Sie, wiederholen Sie mir Alles, was Sie sahen oder nicht sahen -- hörten -- fühlten -- ahnten." Ich nahm mich zusammen und erzählte ruhig, wie es sich damit begeben, von Anfang bis zu Ende. Der Baron warf nur dann und wann einzelne Worte, die sein Erstaunen ausdrückten, dazwischen. Als ich darauf kam, wie der Alte sich mit frommen Muth dem Spuk entgegengestellt und ihn gebannt habe mit kräftigen Worten, schlug er die Hände zu¬ sammen, hob sie gefaltet zum Himmel empor und rief begeistert: "Ja, er ist der Schutzgeist der Familie! -- ruhen soll in der Gruft der Ahnen seine sterbliche Hülle!" -- Ich hatte geendet. "Daniel, Daniel! was machst du hier zu dieser Stunde!" murmelte der Baron in sich hinein, in¬ dem er mit übereinander geschlagenen Armen im Zimmer auf und abschritt. "Weiter war es also nichts, Herr Baron?" frug ich laut, indem ich Miene machte mich zu entfernen. Der Baron fuhr auf wie aus einem Traum, faßte freundlich mich bei der Hand und sprach: "Ja -- lieber
Freund!
Sie, wiederholen Sie mir Alles, was Sie ſahen oder nicht ſahen — hoͤrten — fuͤhlten — ahnten.“ Ich nahm mich zuſammen und erzaͤhlte ruhig, wie es ſich damit begeben, von Anfang bis zu Ende. Der Baron warf nur dann und wann einzelne Worte, die ſein Erſtaunen ausdruͤckten, dazwiſchen. Als ich darauf kam, wie der Alte ſich mit frommen Muth dem Spuk entgegengeſtellt und ihn gebannt habe mit kraͤftigen Worten, ſchlug er die Haͤnde zu¬ ſammen, hob ſie gefaltet zum Himmel empor und rief begeiſtert: „Ja, er iſt der Schutzgeiſt der Familie! — ruhen ſoll in der Gruft der Ahnen ſeine ſterbliche Huͤlle!“ — Ich hatte geendet. „Daniel, Daniel! was machſt du hier zu dieſer Stunde!“ murmelte der Baron in ſich hinein, in¬ dem er mit uͤbereinander geſchlagenen Armen im Zimmer auf und abſchritt. „Weiter war es alſo nichts, Herr Baron?“ frug ich laut, indem ich Miene machte mich zu entfernen. Der Baron fuhr auf wie aus einem Traum, faßte freundlich mich bei der Hand und ſprach: „Ja — lieber
Freund!
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0168"n="160"/>
Sie, wiederholen Sie mir Alles, was Sie ſahen oder<lb/>
nicht ſahen — hoͤrten — fuͤhlten — ahnten.“<lb/>
Ich nahm mich zuſammen und erzaͤhlte ruhig, wie<lb/>
es ſich damit begeben, von Anfang bis zu Ende.<lb/>
Der Baron warf nur dann und wann einzelne<lb/>
Worte, die ſein Erſtaunen ausdruͤckten, dazwiſchen.<lb/>
Als ich darauf kam, wie der Alte ſich mit frommen<lb/>
Muth dem Spuk entgegengeſtellt und ihn gebannt<lb/>
habe mit kraͤftigen Worten, ſchlug er die Haͤnde zu¬<lb/>ſammen, hob ſie gefaltet zum Himmel empor und<lb/>
rief begeiſtert: „Ja, er iſt der Schutzgeiſt der<lb/>
Familie! — ruhen ſoll in der Gruft der Ahnen<lb/>ſeine ſterbliche Huͤlle!“— Ich hatte geendet.<lb/>„Daniel, Daniel! was machſt du hier zu dieſer<lb/>
Stunde!“ murmelte der Baron in ſich hinein, in¬<lb/>
dem er mit uͤbereinander geſchlagenen Armen im<lb/>
Zimmer auf und abſchritt. „Weiter war es alſo<lb/>
nichts, Herr Baron?“ frug ich laut, indem ich<lb/>
Miene machte mich zu entfernen. Der Baron<lb/>
fuhr auf wie aus einem Traum, faßte freundlich<lb/>
mich bei der Hand und ſprach: „Ja — lieber<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Freund!<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[160/0168]
Sie, wiederholen Sie mir Alles, was Sie ſahen oder
nicht ſahen — hoͤrten — fuͤhlten — ahnten.“
Ich nahm mich zuſammen und erzaͤhlte ruhig, wie
es ſich damit begeben, von Anfang bis zu Ende.
Der Baron warf nur dann und wann einzelne
Worte, die ſein Erſtaunen ausdruͤckten, dazwiſchen.
Als ich darauf kam, wie der Alte ſich mit frommen
Muth dem Spuk entgegengeſtellt und ihn gebannt
habe mit kraͤftigen Worten, ſchlug er die Haͤnde zu¬
ſammen, hob ſie gefaltet zum Himmel empor und
rief begeiſtert: „Ja, er iſt der Schutzgeiſt der
Familie! — ruhen ſoll in der Gruft der Ahnen
ſeine ſterbliche Huͤlle!“ — Ich hatte geendet.
„Daniel, Daniel! was machſt du hier zu dieſer
Stunde!“ murmelte der Baron in ſich hinein, in¬
dem er mit uͤbereinander geſchlagenen Armen im
Zimmer auf und abſchritt. „Weiter war es alſo
nichts, Herr Baron?“ frug ich laut, indem ich
Miene machte mich zu entfernen. Der Baron
fuhr auf wie aus einem Traum, faßte freundlich
mich bei der Hand und ſprach: „Ja — lieber
Freund!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/168>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.