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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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mer -- Noth -- zeitliches, ewiges Verderben
bringt.

Ich war fest gezaubert. Auf die Gefahr ent¬
deckt, und, wie ich deutlich dachte, hart gestraft
zu werden, blieb ich stehen, den Kopf lauschend
durch die Gardine hervorgestreckt. Mein Vater
empfing den Coppelius feierlich. "Auf! --
zum Werk," rief dieser mit heiserer, schnarrender
Stimme und warf den Rock ab. Der Vater zog
still und finster seinen Schlafrock aus und beide
kleideten sich in lange schwarze Kittel. Wo sie
die hernahmen, hatte ich übersehen. Der Vater
öffnete die Flügelthür eines Wandschranks; aber
ich sah, daß das, was ich so lange dafür gehal¬
ten, kein Wandschrank, sondern vielmehr eine
schwarze Höhlung war, in der ein kleiner Heerd
stand. Coppelius trat hinzu und eine blaue
Flamme knisterte auf dem Heerde empor. Aller¬
lei seltsames Geräthe stand umher. Ach Gott! --
wie sich nun mein alter Vater zum Feuer herab¬
bückte, da sah er ganz anders aus. Ein gräßli¬
cher krampfhafter Schmerz schien seine sanften

mer — Noth — zeitliches, ewiges Verderben
bringt.

Ich war feſt gezaubert. Auf die Gefahr ent¬
deckt, und, wie ich deutlich dachte, hart geſtraft
zu werden, blieb ich ſtehen, den Kopf lauſchend
durch die Gardine hervorgeſtreckt. Mein Vater
empfing den Coppelius feierlich. „Auf! —
zum Werk,“ rief dieſer mit heiſerer, ſchnarrender
Stimme und warf den Rock ab. Der Vater zog
ſtill und finſter ſeinen Schlafrock aus und beide
kleideten ſich in lange ſchwarze Kittel. Wo ſie
die hernahmen, hatte ich uͤberſehen. Der Vater
oͤffnete die Fluͤgelthuͤr eines Wandſchranks; aber
ich ſah, daß das, was ich ſo lange dafuͤr gehal¬
ten, kein Wandſchrank, ſondern vielmehr eine
ſchwarze Hoͤhlung war, in der ein kleiner Heerd
ſtand. Coppelius trat hinzu und eine blaue
Flamme kniſterte auf dem Heerde empor. Aller¬
lei ſeltſames Geraͤthe ſtand umher. Ach Gott! —
wie ſich nun mein alter Vater zum Feuer herab¬
buͤckte, da ſah er ganz anders aus. Ein graͤßli¬
cher krampfhafter Schmerz ſchien ſeine ſanften

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[13/0021] mer — Noth — zeitliches, ewiges Verderben bringt. Ich war feſt gezaubert. Auf die Gefahr ent¬ deckt, und, wie ich deutlich dachte, hart geſtraft zu werden, blieb ich ſtehen, den Kopf lauſchend durch die Gardine hervorgeſtreckt. Mein Vater empfing den Coppelius feierlich. „Auf! — zum Werk,“ rief dieſer mit heiſerer, ſchnarrender Stimme und warf den Rock ab. Der Vater zog ſtill und finſter ſeinen Schlafrock aus und beide kleideten ſich in lange ſchwarze Kittel. Wo ſie die hernahmen, hatte ich uͤberſehen. Der Vater oͤffnete die Fluͤgelthuͤr eines Wandſchranks; aber ich ſah, daß das, was ich ſo lange dafuͤr gehal¬ ten, kein Wandſchrank, ſondern vielmehr eine ſchwarze Hoͤhlung war, in der ein kleiner Heerd ſtand. Coppelius trat hinzu und eine blaue Flamme kniſterte auf dem Heerde empor. Aller¬ lei ſeltſames Geraͤthe ſtand umher. Ach Gott! — wie ſich nun mein alter Vater zum Feuer herab¬ buͤckte, da ſah er ganz anders aus. Ein graͤßli¬ cher krampfhafter Schmerz ſchien ſeine ſanften

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/21>, abgerufen am 21.11.2024.