Denner lachte höhnisch und meinte, warum er denn aus allzugroßer Furcht vor dem Tode noch erst das Gericht zu belügen sich unterfange, und daß es sich schlecht mit der Frömmigkeit, von der er so viel Aufhebens mache, vereinbare, daß er Gott und die Heiligen zur Bekräftigung seiner falschen Aussagen anrufe. -- Die Richter wu߬ ten in der That nicht, was sie von dem Andres, dessen Miene und Sprache die Wahrheit seiner Aussage zu bestätigen schien, so wie von Den¬ ner's kalter Festigkeit denken sollten. -- Nun wurde Giorgina vorgeführt, die in namenlo¬ sem Jammer laut weinend auf den Mann zu¬ stürzte. Sie wußte nur Unzusammenhängendes zu erzählen, und unerachtet sie den Denner des entsetzlichen Mordes ihres Knaben anklagte, schien Denner doch keinesweges entrüstet, sondern be¬ hauptete, wie er schon früher gethan, daß Giorgina nie etwas von den Unternehmungen ihres Mannes gewußt habe, sondern ganz un¬ schuldig sei. Andres wurde in sein Gefängniß
Denner lachte hoͤhniſch und meinte, warum er denn aus allzugroßer Furcht vor dem Tode noch erſt das Gericht zu beluͤgen ſich unterfange, und daß es ſich ſchlecht mit der Froͤmmigkeit, von der er ſo viel Aufhebens mache, vereinbare, daß er Gott und die Heiligen zur Bekraͤftigung ſeiner falſchen Ausſagen anrufe. — Die Richter wu߬ ten in der That nicht, was ſie von dem Andres, deſſen Miene und Sprache die Wahrheit ſeiner Ausſage zu beſtaͤtigen ſchien, ſo wie von Den¬ ner's kalter Feſtigkeit denken ſollten. — Nun wurde Giorgina vorgefuͤhrt, die in namenlo¬ ſem Jammer laut weinend auf den Mann zu¬ ſtuͤrzte. Sie wußte nur Unzuſammenhaͤngendes zu erzaͤhlen, und unerachtet ſie den Denner des entſetzlichen Mordes ihres Knaben anklagte, ſchien Denner doch keinesweges entruͤſtet, ſondern be¬ hauptete, wie er ſchon fruͤher gethan, daß Giorgina nie etwas von den Unternehmungen ihres Mannes gewußt habe, ſondern ganz un¬ ſchuldig ſei. Andres wurde in ſein Gefaͤngniß
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Denner lachte hoͤhniſch und meinte, warum er
denn aus allzugroßer Furcht vor dem Tode noch
erſt das Gericht zu beluͤgen ſich unterfange, und
daß es ſich ſchlecht mit der Froͤmmigkeit, von der
er ſo viel Aufhebens mache, vereinbare, daß er
Gott und die Heiligen zur Bekraͤftigung ſeiner
falſchen Ausſagen anrufe. — Die Richter wu߬
ten in der That nicht, was ſie von dem Andres,
deſſen Miene und Sprache die Wahrheit ſeiner
Ausſage zu beſtaͤtigen ſchien, ſo wie von Den¬
ner's kalter Feſtigkeit denken ſollten. — Nun
wurde Giorgina vorgefuͤhrt, die in namenlo¬
ſem Jammer laut weinend auf den Mann zu¬
ſtuͤrzte. Sie wußte nur Unzuſammenhaͤngendes
zu erzaͤhlen, und unerachtet ſie den Denner des
entſetzlichen Mordes ihres Knaben anklagte, ſchien
Denner doch keinesweges entruͤſtet, ſondern be¬
hauptete, wie er ſchon fruͤher gethan, daß
Giorgina nie etwas von den Unternehmungen
ihres Mannes gewußt habe, ſondern ganz un¬
ſchuldig ſei. Andres wurde in ſein Gefaͤngniß
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/164>, abgerufen am 27.07.2024.
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