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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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nen mein rasendes freveliches Beginnen -- Du
hast mich um mein Leben betrogen, verruchtes
Weib, brüllte ich auf, und stieß sie mit dem Fuße
von mir, wenn sie ohnmächtig niedersank, und
meine Knie umfaßte." --

Berthold grausames wahnsinniges Betra¬
gen gegen Weib und Kind erregte die Aufmerk¬
samkeit der Nachbaren, die es der Obrigkeit an¬
zeigten. Man wollte ihn verhaften, als aber
die Polizeidiener in seine Wohnung traten, war
er sammt Frau und Kind spurlos verschwunden.
Berthold erschien bald darauf zu N. in Ober¬
schlesien; er hatte sich seines Weibes und Kindes
entledigt, und fing voll heitern Muthes an, das
Bild zu mahlen, das er in M. vergebens begon¬
nen hatte. Aber nur die Jungfrau Maria und
die Kinder Christus und Johannes konnte er voll¬
enden, dann fiel er in eine furchtbare Krankheit,
die ihn dem Tode, den er wünschte, nahe brachte.
Um ihn zu pflegen, hatte man alle seine Geräth¬
schaften und auch jenes unvollendete Gemählde

nen mein raſendes freveliches Beginnen — Du
haſt mich um mein Leben betrogen, verruchtes
Weib, bruͤllte ich auf, und ſtieß ſie mit dem Fuße
von mir, wenn ſie ohnmaͤchtig niederſank, und
meine Knie umfaßte.“ —

Berthold grauſames wahnſinniges Betra¬
gen gegen Weib und Kind erregte die Aufmerk¬
ſamkeit der Nachbaren, die es der Obrigkeit an¬
zeigten. Man wollte ihn verhaften, als aber
die Polizeidiener in ſeine Wohnung traten, war
er ſammt Frau und Kind ſpurlos verſchwunden.
Berthold erſchien bald darauf zu N. in Ober¬
ſchleſien; er hatte ſich ſeines Weibes und Kindes
entledigt, und fing voll heitern Muthes an, das
Bild zu mahlen, das er in M. vergebens begon¬
nen hatte. Aber nur die Jungfrau Maria und
die Kinder Chriſtus und Johannes konnte er voll¬
enden, dann fiel er in eine furchtbare Krankheit,
die ihn dem Tode, den er wuͤnſchte, nahe brachte.
Um ihn zu pflegen, hatte man alle ſeine Geraͤth¬
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[274/0282] nen mein raſendes freveliches Beginnen — Du haſt mich um mein Leben betrogen, verruchtes Weib, bruͤllte ich auf, und ſtieß ſie mit dem Fuße von mir, wenn ſie ohnmaͤchtig niederſank, und meine Knie umfaßte.“ — Berthold grauſames wahnſinniges Betra¬ gen gegen Weib und Kind erregte die Aufmerk¬ ſamkeit der Nachbaren, die es der Obrigkeit an¬ zeigten. Man wollte ihn verhaften, als aber die Polizeidiener in ſeine Wohnung traten, war er ſammt Frau und Kind ſpurlos verſchwunden. Berthold erſchien bald darauf zu N. in Ober¬ ſchleſien; er hatte ſich ſeines Weibes und Kindes entledigt, und fing voll heitern Muthes an, das Bild zu mahlen, das er in M. vergebens begon¬ nen hatte. Aber nur die Jungfrau Maria und die Kinder Chriſtus und Johannes konnte er voll¬ enden, dann fiel er in eine furchtbare Krankheit, die ihn dem Tode, den er wuͤnſchte, nahe brachte. Um ihn zu pflegen, hatte man alle ſeine Geraͤth¬ ſchaften und auch jenes unvollendete Gemaͤhlde

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/282>, abgerufen am 22.11.2024.