heilend und troͤſtend legen will? — In dem Augenblicke brach der Purpurſchimmer des Abendroths durch den duͤſtern farbloſen Nebel, aber in ihm erhob ſich eine hohe Geſtalt. — Es war Chriſtus, aus jeder ſei¬ ner Wunden perlte ein Tropfen Bluts und wiedergegeben war der Erde das Roth, und der Menſchen Jammer wurde ein jauchzen¬ der Hymnus, denn das Roth war die Gna¬ de des Herrn die uͤber ihnen aufgegangen!
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0300"n="292"/>ſchah, daß ich mein Gebet, nur im Innern<lb/>
gedacht, laut und vernehmlich hoͤrte, wie es<lb/>
Herr wurde uͤber das Klopfen und Kichern<lb/>
und unheimliche Geſchwaͤtz des furchtbaren<lb/>
Doppeltgaͤngers, aber zuletzt ſich verlor in<lb/>
ein ſeltſames Summen, wie wenn der Suͤd¬<lb/>
wind Schwaͤrme feindlicher Inſekten geweckt<lb/>
hat, die giftige Saugruͤſſel anſetzen an die<lb/>
bluͤhende Saat. Zu jener troſtloſen Klage<lb/>
der Menſchen wurde das Summen, und mei¬<lb/>
ne Seele frug, iſt das nicht der weiſſagen¬<lb/>
de Traum, der ſich auf deine blutende Wun¬<lb/>
de heilend und troͤſtend legen will? — In<lb/>
dem Augenblicke brach der Purpurſchimmer<lb/>
des Abendroths durch den duͤſtern farbloſen<lb/>
Nebel, aber in ihm erhob ſich eine hohe<lb/>
Geſtalt. — Es war Chriſtus, aus jeder ſei¬<lb/>
ner Wunden perlte ein Tropfen Bluts und<lb/>
wiedergegeben war der Erde das Roth, und<lb/>
der Menſchen Jammer wurde ein jauchzen¬<lb/>
der Hymnus, denn das Roth war die Gna¬<lb/>
de des Herrn die uͤber ihnen aufgegangen!<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[292/0300]
ſchah, daß ich mein Gebet, nur im Innern
gedacht, laut und vernehmlich hoͤrte, wie es
Herr wurde uͤber das Klopfen und Kichern
und unheimliche Geſchwaͤtz des furchtbaren
Doppeltgaͤngers, aber zuletzt ſich verlor in
ein ſeltſames Summen, wie wenn der Suͤd¬
wind Schwaͤrme feindlicher Inſekten geweckt
hat, die giftige Saugruͤſſel anſetzen an die
bluͤhende Saat. Zu jener troſtloſen Klage
der Menſchen wurde das Summen, und mei¬
ne Seele frug, iſt das nicht der weiſſagen¬
de Traum, der ſich auf deine blutende Wun¬
de heilend und troͤſtend legen will? — In
dem Augenblicke brach der Purpurſchimmer
des Abendroths durch den duͤſtern farbloſen
Nebel, aber in ihm erhob ſich eine hohe
Geſtalt. — Es war Chriſtus, aus jeder ſei¬
ner Wunden perlte ein Tropfen Bluts und
wiedergegeben war der Erde das Roth, und
der Menſchen Jammer wurde ein jauchzen¬
der Hymnus, denn das Roth war die Gna¬
de des Herrn die uͤber ihnen aufgegangen!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/300>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.