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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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gesprochen, jetzt kann der Freund, der Va¬
ter mit Dir reden! -- Auf wunderbare Weise
bist du errettet worden vom Tode, der Dir
in Rom drohte. -- Nur Cyrillus fiel als
Opfer ..." -- "Ihr wißt also?" frug ich voll
Staunen. "Alles, erwiederte der Prior: Ich
weiß, daß Du dem Armen beistandest in der
letzten Todesnoth, und daß man Dich mit
dem vergifteten Wein, den man Dir zum
Labetrunk darbot, zu ermorden gedachte.
Wahrscheinlich hast Du, bewacht von den
Argusaugen der Mönche, doch Gelegenheit
gefunden, den Wein ganz zu verschütten,
denn trankst Du nur einen Tropfen, so warst
Du hin, in Zeit von zehn Minuten." -- "O,
schaut her, rief ich und zeigte, den Ermel der
Kutte aufstreifend, dem Prior meinen bis
auf den Knochen eingeschrumpften Arm, in¬
dem ich erzählte, wie ich, Böses ahnend, den
Wein in den Ermel gegossen." Leonardus
schauerte zurück vor dem häßlichen Anblick
des mumienartigen Gliedes, und sprach dumpf

geſprochen, jetzt kann der Freund, der Va¬
ter mit Dir reden! — Auf wunderbare Weiſe
biſt du errettet worden vom Tode, der Dir
in Rom drohte. — Nur Cyrillus fiel als
Opfer ...“ — „Ihr wißt alſo?“ frug ich voll
Staunen. „Alles, erwiederte der Prior: Ich
weiß, daß Du dem Armen beiſtandeſt in der
letzten Todesnoth, und daß man Dich mit
dem vergifteten Wein, den man Dir zum
Labetrunk darbot, zu ermorden gedachte.
Wahrſcheinlich haſt Du, bewacht von den
Argusaugen der Moͤnche, doch Gelegenheit
gefunden, den Wein ganz zu verſchuͤtten,
denn trankſt Du nur einen Tropfen, ſo warſt
Du hin, in Zeit von zehn Minuten.“ — „O,
ſchaut her, rief ich und zeigte, den Ermel der
Kutte aufſtreifend, dem Prior meinen bis
auf den Knochen eingeſchrumpften Arm, in¬
dem ich erzaͤhlte, wie ich, Boͤſes ahnend, den
Wein in den Ermel gegoſſen.“ Leonardus
ſchauerte zuruͤck vor dem haͤßlichen Anblick
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[309/0317] geſprochen, jetzt kann der Freund, der Va¬ ter mit Dir reden! — Auf wunderbare Weiſe biſt du errettet worden vom Tode, der Dir in Rom drohte. — Nur Cyrillus fiel als Opfer ...“ — „Ihr wißt alſo?“ frug ich voll Staunen. „Alles, erwiederte der Prior: Ich weiß, daß Du dem Armen beiſtandeſt in der letzten Todesnoth, und daß man Dich mit dem vergifteten Wein, den man Dir zum Labetrunk darbot, zu ermorden gedachte. Wahrſcheinlich haſt Du, bewacht von den Argusaugen der Moͤnche, doch Gelegenheit gefunden, den Wein ganz zu verſchuͤtten, denn trankſt Du nur einen Tropfen, ſo warſt Du hin, in Zeit von zehn Minuten.“ — „O, ſchaut her, rief ich und zeigte, den Ermel der Kutte aufſtreifend, dem Prior meinen bis auf den Knochen eingeſchrumpften Arm, in¬ dem ich erzaͤhlte, wie ich, Boͤſes ahnend, den Wein in den Ermel gegoſſen.“ Leonardus ſchauerte zuruͤck vor dem haͤßlichen Anblick des mumienartigen Gliedes, und ſprach dumpf

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/317>, abgerufen am 25.11.2024.