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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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der, helft mir erst fein bauen." Er zündete einige
Kerzen an, wir liefen durch die Kirche, schlepp¬
ten Böcke und Breter herbei und bald stand ein
hohes Gerüst in der Blende. "Nun frisch zu¬
gereicht," rief Berthold, indem er heraufstieg.
Ich erstaunte über die Schnelligkeit, mit der Bert¬
hold
die Zeichnung ins Große übertrug; keck zog
er seine Linien, niemals gefehlt, immer richtig
und rein. An dergleichen Dinge in früherer
Zeit gewöhnt, half ich dem Mahler treulich, in¬
dem ich, bald oben, bald unter ihm stehend, die
langen Lineale in die angedeuteten Punkte ein¬
setzte und festhielt, die Kohlen spitz schliff und
ihm zureichte u. s. w. "Ihr seid ja gar ein
wackerer Gehülfe," rief Berthold ganz fröhlich,
"und Ihr," erwiederte ich, "in der That einer
der geübtesten Architektur-Mahler, die es geben
mag; habt Ihr denn bei Eurer fertigen kecken
Faust nie andere Mahlerei getrieben, als diese? --
Verzeiht meine Frage." "Was meint Ihr denn
eigentlich?" sprach Berthold. "Nun," erwiederte

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der, helft mir erſt fein bauen.“ Er zuͤndete einige
Kerzen an, wir liefen durch die Kirche, ſchlepp¬
ten Boͤcke und Breter herbei und bald ſtand ein
hohes Geruͤſt in der Blende. „Nun friſch zu¬
gereicht,“ rief Berthold, indem er heraufſtieg.
Ich erſtaunte uͤber die Schnelligkeit, mit der Bert¬
hold
die Zeichnung ins Große uͤbertrug; keck zog
er ſeine Linien, niemals gefehlt, immer richtig
und rein. An dergleichen Dinge in fruͤherer
Zeit gewoͤhnt, half ich dem Mahler treulich, in¬
dem ich, bald oben, bald unter ihm ſtehend, die
langen Lineale in die angedeuteten Punkte ein¬
ſetzte und feſthielt, die Kohlen ſpitz ſchliff und
ihm zureichte u. ſ. w. „Ihr ſeid ja gar ein
wackerer Gehuͤlfe,“ rief Berthold ganz froͤhlich,
„und Ihr,“ erwiederte ich, „in der That einer
der geuͤbteſten Architektur-Mahler, die es geben
mag; habt Ihr denn bei Eurer fertigen kecken
Fauſt nie andere Mahlerei getrieben, als dieſe? —
Verzeiht meine Frage.“ „Was meint Ihr denn
eigentlich?“ ſprach Berthold. „Nun,“ erwiederte

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[225/0233] der, helft mir erſt fein bauen.“ Er zuͤndete einige Kerzen an, wir liefen durch die Kirche, ſchlepp¬ ten Boͤcke und Breter herbei und bald ſtand ein hohes Geruͤſt in der Blende. „Nun friſch zu¬ gereicht,“ rief Berthold, indem er heraufſtieg. Ich erſtaunte uͤber die Schnelligkeit, mit der Bert¬ hold die Zeichnung ins Große uͤbertrug; keck zog er ſeine Linien, niemals gefehlt, immer richtig und rein. An dergleichen Dinge in fruͤherer Zeit gewoͤhnt, half ich dem Mahler treulich, in¬ dem ich, bald oben, bald unter ihm ſtehend, die langen Lineale in die angedeuteten Punkte ein¬ ſetzte und feſthielt, die Kohlen ſpitz ſchliff und ihm zureichte u. ſ. w. „Ihr ſeid ja gar ein wackerer Gehuͤlfe,“ rief Berthold ganz froͤhlich, „und Ihr,“ erwiederte ich, „in der That einer der geuͤbteſten Architektur-Mahler, die es geben mag; habt Ihr denn bei Eurer fertigen kecken Fauſt nie andere Mahlerei getrieben, als dieſe? — Verzeiht meine Frage.“ „Was meint Ihr denn eigentlich?“ ſprach Berthold. „Nun,“ erwiederte P

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/233>, abgerufen am 24.11.2024.