-- Er nahm eine Büchse herab und stieß den Lade¬ stock hinein, als wolle er versuchen, ob sie geladen sey oder nicht! -- Das Blut stieg mir in den Adern, ich faßte nach dem Messer und schritt dicht auf den Baron zu, um es ihm unmöglich zu ma¬ chen, auf mich anzulegen. "Ein schönes Gewehr," sprach der Baron, die Büchse wieder in den Win¬ kel stellend. Ich trat einige Schritte zurück und der Baron an mich heran; kräftiger auf meine Schulter schlagend, als gerade nöthig, sprach er dann: "Ich muß Ihnen aufgeregt und verstört vorkommen, Theodor! ich bin es auch wirklich von der in tausend Aengsten durchwachten Nacht. Der Nervenzufall meiner Frau war durchaus nicht ge¬ fährlich, das sehe ich jetzt ein, aber hier -- hier in diesem Schloß, in das ein finst'rer Geist gebannt ist, fürcht' ich das Entsetzliche, und dann ist es auch das erste Mal, daß sie hier erkrankte. Sie -- Sie allein sind Schuld daran!" -- "Wie das möglich seyn könne, davon hätte ich keine Ah¬
fing wieder an im Zimmer auf und abzurennen.
— Er nahm eine Buͤchſe herab und ſtieß den Lade¬ ſtock hinein, als wolle er verſuchen, ob ſie geladen ſey oder nicht! — Das Blut ſtieg mir in den Adern, ich faßte nach dem Meſſer und ſchritt dicht auf den Baron zu, um es ihm unmoͤglich zu ma¬ chen, auf mich anzulegen. „Ein ſchoͤnes Gewehr,“ ſprach der Baron, die Buͤchſe wieder in den Win¬ kel ſtellend. Ich trat einige Schritte zuruͤck und der Baron an mich heran; kraͤftiger auf meine Schulter ſchlagend, als gerade noͤthig, ſprach er dann: „Ich muß Ihnen aufgeregt und verſtoͤrt vorkommen, Theodor! ich bin es auch wirklich von der in tauſend Aengſten durchwachten Nacht. Der Nervenzufall meiner Frau war durchaus nicht ge¬ faͤhrlich, das ſehe ich jetzt ein, aber hier — hier in dieſem Schloß, in das ein finſt'rer Geiſt gebannt iſt, fuͤrcht' ich das Entſetzliche, und dann iſt es auch das erſte Mal, daß ſie hier erkrankte. Sie — Sie allein ſind Schuld daran!“ — „Wie das moͤglich ſeyn koͤnne, davon haͤtte ich keine Ah¬
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fing wieder an im Zimmer auf und abzurennen.
— Er nahm eine Buͤchſe herab und ſtieß den Lade¬
ſtock hinein, als wolle er verſuchen, ob ſie geladen
ſey oder nicht! — Das Blut ſtieg mir in den
Adern, ich faßte nach dem Meſſer und ſchritt dicht
auf den Baron zu, um es ihm unmoͤglich zu ma¬
chen, auf mich anzulegen. „Ein ſchoͤnes Gewehr,“
ſprach der Baron, die Buͤchſe wieder in den Win¬
kel ſtellend. Ich trat einige Schritte zuruͤck und
der Baron an mich heran; kraͤftiger auf meine
Schulter ſchlagend, als gerade noͤthig, ſprach er
dann: „Ich muß Ihnen aufgeregt und verſtoͤrt
vorkommen, Theodor! ich bin es auch wirklich von
der in tauſend Aengſten durchwachten Nacht. Der
Nervenzufall meiner Frau war durchaus nicht ge¬
faͤhrlich, das ſehe ich jetzt ein, aber hier — hier
in dieſem Schloß, in das ein finſt'rer Geiſt gebannt
iſt, fuͤrcht' ich das Entſetzliche, und dann iſt es auch
das erſte Mal, daß ſie hier erkrankte. Sie —
Sie allein ſind Schuld daran!“ — „Wie das
moͤglich ſeyn koͤnne, davon haͤtte ich keine Ah¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/164>, abgerufen am 21.11.2024.
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