Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

er schnell auf ihn zu und begann ihn mit geballter
Faust derb abzubläuen.

Da riß ihn aber der Hauswirth zurück und
erklärte, daß er ihn gleich zum Hause hinauswerfen
werde, wenn er nicht Ruhe halte. Wollten sie beide
ihre Taschenspielerkünste zeigen, so möchten sie das
thun, jedoch ohne sich zu zanken und zu prügeln,
wie gemeines Volk. --

Den Fluchbegabten schien es etwas zu verschnup¬
fen, daß der Wirth ihn für einen Taschenspieler hielt.
Er versicherte, daß er nichts weniger sey, als ein schnöder
Gaukler, der lose Künste treibe. Sonst habe er die
Ballettmeisterstelle bei dem Theater eines berühmten
Königs bekleidet, jetzt privatisire er als schöner Geist
und heiße wie es sein Metier erfordere, nämlich Legenie.
Habe er im gerechten Zorn über den fatalen Men¬
schen dort etwas höher gesprungen, als gebührlich,
so sey das seine Sache und gehe niemanden etwas an.

Der Wirth meinte, daß das alles noch keine
Prügelei rechtfertige; der schöne Geist erwiederte in¬
dessen, daß der Wirth den boshaften hinterlistigen
Menschen nur nicht kenne, da er ihm sonst einen zer¬
bläuten Rücken recht herzlich gönnen würde. Der
Mensch sey nämlich ehemals französischer Douanier
gewesen, nähre sich jetzt vom Aderlassen, Schröpfen

12 *

er ſchnell auf ihn zu und begann ihn mit geballter
Fauſt derb abzubläuen.

Da riß ihn aber der Hauswirth zurück und
erklärte, daß er ihn gleich zum Hauſe hinauswerfen
werde, wenn er nicht Ruhe halte. Wollten ſie beide
ihre Taſchenſpielerkünſte zeigen, ſo möchten ſie das
thun, jedoch ohne ſich zu zanken und zu prügeln,
wie gemeines Volk. —

Den Fluchbegabten ſchien es etwas zu verſchnup¬
fen, daß der Wirth ihn für einen Taſchenſpieler hielt.
Er verſicherte, daß er nichts weniger ſey, als ein ſchnöder
Gaukler, der loſe Künſte treibe. Sonſt habe er die
Ballettmeiſterſtelle bei dem Theater eines berühmten
Königs bekleidet, jetzt privatiſire er als ſchöner Geiſt
und heiße wie es ſein Metier erfordere, nämlich Legénie.
Habe er im gerechten Zorn über den fatalen Men¬
ſchen dort etwas höher geſprungen, als gebührlich,
ſo ſey das ſeine Sache und gehe niemanden etwas an.

Der Wirth meinte, daß das alles noch keine
Prügelei rechtfertige; der ſchöne Geiſt erwiederte in¬
deſſen, daß der Wirth den boshaften hinterliſtigen
Menſchen nur nicht kenne, da er ihm ſonſt einen zer¬
bläuten Rücken recht herzlich gönnen würde. Der
Menſch ſey nämlich ehemals franzöſiſcher Douanier
geweſen, nähre ſich jetzt vom Aderlaſſen, Schröpfen

12 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0184" n="179"/>
er &#x017F;chnell auf ihn zu und begann ihn mit geballter<lb/>
Fau&#x017F;t derb abzubläuen.</p><lb/>
          <p>Da riß ihn aber der Hauswirth zurück und<lb/>
erklärte, daß er ihn gleich zum Hau&#x017F;e hinauswerfen<lb/>
werde, wenn er nicht Ruhe halte. Wollten &#x017F;ie beide<lb/>
ihre Ta&#x017F;chen&#x017F;pielerkün&#x017F;te zeigen, &#x017F;o möchten &#x017F;ie das<lb/>
thun, jedoch ohne &#x017F;ich zu zanken und zu prügeln,<lb/>
wie gemeines Volk. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Den Fluchbegabten &#x017F;chien es etwas zu ver&#x017F;chnup¬<lb/>
fen, daß der Wirth ihn für einen Ta&#x017F;chen&#x017F;pieler hielt.<lb/>
Er ver&#x017F;icherte, daß er nichts weniger &#x017F;ey, als ein &#x017F;chnöder<lb/>
Gaukler, der lo&#x017F;e Kün&#x017F;te treibe. Son&#x017F;t habe er die<lb/>
Ballettmei&#x017F;ter&#x017F;telle bei dem Theater eines berühmten<lb/>
Königs bekleidet, jetzt privati&#x017F;ire er als &#x017F;chöner Gei&#x017F;t<lb/>
und heiße wie es &#x017F;ein Metier erfordere, nämlich Leg<hi rendition="#aq">é</hi>nie.<lb/>
Habe er im gerechten Zorn über den fatalen Men¬<lb/>
&#x017F;chen dort etwas höher ge&#x017F;prungen, als gebührlich,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ey das &#x017F;eine Sache und gehe niemanden etwas an.</p><lb/>
          <p>Der Wirth meinte, daß das alles noch keine<lb/>
Prügelei rechtfertige; der &#x017F;chöne Gei&#x017F;t erwiederte in¬<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en, daß der Wirth den boshaften hinterli&#x017F;tigen<lb/>
Men&#x017F;chen nur nicht kenne, da er ihm &#x017F;on&#x017F;t einen zer¬<lb/>
bläuten Rücken recht herzlich gönnen würde. Der<lb/>
Men&#x017F;ch &#x017F;ey nämlich ehemals franzö&#x017F;i&#x017F;cher Douanier<lb/>
gewe&#x017F;en, nähre &#x017F;ich jetzt vom Aderla&#x017F;&#x017F;en, Schröpfen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12 *<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0184] er ſchnell auf ihn zu und begann ihn mit geballter Fauſt derb abzubläuen. Da riß ihn aber der Hauswirth zurück und erklärte, daß er ihn gleich zum Hauſe hinauswerfen werde, wenn er nicht Ruhe halte. Wollten ſie beide ihre Taſchenſpielerkünſte zeigen, ſo möchten ſie das thun, jedoch ohne ſich zu zanken und zu prügeln, wie gemeines Volk. — Den Fluchbegabten ſchien es etwas zu verſchnup¬ fen, daß der Wirth ihn für einen Taſchenſpieler hielt. Er verſicherte, daß er nichts weniger ſey, als ein ſchnöder Gaukler, der loſe Künſte treibe. Sonſt habe er die Ballettmeiſterſtelle bei dem Theater eines berühmten Königs bekleidet, jetzt privatiſire er als ſchöner Geiſt und heiße wie es ſein Metier erfordere, nämlich Legénie. Habe er im gerechten Zorn über den fatalen Men¬ ſchen dort etwas höher geſprungen, als gebührlich, ſo ſey das ſeine Sache und gehe niemanden etwas an. Der Wirth meinte, daß das alles noch keine Prügelei rechtfertige; der ſchöne Geiſt erwiederte in¬ deſſen, daß der Wirth den boshaften hinterliſtigen Menſchen nur nicht kenne, da er ihm ſonſt einen zer¬ bläuten Rücken recht herzlich gönnen würde. Der Menſch ſey nämlich ehemals franzöſiſcher Douanier geweſen, nähre ſich jetzt vom Aderlaſſen, Schröpfen 12 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/184
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/184>, abgerufen am 27.11.2024.