und sie verwaist nachgelassen, von Nathanaels Mutter ins Haus genommen wurden. Clara und Nathanael faßten eine heftige Zuneigung zu einander, wogegen kein Mensch auf Erden etwas einzuwenden hatte; sie waren daher Ver¬ lobte, als Nathanael den Ort verließ um seine Studien in G. -- fortzusetzen. Da ist er nun in seinem letzten Briefe und hört Collegia bei dem berühmten Professor Physices, Spalan¬ zani.
Nun könnte ich getrost in der Erzählung fort¬ fahren; aber in dem Augenblick steht Clara's Bild so lebendig mir vor Augen, daß ich nicht wegschauen kann, so wie es immer geschah, wenn sie mich holdlächelnd anblickte. -- Für schön konnte Clara keinesweges gelten; das meinten alle, die sich von Amtswegen auf Schönheit ver¬ stehen. Doch lobten die Architekten die reinen Ver¬ hältnisse ihres Wuchses, die Mahler fanden Nacken, Schultern und Brust beinahe zu keusch geformt, verliebten sich dagegen sämmtlich in das wunderbare Magdalenenhaar und faselten überhaupt viel von
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und ſie verwaiſt nachgelaſſen, von Nathanaels Mutter ins Haus genommen wurden. Clara und Nathanael faßten eine heftige Zuneigung zu einander, wogegen kein Menſch auf Erden etwas einzuwenden hatte; ſie waren daher Ver¬ lobte, als Nathanael den Ort verließ um ſeine Studien in G. — fortzuſetzen. Da iſt er nun in ſeinem letzten Briefe und hoͤrt Collegia bei dem beruͤhmten Profeſſor Phyſices, Spalan¬ zani.
Nun koͤnnte ich getroſt in der Erzaͤhlung fort¬ fahren; aber in dem Augenblick ſteht Clara's Bild ſo lebendig mir vor Augen, daß ich nicht wegſchauen kann, ſo wie es immer geſchah, wenn ſie mich holdlaͤchelnd anblickte. — Fuͤr ſchoͤn konnte Clara keinesweges gelten; das meinten alle, die ſich von Amtswegen auf Schoͤnheit ver¬ ſtehen. Doch lobten die Architekten die reinen Ver¬ haͤltniſſe ihres Wuchſes, die Mahler fanden Nacken, Schultern und Bruſt beinahe zu keuſch geformt, verliebten ſich dagegen ſaͤmmtlich in das wunderbare Magdalenenhaar und faſelten uͤberhaupt viel von
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Mutter ins Haus genommen wurden. Clara
und Nathanael faßten eine heftige Zuneigung
zu einander, wogegen kein Menſch auf Erden
etwas einzuwenden hatte; ſie waren daher Ver¬
lobte, als Nathanael den Ort verließ um ſeine
Studien in G. — fortzuſetzen. Da iſt er nun
in ſeinem letzten Briefe und hoͤrt Collegia bei
dem beruͤhmten Profeſſor Phyſices, Spalan¬
zani.
Nun koͤnnte ich getroſt in der Erzaͤhlung fort¬
fahren; aber in dem Augenblick ſteht Clara's
Bild ſo lebendig mir vor Augen, daß ich nicht
wegſchauen kann, ſo wie es immer geſchah, wenn
ſie mich holdlaͤchelnd anblickte. — Fuͤr ſchoͤn
konnte Clara keinesweges gelten; das meinten
alle, die ſich von Amtswegen auf Schoͤnheit ver¬
ſtehen. Doch lobten die Architekten die reinen Ver¬
haͤltniſſe ihres Wuchſes, die Mahler fanden Nacken,
Schultern und Bruſt beinahe zu keuſch geformt,
verliebten ſich dagegen ſaͤmmtlich in das wunderbare
Magdalenenhaar und faſelten uͤberhaupt viel von
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/43>, abgerufen am 03.12.2024.
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