Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

gewöhnlich, bereitet, wozu der Fremde eine Fla¬
sche köstlichen Weins aus dem Felleisen hergab.
Als sie nun fröhlich bei Tische saßen und der
kleine Knabe mit solch' wunderbar verständigen
Augen umherblickte, hub der Fremde an: "Euer
Kind verspricht in der That mit seinem besondern
Wesen schon jetzt recht viel und es ist Schade, daß
Ihr nicht im Stande seyn werdet, es gehörig zu
erziehen. Ich hätte Euch wol einen Vorschlag zu
thun, Ihr werdet ihn aber verwerfen wollen, un¬
erachtet Ihr bedenken möchtet, daß er nur Euer
Glück, Euern Wohlstand bezweckt. Ihr wißt,
daß ich reich und ohne Kinder bin, ich fühle
eine ganz besondere Liebe und Zuneigung zu Eu¬
erm Knaben -- Gebt mir ihn! -- Ich bringe
ihn nach Strasburg, wo er von einer Freundin
von mir, einer alten ehrbaren Frau, auf das beste
erzogen werden und mir so wie Euch große Freude
machen soll. Ihr werdet mit Euerm Kinde einer
großen Last frei; doch müßt Ihr Euern Entschluß
schnell fassen, da ich genöthigt bin, noch heute

Abend

gewoͤhnlich, bereitet, wozu der Fremde eine Fla¬
ſche koͤſtlichen Weins aus dem Felleiſen hergab.
Als ſie nun froͤhlich bei Tiſche ſaßen und der
kleine Knabe mit ſolch' wunderbar verſtaͤndigen
Augen umherblickte, hub der Fremde an: „Euer
Kind verſpricht in der That mit ſeinem beſondern
Weſen ſchon jetzt recht viel und es iſt Schade, daß
Ihr nicht im Stande ſeyn werdet, es gehoͤrig zu
erziehen. Ich haͤtte Euch wol einen Vorſchlag zu
thun, Ihr werdet ihn aber verwerfen wollen, un¬
erachtet Ihr bedenken moͤchtet, daß er nur Euer
Gluͤck, Euern Wohlſtand bezweckt. Ihr wißt,
daß ich reich und ohne Kinder bin, ich fuͤhle
eine ganz beſondere Liebe und Zuneigung zu Eu¬
erm Knaben — Gebt mir ihn! — Ich bringe
ihn nach Strasburg, wo er von einer Freundin
von mir, einer alten ehrbaren Frau, auf das beſte
erzogen werden und mir ſo wie Euch große Freude
machen ſoll. Ihr werdet mit Euerm Kinde einer
großen Laſt frei; doch muͤßt Ihr Euern Entſchluß
ſchnell faſſen, da ich genoͤthigt bin, noch heute

Abend
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0120" n="112"/>
gewo&#x0364;hnlich, bereitet, wozu der Fremde eine Fla¬<lb/>
&#x017F;che ko&#x0364;&#x017F;tlichen Weins aus dem Fellei&#x017F;en hergab.<lb/>
Als &#x017F;ie nun fro&#x0364;hlich bei Ti&#x017F;che &#x017F;aßen und der<lb/>
kleine Knabe mit &#x017F;olch' wunderbar ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen<lb/>
Augen umherblickte, hub der Fremde an: &#x201E;Euer<lb/>
Kind ver&#x017F;pricht in der That mit &#x017F;einem be&#x017F;ondern<lb/>
We&#x017F;en &#x017F;chon jetzt recht viel und es i&#x017F;t Schade, daß<lb/>
Ihr nicht im Stande &#x017F;eyn werdet, es geho&#x0364;rig zu<lb/>
erziehen. Ich ha&#x0364;tte Euch wol einen Vor&#x017F;chlag zu<lb/>
thun, Ihr werdet ihn aber verwerfen wollen, un¬<lb/>
erachtet Ihr bedenken mo&#x0364;chtet, daß er nur Euer<lb/>
Glu&#x0364;ck, Euern Wohl&#x017F;tand bezweckt. Ihr wißt,<lb/>
daß ich reich und ohne Kinder bin, ich fu&#x0364;hle<lb/>
eine ganz be&#x017F;ondere Liebe und Zuneigung zu Eu¬<lb/>
erm Knaben &#x2014; Gebt mir ihn! &#x2014; Ich bringe<lb/>
ihn nach Strasburg, wo er von einer Freundin<lb/>
von mir, einer alten ehrbaren Frau, auf das be&#x017F;te<lb/>
erzogen werden und mir &#x017F;o wie Euch große Freude<lb/>
machen &#x017F;oll. Ihr werdet mit Euerm Kinde einer<lb/>
großen La&#x017F;t frei; doch mu&#x0364;ßt Ihr Euern Ent&#x017F;chluß<lb/>
&#x017F;chnell fa&#x017F;&#x017F;en, da ich geno&#x0364;thigt bin, noch heute<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Abend<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0120] gewoͤhnlich, bereitet, wozu der Fremde eine Fla¬ ſche koͤſtlichen Weins aus dem Felleiſen hergab. Als ſie nun froͤhlich bei Tiſche ſaßen und der kleine Knabe mit ſolch' wunderbar verſtaͤndigen Augen umherblickte, hub der Fremde an: „Euer Kind verſpricht in der That mit ſeinem beſondern Weſen ſchon jetzt recht viel und es iſt Schade, daß Ihr nicht im Stande ſeyn werdet, es gehoͤrig zu erziehen. Ich haͤtte Euch wol einen Vorſchlag zu thun, Ihr werdet ihn aber verwerfen wollen, un¬ erachtet Ihr bedenken moͤchtet, daß er nur Euer Gluͤck, Euern Wohlſtand bezweckt. Ihr wißt, daß ich reich und ohne Kinder bin, ich fuͤhle eine ganz beſondere Liebe und Zuneigung zu Eu¬ erm Knaben — Gebt mir ihn! — Ich bringe ihn nach Strasburg, wo er von einer Freundin von mir, einer alten ehrbaren Frau, auf das beſte erzogen werden und mir ſo wie Euch große Freude machen ſoll. Ihr werdet mit Euerm Kinde einer großen Laſt frei; doch muͤßt Ihr Euern Entſchluß ſchnell faſſen, da ich genoͤthigt bin, noch heute Abend

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/120
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/120>, abgerufen am 26.05.2024.