Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

"lenken wähntest; nicht zu tödten vermagst
"du den Wurm der an deinem Herzmark mit
"tödlichen Bissen nagt, schmachvoll ver¬
"derben wirst du in trostlosem Jammer,
"wenn der Arm der Gerechtigkeit auch deiner
"schont." So, laut klagend, warf ich mich
auf das Stroh und fühlte in dem Augenblick
einen Druck auf der Brust, der von einem
harten Körper in der Busentasche meiner
Weste herzurühren schien. Ich faßte hinein,
und zog ein kleines Messer hervor. Nie hat¬
te ich, so lange ich im Kerker war, ein
Messer bei mir getragen, es mußte daher das¬
selbe seyn, das mir mein gespenstisches Eben¬
bild herauf gereicht hatte. Mühsam stand
ich auf, und hielt das Messer in den stärker
hereinbrechenden Lichtstrahl. Ich erblickte
das silberne blinkende Heft. Unerforschliches
Verhängniß! es war dasselbe Messer, womit
ich Hermogen getödtet, und das ich seit eini¬
gen Wochen vermißt hatte. Aber nun ging
plötzlich in meinem Innern, wunderbar leuch¬

„lenken waͤhnteſt; nicht zu toͤdten vermagſt
„du den Wurm der an deinem Herzmark mit
„toͤdlichen Biſſen nagt, ſchmachvoll ver¬
„derben wirſt du in troſtloſem Jammer,
„wenn der Arm der Gerechtigkeit auch deiner
„ſchont.“ So, laut klagend, warf ich mich
auf das Stroh und fuͤhlte in dem Augenblick
einen Druck auf der Bruſt, der von einem
harten Koͤrper in der Buſentaſche meiner
Weſte herzuruͤhren ſchien. Ich faßte hinein,
und zog ein kleines Meſſer hervor. Nie hat¬
te ich, ſo lange ich im Kerker war, ein
Meſſer bei mir getragen, es mußte daher daſ¬
ſelbe ſeyn, das mir mein geſpenſtiſches Eben¬
bild herauf gereicht hatte. Muͤhſam ſtand
ich auf, und hielt das Meſſer in den ſtaͤrker
hereinbrechenden Lichtſtrahl. Ich erblickte
das ſilberne blinkende Heft. Unerforſchliches
Verhaͤngniß! es war daſſelbe Meſſer, womit
ich Hermogen getoͤdtet, und das ich ſeit eini¬
gen Wochen vermißt hatte. Aber nun ging
ploͤtzlich in meinem Innern, wunderbar leuch¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0065" n="57"/>
&#x201E;lenken wa&#x0364;hnte&#x017F;t; nicht zu to&#x0364;dten vermag&#x017F;t<lb/>
&#x201E;du den Wurm der an deinem Herzmark mit<lb/>
&#x201E;to&#x0364;dlichen Bi&#x017F;&#x017F;en nagt, &#x017F;chmachvoll ver¬<lb/>
&#x201E;derben wir&#x017F;t du in tro&#x017F;tlo&#x017F;em Jammer,<lb/>
&#x201E;wenn der Arm der Gerechtigkeit auch deiner<lb/>
&#x201E;&#x017F;chont.&#x201C; So, laut klagend, warf ich mich<lb/>
auf das Stroh und fu&#x0364;hlte in dem Augenblick<lb/>
einen Druck auf der Bru&#x017F;t, der von einem<lb/>
harten Ko&#x0364;rper in der Bu&#x017F;enta&#x017F;che meiner<lb/>
We&#x017F;te herzuru&#x0364;hren &#x017F;chien. Ich faßte hinein,<lb/>
und zog ein kleines Me&#x017F;&#x017F;er hervor. Nie hat¬<lb/>
te ich, &#x017F;o lange ich im Kerker war, ein<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;er bei mir getragen, es mußte daher da&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;elbe &#x017F;eyn, das mir mein ge&#x017F;pen&#x017F;ti&#x017F;ches Eben¬<lb/>
bild herauf gereicht hatte. Mu&#x0364;h&#x017F;am &#x017F;tand<lb/>
ich auf, und hielt das Me&#x017F;&#x017F;er in den &#x017F;ta&#x0364;rker<lb/>
hereinbrechenden Licht&#x017F;trahl. Ich erblickte<lb/>
das &#x017F;ilberne blinkende Heft. Unerfor&#x017F;chliches<lb/>
Verha&#x0364;ngniß! es war da&#x017F;&#x017F;elbe Me&#x017F;&#x017F;er, womit<lb/>
ich Hermogen geto&#x0364;dtet, und das ich &#x017F;eit eini¬<lb/>
gen Wochen vermißt hatte. Aber nun ging<lb/>
plo&#x0364;tzlich in meinem Innern, wunderbar leuch¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0065] „lenken waͤhnteſt; nicht zu toͤdten vermagſt „du den Wurm der an deinem Herzmark mit „toͤdlichen Biſſen nagt, ſchmachvoll ver¬ „derben wirſt du in troſtloſem Jammer, „wenn der Arm der Gerechtigkeit auch deiner „ſchont.“ So, laut klagend, warf ich mich auf das Stroh und fuͤhlte in dem Augenblick einen Druck auf der Bruſt, der von einem harten Koͤrper in der Buſentaſche meiner Weſte herzuruͤhren ſchien. Ich faßte hinein, und zog ein kleines Meſſer hervor. Nie hat¬ te ich, ſo lange ich im Kerker war, ein Meſſer bei mir getragen, es mußte daher daſ¬ ſelbe ſeyn, das mir mein geſpenſtiſches Eben¬ bild herauf gereicht hatte. Muͤhſam ſtand ich auf, und hielt das Meſſer in den ſtaͤrker hereinbrechenden Lichtſtrahl. Ich erblickte das ſilberne blinkende Heft. Unerforſchliches Verhaͤngniß! es war daſſelbe Meſſer, womit ich Hermogen getoͤdtet, und das ich ſeit eini¬ gen Wochen vermißt hatte. Aber nun ging ploͤtzlich in meinem Innern, wunderbar leuch¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/65
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/65>, abgerufen am 11.12.2024.