die sein Blut tröpfelte. Sie sah nur noch, wie der Knecht mit der Axt ausholte, um den Den¬ ner zu treffen, wie dieser dem Schlage auswich, den Knecht unterlief und mit ihm rang. Es war ihr, als höre sie jetzt mehrere Stimmen dicht vor den Fenstern, bewußtlos sank sie zu Boden. Als sie wieder erwachte, war es finstre Nacht worden, aber ganz betäubt vermochte sie nicht die erstarrten Glieder zu regen. Endlich wurde es Tag und nun sah sie mit Entsetzen, wie das Blut im Zimmer schwamm. Stücke von Denner's Kleidern lagen überall umher -- ein ausgerissener Schopf von des Knechts Haa¬ ren -- die Axt blutig daneben -- der Knabe vom Tische herabgeschleudert mit zerschnittener Brust. Auf's neue wurde Giorgina ohnmächtig, sie glaubte zu sterben, aber sie erwachte wie aus dem Todesschlummer, als es schon Mittag gewor¬ den. Sie raffte sich mühsam auf, sie rief laut den Georg, aber als niemand antwortete, glaubte sie, auch Georg sei ermordet. Die Verzweif¬
die ſein Blut troͤpfelte. Sie ſah nur noch, wie der Knecht mit der Axt ausholte, um den Den¬ ner zu treffen, wie dieſer dem Schlage auswich, den Knecht unterlief und mit ihm rang. Es war ihr, als hoͤre ſie jetzt mehrere Stimmen dicht vor den Fenſtern, bewußtlos ſank ſie zu Boden. Als ſie wieder erwachte, war es finſtre Nacht worden, aber ganz betaͤubt vermochte ſie nicht die erſtarrten Glieder zu regen. Endlich wurde es Tag und nun ſah ſie mit Entſetzen, wie das Blut im Zimmer ſchwamm. Stuͤcke von Denner's Kleidern lagen uͤberall umher — ein ausgeriſſener Schopf von des Knechts Haa¬ ren — die Axt blutig daneben — der Knabe vom Tiſche herabgeſchleudert mit zerſchnittener Bruſt. Auf's neue wurde Giorgina ohnmaͤchtig, ſie glaubte zu ſterben, aber ſie erwachte wie aus dem Todesſchlummer, als es ſchon Mittag gewor¬ den. Sie raffte ſich muͤhſam auf, ſie rief laut den Georg, aber als niemand antwortete, glaubte ſie, auch Georg ſei ermordet. Die Verzweif¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0156"n="148"/>
die ſein Blut troͤpfelte. Sie ſah nur noch, wie<lb/>
der Knecht mit der Axt ausholte, um den <hirendition="#g">Den</hi>¬<lb/><hirendition="#g">ner</hi> zu treffen, wie dieſer dem Schlage auswich,<lb/>
den Knecht unterlief und mit ihm rang. Es<lb/>
war ihr, als hoͤre ſie jetzt mehrere Stimmen<lb/>
dicht vor den Fenſtern, bewußtlos ſank ſie zu<lb/>
Boden. Als ſie wieder erwachte, war es finſtre<lb/>
Nacht worden, aber ganz betaͤubt vermochte ſie<lb/>
nicht die erſtarrten Glieder zu regen. Endlich<lb/>
wurde es Tag und nun ſah ſie mit Entſetzen,<lb/>
wie das Blut im Zimmer ſchwamm. Stuͤcke<lb/>
von <hirendition="#g">Denner's</hi> Kleidern lagen uͤberall umher —<lb/>
ein ausgeriſſener Schopf von des Knechts Haa¬<lb/>
ren — die Axt blutig daneben — der Knabe<lb/>
vom Tiſche herabgeſchleudert mit zerſchnittener<lb/>
Bruſt. Auf's neue wurde <hirendition="#g">Giorgina</hi> ohnmaͤchtig,<lb/>ſie glaubte zu ſterben, aber ſie erwachte wie aus<lb/>
dem Todesſchlummer, als es ſchon Mittag gewor¬<lb/>
den. Sie raffte ſich muͤhſam auf, ſie rief laut<lb/>
den <hirendition="#g">Georg</hi>, aber als niemand antwortete, glaubte<lb/>ſie, auch <hirendition="#g">Georg</hi>ſei ermordet. Die Verzweif¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[148/0156]
die ſein Blut troͤpfelte. Sie ſah nur noch, wie
der Knecht mit der Axt ausholte, um den Den¬
ner zu treffen, wie dieſer dem Schlage auswich,
den Knecht unterlief und mit ihm rang. Es
war ihr, als hoͤre ſie jetzt mehrere Stimmen
dicht vor den Fenſtern, bewußtlos ſank ſie zu
Boden. Als ſie wieder erwachte, war es finſtre
Nacht worden, aber ganz betaͤubt vermochte ſie
nicht die erſtarrten Glieder zu regen. Endlich
wurde es Tag und nun ſah ſie mit Entſetzen,
wie das Blut im Zimmer ſchwamm. Stuͤcke
von Denner's Kleidern lagen uͤberall umher —
ein ausgeriſſener Schopf von des Knechts Haa¬
ren — die Axt blutig daneben — der Knabe
vom Tiſche herabgeſchleudert mit zerſchnittener
Bruſt. Auf's neue wurde Giorgina ohnmaͤchtig,
ſie glaubte zu ſterben, aber ſie erwachte wie aus
dem Todesſchlummer, als es ſchon Mittag gewor¬
den. Sie raffte ſich muͤhſam auf, ſie rief laut
den Georg, aber als niemand antwortete, glaubte
ſie, auch Georg ſei ermordet. Die Verzweif¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/156>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.